Rz. 18
Umsetzung der EU-Vorgaben. Mit der Änderung der Amtshilferichtlinie (RL 2011/16/EU) mit Datum vom 5.6.2018 haben EU-Parlament und Ministerrat auch dem deutschen Gesetzgeber die Einführung einer Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen ins Lastenheft geschrieben. Als Reaktion hierauf wurde mit Datum vom 11.9.2018 durch das Bundesministerium der Finanzen den obersten Finanzbehörden der Länder der undatierte Arbeitsentwurf eines Gesetzes übermittelt. Auf diesen in der Fachöffentlichkeit weitgehend unbeachteten Entwurf folgte ein Referentenentwurf vom 30.1.2019. Insoweit bemerkenswert ist zum einen, dass dieser Entwurf einen § 138j AO-E enthielt, dessen Gegenstand die Pflicht zur Mitteilung innerstaatlicher Steuergestaltungen war. Dieser Entwurf wurde – obwohl durch das Bundesministerium der Finanzen soweit ersichtlich unveröffentlicht und nur über informelle Kanäle verbreitet – im Schrifttum umfassend kommentiert.
Der nächste Schritt des Gesetzgebungsverfahrens war die Veröffentlichung eines (weiteren) Referentenentwurfs mit Datum vom 26.9.2019. Dieser war gegenüber dem Entwurf vom 30.1.2019 nur geringfügig und redaktionell angepasst worden; die bislang vorgesehene Pflicht zur Mitteilung innerstaatlicher Steuergestaltungen war in diesem Entwurf fallengelassen worden. Anmerkungsbedürftig ist insoweit die – wie in jüngeren Gesetzgebungsverfahren zur traurigen Gewohnheit geworden – überaus kurze Stellungnahmefrist von nur zwei Arbeitstagen. Ohne dass die zwischenzeitlich eingegangenen Stellungnahmen erkennbar Berücksichtigung gefunden hätten, wurde bereits mit Datum vom 10.10.2019 der Gesetzesentwurf der Bundesregierung veröffentlicht. Dieser Entwurf war grundsätzlich eng an den EU-Vorgaben orientiert.
Mit seiner 134. Sitzung hat der Deutsche Bundestag am 12.12.2019 den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen (BT-Drucks. 19/14685 v. 4.11.2019 und 19/15117 v. 13.11.2019) angenommen. Der Bundesrat hat in seiner 984. Sitzung am 20.12.2019 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 12.12.2019 verabschiedeten Gesetz zuzustimmen. Das Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen mit Datum vom 21.12.2019 wurde am 30.12.2019 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I 2019, 2875 ff.) und am 31.1.2020 im Bundessteuerblatt (BStBl. I 2020, 127 ff.) veröffentlicht.
Rz. 19
Mitteilungspflicht für nationale Gestaltungen. Die schon im Gesetzgebungsverfahren (s. Rz. 18) vorgesehene Pflicht zur Mitteilung innerstaatlicher Gestaltungen ist im Zuge der Verhandlungen zur Bildung einer Regierungskoalition nach der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag erneut aufgegriffen worden. So haben die Koalitionsparteien die Absicht erklärt, die bereits eingeführte Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen auch auf nationale Steuergestaltungen von Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 10 Millionen Euro ausweiten. Dies ist motiviert durch das Bestreben, beim Kampf gegen Steuerhinterziehung und aggressive Steuervermeidung eine Vorreiterrolle einzunehmen und aus Gründen der Gerechtigkeit und der Fairness Steuerhinterziehung und aggressive Steuergestaltungen mit größtmöglicher Konsequenz zu verfolgen und zu unterbinden. Während diese Ziele nachvollziehbar sind, ist kritisch zu hinterfragen, ob ein Auffinden von (rein innerstaatlich relevanten) Gesetzeslücken nicht in den Pflichtenkreis der Exekutive fällt; zudem ist schon hinsichtlich der bestehenden Mitteilungspflicht ein vorteilhaftes Kosten/Nutzen-Verhältnis keinesfalls offensichtlich; schließlich werden die zwangsläufig begrenzten Kapazitäten der Finanzverwaltung möglicherweise anderweitig besser eingesetzt.
Rz. 20
Änderung der § 138e Abs. 3 und § 138h Abs. 2 AO. Mit dem zweiten Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 12.7.2022 (BGBl. I 2022, 1142) sind § 138e Abs. 3 und § 138h Abs. 2 Satz 1 AO geändert worden. Die Änderungen betreffen die Definition verbundener Unternehmen sowie die Angaben, die bei Hinzutreten neuer Nutzer zu marktfähigen Gestaltungen mitzuteilen bzw. zu aktualisieren sind.
Rz. 21– 30
frei