Problem des "vereinfachten Besteuerungsverfahrens": Misslich war für QM im vorliegenden Fall, dass eine Steuer erhoben wurde, obwohl keine Vorsteuer geltend gemacht werden konnte. Das ist aber ein Spezialproblem, das sich offenbar aus der Anwendung des vereinfachten Besteuerungsverfahrens ergibt. Normalerweise gehen nämlich Besteuerung und Vorsteuerabzug Hand in Hand (und zwar sowohl bei Ent- wie bei Unentgeltlichkeit).

aa) Unentgeltliche Fahrzeugüberlassung

Anschaffung: Ginge man davon aus, dass die Fahrzeugüberlassung an Arbeitnehmer für private Zwecke einen unentgeltlichen Umsatz darstellt, dürfte bei Firmenwagen, die der Steuerpflichtige "erworben" (also dem Unternehmen zugeordnet) hat,[105] keine Besteuerung gem. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG erfolgen, wenn er keinen Vorsteuerabzug aus den Anschaffungskosten vornehmen durfte.[106] Durfte der Steuerpflichtige hingegen Vorsteuern geltend machen, entspricht die Besteuerung einer unentgeltlichen Leistung gem. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG dem System der Mehrwertsteuer.

Anmietung: Würde der Unternehmer die Firmenwagen "mieten"[107] und unentgeltlich an die Arbeitnehmer zur privaten Nutzung überlassen, dürfte er die (monatlichen) Vermietungsleistungen, die er bezieht, nicht in voller Höhe dem Unternehmen zuordnen, sondern müsste sie nach Ansicht des BFH entsprechend der beabsichtigten Verwendung aufteilen.[108] Im Umfang der Überlassung der Fahrzeuge zur Privatnutzung kann die eingekaufte Vermietungsleistung nicht dem Unternehmen zugeordnet und damit kein Vorsteuerabzug vorgenommen werden.[109] Damit erfolgt auch keine Besteuerung gem. § 3 Abs. 9a UStG.[110]

[105] Also auch durch Finanzierungsleasing; s. oben II.3.b.
[106] S. oben II.3. Lt. BFH darf z.B. ein Unternehmer, der ausschließlich steuerfreie Umsätze ausführt und das Fahrzeug für private Zwecke nutzt, keine Vorsteuern geltend machen, auch wenn er das Fahrzeug vollständig dem Unternehmen zuordnet. Vgl. BFH v. 8.10.2008 – XI R 58/07, UR 2009, 167. BFH v. 11.3.2009 – XI R 69/07, UR 2009, 421. EuGH v. 23.4.2009 – C-460/07 – Sandra Puffer, UR 2009, 410 Rz. 49. S. auch Abschn. 15.2c. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b Bsp. 1 UStAE. Kritisch von Streit, UStB 2014, 120 (122).
[107] Also auch durch operatives Leasing; s. oben II.3.b.
[108] BFH v. 14.10.2015 – V R 10/14, juris Rz. 17; s. auch Abschn. 15.2c. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStAE.
[109] Vgl. Oelmaier in Sölch/Ringleb, 96. EL Oktober 2022, § 15 UStG Rz. 205.
[110] Für die Aufteilung müsste der Arbeitgeber, den betrieblichen bzw. privaten Nutzungsanteil ermitteln. Da diese Ermittlung relativ komplex sein kann, lässt es die Finanzverwaltung für die Besteuerung der Privatnutzung durch einen Unternehmer zu, die Besteuerung wie bei einem "Verwendungseigenverbrauch" gem. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG vorzunehmen (d.h. Vorsteuerabzug und Besteuerung, insb. unter Nutzung der 1 %-Regelung); vgl. Abschn. 15.23 Abs. 7 Satz 4 UStAE. Eine entsprechende explizite Regelung fehlt für die Fahrzeugüberlassung zu privaten Zwecken an Arbeitnehmer. Eine ähnliche Regelung wäre auch für die Privatnutzung durch Arbeitnehmer denkbar; vgl. Reiling, DB 2021, 1770 (1773).

bb) Entgeltliche Fahrzeugüberlassung

Vorsteuerabzug: Geht man hingegen von einer entgeltlichen Überlassung für private Zwecke aus, darf der Steuerpflichtige Mehrwertsteuer, die er bei Anschaffung bzw. Anmietung der Fahrzeuge zahlt, (wenn nicht Sonderregelungen wie z.B. § 19 UStG zur Anwendung kommen) als Vorsteuer abziehen (vgl. Abschn. 15.23. Abs. 8 Satz 3 UStAE).[111]

[111] Zumindest soweit er keine vorsteuerschädlichen Umsätze ausführt.

cc) Quintessenz

Keine Besteuerung ohne VorSt-Abzug: Im Regelfall kann es also nicht zu einer Besteuerung ohne Vorsteuerabzug kommen. Nimmt der Steuerpflichtige allerdings, wie QM im vorliegenden Fall, Vereinfachungen in Anspruch, muss er auch mit den sich hieraus ergebenden Nachteilen leben.

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