Zusammenfassung
Die unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs kann zu unterschiedlichen steuerlichen Folgen führen. Diese hängen davon ab, ob die Übertragung mit einem Vorbehaltsnießbrauch verbunden ist oder gegen Versorgungsleistungen erfolgt. Auf die unterschiedlichen Besteuerungsfolgen weist der BFH in einem aktuellen Urteil eingehend hin.
Hintergrund
Im vorliegenden Fall war der Vater der Klägerin Eigentümer eines Hotelgrundstücks. Nach einer gewissen Zeit, in der er das Hotel selbst betrieben hatte, entschied er sich, den Betrieb zu verpachten und erzielte so bis zum 31.12.1995 Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Am 28.12.1995 wurde ein notarieller Schenkungsvertrag aufgesetzt, in dem das Hotelgrundstück und weitere Grundstücke jeweils auf die Kinder des Vaters übergehen sollten. In dem Vertrag wurde dem Vater ein Nießbrauchrecht am Grundstück eingeräumt.
Die Klägerin hatte keine Vollmacht für die Willenserklärung ihres Bruders, gab diese aber trotzdem ab. In einem weiteren, nicht notariell beurkundeten Vertrag vereinbarten der Vater und seine Kinder unter Bezugnahme auf den Schenkungsvertrag, dass der Hotelbetrieb mit Wirkung zum 31.12.1995 unentgeltlich mit sämtlichen Vermögensgegenständen und Schulden auf die Kinder übertragen werden soll.
Zudem wurde der notarielle Schenkungsvertrag dahingehend geändert, dass der Vater auf die Einräumung des Nießbrauchrechts verzichtet. Stattdessen sollte eine monatliche Rente gezahlt werden. Diese Rentenverpflichtung wurde als Reallast ins Grundbuch eingetragen; ein Nießbrauchrecht wurde nicht eingetragen.
Der Vater ist im Jahr 1998 verstorben. Für die Jahre 1996 bis 1998 fand bei der GbR eine Außenprüfung statt. Bei allen Prüfungsfeststellungen wurde sich geeinigt.
Im Jahr 2012 wurde das Eigentum zwischen der Klägerin und ihrem Bruder aufgeteilt. Sie übertrug ihren Anteil am Hotel an ihren Bruder und erhielt dafür die Hälfte der anderen Grundstücke. In der Feststellungserklärung für das Jahr 2012 wurde ein Veräußerungsgewinn der Klägerin angegeben und festgesetzt.
Die Klägerin war allerdings der Überzeugung, dass es 1995 zu einer Zwangsbetriebsaufgabe gekommen sei und somit keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb mehr vorlagen. Daher erhob sie Klage.
Das Finanzgericht (FG) lehnte diese Auffassung ab und erklärte die Klage für unbegründet.
- Nießbrauchrecht: Das Recht, ein fremdes, meist vererbtes Vermögen zu nutzen und daraus einen Ertrag zu ziehen.
- Reallast: Eine Belastung eines Grundstücks durch regelmäßige Zahlungen oder andere Leistungen.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass der Fall der Klägerin erneut geprüft werden muss. Der Grund: Das vorherige Gerichtsurteil konnte nicht klären, ob der Veräußerungsgewinn korrekt berechnet wurde.
Die Entscheidung des BFH hat wesentliche Unterschiede für die Buchwertfortführung aufgezeigt, je nachdem, ob es sich um eine Übertragung unter Nießbrauchrecht oder gegen Rentenzahlungen handelt.
Bei der unentgeltlichen Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Vorbehalt des Nießbrauchs wird der Betrieb nicht steuerneutral übertragen. Das bedeutet, dass die Buchwerte nicht fortgeführt werden können, da der Vorbehaltsnießbraucher seine gewerbliche Tätigkeit fortsetzt und die übertragenen Wirtschaftsgüter als Entnahme behandelt werden.
Im Gegensatz dazu fällt die unentgeltliche Übertragung gegen Rentenzahlungen unter § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG. Hierbei wird die Betriebsübergabe als steuerneutral angesehen, da der Übergeber keinen Einfluss mehr auf den Betrieb hat. Die Buchwerte können somit fortgeführt werden, was steuerliche Vorteile mit sich bringt.
Der BFH wies darauf hin, dass die tatsächlichen Gegebenheiten, nicht nur die vertraglichen Vereinbarungen, die Besteuerung bestimmen. Wenn die Vertragspartner nur zum Schein Versorgungsleistungen vereinbart haben, jedoch tatsächlich wie bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung unter Nießbrauchvorbehalt vorgegangen sind, wird dieser tatsächliche Vorgang besteuert.
Dies hätte zur Folge, dass der Vater die Wirtschaftsgüter schon 1995 ins Privatvermögen übertragen hätte und diese versteuern müsste. Spätestens nach seinem Tod würden die Güter ins Betriebsvermögen eingelegt, was den Veräußerungsgewinn der Tochter erheblich mindern könnte.