[Ohne Titel]

RD a.D. Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther[*]

Die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung privater Grundstücke nach § 23 EStG führt seit Ausdehnung der für die Besteuerung maßgeblichen Veräußerungsfrist auf zehn Jahre ständig zu Rechtsstreitigkeiten, die die FG und den BFH beschäftigen. Aktuell sind in den letzten beiden Jahren eine Reihe von Entscheidungen ergangen, die zum Teil offene Rechtsfragen betreffen bzw. solche endgültig geklärt haben. Der Beitrag gibt einen Überblick über die aktuelle Rspr. und sich hieraus ergebende Gestaltungspotentialen.

[*] Der Autor war bis zu seiner Pensionierung stellvertretender Vorsteher eines Finanzamtes.

1. Problemstellung

Die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung privater Grundstücke nach § 23 EStG führt seit Ausdehnung der für die Besteuerung maßgeblichen Veräußerungsfrist auf zehn Jahre ständig zu Rechtsstreitigkeiten, die die FG und den BFH beschäftigen. Aktuell ist in den letzten beiden Jahren eine Reihe von Entscheidungen ergangen, die zum Teil offene Rechtsfragen betreffen bzw. solche endgültig geklärt haben. Nachfolgend wird ein Überblick über die aktuelle Rspr. und sich hieraus ergebenden Gestaltungspotentialen gegeben.

2. Berechnung der Zehn-Jahres-Frist

a) Berechnung bei erforderlicher sanierungsrechtlicher Genehmigung

Die aktuelle Entscheidung des BFH v. 25.3.2021 – IX R 10/20, EStB 2021, 332, beschäftigt sich mit der Frage, wie die Zehn-Jahres-Frist bei Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung zu berechnen ist. Der BFH entschied, dass mit Blick auf den Zweck des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen, von einer (rechtsgeschäftlichen) "Anschaffung" oder "Veräußerung" nur gesprochen werden kann, wenn die Vertragserklärungen beider Vertragspartner innerhalb der Veräußerungsfrist bindend abgegeben worden sind.

§ 144 BauGB normiert einen umfassenden Genehmigungsvorbehalt für rechtsgeschäftliche Grundstücksübertragungsgeschäfte in Sanierungsgebieten. Das Fehlen einer nach § 144 BauGB erforderlichen Genehmigung macht daher sowohl das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft (§§ 433 ff., § 311b BGB) als auch das dingliche Verfügungsgeschäft (§§ 873, 925 BGB) schwebend unwirksam. Die Vertragsparteien sind zwar mit Abschluss des rechtsgeschäftlichen Grundstücksveräußerungsgeschäfts an ihre Willenserklärungen gebunden, es bestehen aber noch keine Erfüllungsansprüche. Mit der Erteilung der Genehmigung wird das Rechtsgeschäft (rückwirkend) wirksam, mit der rechtskräftigen Verweigerung der Genehmigung endgültig unwirksam.

Die Regelung des § 144 BauGB bezweckt mit dem behördlichen Genehmigungsvorbehalt, Rechtsgeschäfte, die sich erschwerend auf den Ablauf der Sanierung auswirken können, zu verhindern. Erforderlich ist danach eine beiderseitige Bindung der Vertragsbeteiligten. Eine bloß einseitige Bindung durch ein einseitiges Angebot einen Kauf auf Probe (§ 454 BGB) oder die Möglichkeit einer Partei, sich durch Versagung der Genehmigung nach Abschluss des Vertrags durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht (§ 177 Abs. 1 BGB) jederzeit wieder vom Vertrag lösen zu können, reicht insoweit nicht aus.

Anders ist dies hingegen, wenn – wie im Streitfall – das Erstarken eines schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfts zur vollen Wirksamkeit nicht mehr vom Verhalten der Vertragsparteien abhängig ist. Denn im Fall des Vertragsschlusses bei noch ausstehender sanierungsrechtlicher Genehmigung können sich die Vertragsparteien nicht einseitig von ihren Willenserklärungen lösen; sie unterliegen während der schwebenden Unwirksamkeit dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und sind verpflichtet, alles zu unternehmen, um die Genehmigung und damit die volle Wirksamkeit des Vertrags herbeizuführen. Daher entfaltet auch ein wegen des Fehlens einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung schwebend unwirksames Rechtsgeschäft beiderseitige Bindungswirkung, obschon die Beteiligten zu diesem Zeitpunkt die Rechtsmacht besitzen, diese Bindungswirkung bis zur Erteilung der Genehmigung gemeinsam durch einvernehmlichen Aufhebungsvertrag zu beseitigen.

b) Zeitpunkt der Anschaffung bei Verpflichtung eines "Benenners" zur Benennung von Erwerbern

Verpflichtet sich in einem notariellen Grundstückskaufvertrag ein "Benenner", innerhalb einer bestimmten Frist dem Veräußerer des Grundstücks Erwerber für Miteigentumsanteile an dem Grundstück zu benennen oder aber am Ende der Frist selbst Erwerber für alle Miteigentumsanteile zu werden, für die er noch keine Erwerber benannt hat, so ist keine Wollensbedingung, sondern eine aufschiebende Potestativbedingung vereinbart worden. Das Datum des notariellen Vertrags gilt dann als Datum der Anschaffung i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 für die Miteigentumsanteile, hinsichtlich derer sich der Benenner später selbst als Erwerber benannt hat oder hinsichtlich derer er bei Fristablauf Erwerber geworden ist.

Bei einer Potestativbedingung ist zwar das Geschehen vom Willen einer Person, ggf. auch des Verpflichteten, abhängig, nicht aber die an das Geschehen geknüpfte Rechtswirkung, die zwingend und automatisch als Folge eines bestimmten Geschehens eintri...

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