Umsatzsteuer: Private Nutzung von Elektrofahrzeugen

Die Finanzverwaltung hat sich erstmals zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Elektrofahrzeugen und Fahrrädern geäußert.

Erwirbt ein Unternehmer ein Fahrzeug, um es sowohl für seine unternehmerischen als auch für unternehmensfremde (private) Zwecke zu verwenden, kann er das Fahrzeug dem Unternehmen ganz, gar nicht oder auch teilweise zuordnen (Abschn. 15.2c Abs. 2 UStAE). Ein Vorsteuerabzug kann sich für ihn nur insoweit ergeben, wie er das Fahrzeug dem Unternehmen tatsächlich zugeordnet hat. Ist das Fahrzeug dem Unternehmen zugeordnet worden, muss die unternehmensfremde (private) Nutzung des Fahrzeugs der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe unterworfen werden (§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG).

Die verschiedenen Möglichkeiten der Besteuerung dieser Wertabgabe hat die Finanzverwaltung in Abschn. 15.23 UStAE zusammengestellt. Bisher hatte die Finanzverwaltung – anders als im Ertragsteuerrecht – sich nicht ausdrücklich zur Nutzung von Elektro- oder Elektrohybridfahrzeugen, Elektrofahrrädern oder Fahrrädern geäußert.

Die Finanzverwaltung äußert sich auch erstmalig zur Überlassung eines (Elektro-)Fahrrads an das Personal. Das BMF-Schreiben ändert Abschn. 15.23 und führt einen neuen Abschn. 15.24 UStAE ein.

Ertragsteuerrechtliche Begünstigungen gelten nicht

Die Finanzverwaltung stellt zuerst fest, dass ertragsteuerrechtliche Begünstigungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 1 - 5  sowie Satz 3 Nr. 1 - 5 EStG) für Elektrofahrzeuge oder Elektrohybridfahrzeuge nicht für die Umsatzsteuer zu übernehmen sind. Die Absenkung des Ansatzes bei der 1 %-Regelung auf 0,5 % oder 0,25 % gelten damit nicht für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für umsatzsteuerrechtliche Zwecke, soweit die 1 %-Regelung angewendet werden soll.

Fahrzeugbegriff

Weiterhin wird klargestellt, dass unter den Fahrzeugbegriff alle Kraftfahrzeuge, aber auch Elektrofahrräder fallen, soweit für sie eine Kennzeichnungs-, Versicherungs- und Führerscheinpflicht gilt.

Zur Besteuerung sowohl der unternehmensfremden (privaten) Nutzung von Fahrrädern als auch der Überlassung an das Personal ist ein neuer Abschn. 15.24 UStAE eingeführt worden. Es wird von der Finanzverwaltung grundsätzlich nicht beanstandet, wenn die Besteuerung der (Elektro-)Fahrräder, die nicht unter den Fahrzeugbegriff fallen (Fahrräder ohne Kennzeichnungspflicht), analog der Besteuerung von Fahrzeugen vorgenommen wird.

Nachweis der unternehmensfremden Nutzung bei Fahrrädern

Der Nachweis der unternehmensfremden Nutzung bzw. der privaten Nutzung durch das Personal kann aber nicht anhand eines Fahrtenbuchs ermittelt werden, da in Ermangelung eines Tachos die Gesamtnutzung nicht verifiziert werden kann.

Soweit nicht durch eine zulässige sachgerechte Schätzung der Anteil, der der Besteuerung unterliegenden Bemessungsgrundlage ermittelt wird, kann aus Vereinfachungsgründen auch die 1 %-Regelung angewendet werden. Dabei ergeben sich in abhängig von der Nutzung die folgenden Ergebnisse:

  • Nutzung durch den Unternehmer für unternehmensfremde Zwecke (Abschn. 15.24 Abs. 2 UStAE):  1 % des Bruttolistenneupreises des Fahrrads. Zur Abgeltung der nicht vorsteuerabzugsbehafteten Kosten kann ein Abschlag von 20 % vorgenommen werden; dieser Betrag stellt dann die Bemessungsgrundlage dar (geschätzte Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG i.V.m. Abschn. 15.23 Abs. 5 Satz 4 Nr. 1 Buchst. a UStAE).
  • (Entgeltliche) Überlassung an das Personal für Privatzwecke: Aus Vereinfachungsgründen kann die Bemessungsgrundlage mit monatlich 1 % der auf volle 100 EUR abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers (jeweils zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrads) angesetzt werden. Dieser Wert ist der Bruttowert, aus dem die Umsatzsteuer herauszurechnen ist.

Verzicht auf Besteuerung

Bei der Besteuerung der Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern an das Personal ist die im Ertragsteuerrecht (  § 3 Nr. 37 EStG) vorhandene Steuerbefreiung nicht für die Umsatzsteuer zu übernehmen. Soweit der Wert des anzusetzenden Fahrrads aber nicht mehr als 500 EUR beträgt, kann auf die Besteuerung verzichtet werden (Abschn. 15.24 Abs. 3 Satz 5 UStAE).

Konsequenzen für die Praxis

Bisher hatte sich die Finanzverwaltung nicht umfangreich zur Frage der Besteuerung von Elektrofahrzeugen und Fahrrädern in der Umsatzsteuer geäußert. Da der Umsatzsteuer aber Subventionsüberlegungen aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben fremd sind, war schon bisher klar, dass die wegen klimapolitischer Ziele vorgenommenen Förderungen in der Ertragsteuer nicht im Umsatzsteuerrecht zu übernehmen sind. Deshalb muss – unabhängig von der ertragsteuerrechtlichen Einordnung – die private Nutzung durch den Unternehmer als auch die Überlassung an das Personal nach den allgemeinen Grundsätzen der Besteuerung unterworfen werden. Die "Fahrtenbuchmethode" kann allerdings bei Fahrrädern dabei nicht zur Anwendung kommen, da es keine Feststellung der Gesamtnutzung gibt.

Wichtig: Das Schreiben nimmt noch nicht das Urteil des EuGH vom 20.01.2021 (C-288/19 (QM), BFH/NV 2021 S. 527) zur Frage der Besteuerung der Nutzungsüberlassung von Fahrzeugen an das Personal auf. Während nach bisheriger nationaler Übung die Nutzungsüberlassung an das Personal unabhängig von einer tatsächlichen Gegenleistung als eine entgeltliche Leistung angesehen wird, soweit ertragsteuerrechtlich von einem Sachbezug ausgegangen wird, hat der EuGH festgestellt, dass nur dann eine entgeltliche Leistung vorliegt, wenn das Personal tatsächlich eine Gegenleistung aufwendet, auf andere (in Geld bewertbare) Vorteile verzichtet oder eine eindeutige Vereinbarung zur Gehaltsumwandlung vorliegt. Die Auswirkung dieses Urteils auf die bisherige Verwaltungsauffassung wird derzeit abgestimmt.

Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

BMF, Schreiben v. 7.2.2022, III C 2 - S 7300/19/10004 :001