Birthe Kramer, Dietrich Weilbach
Rz. 19
Unter einem Erbanfall versteht man den Übergang einer Erbschaft auf den oder die berufenen Erben (§§ 1922, 1942 BGB). Die Berufung des Erben geschieht von Gesetzes oder durch eine Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag). Die Erbschaft bzw. das Eigentum an den zum Vermögen des Erblassers gehörenden Sachen geht mit dem Tod des Erblassers kraft Gesetzes als Ganzes auf den oder die Erben (Erbengemeinschaft) über (Gesamtrechtsnachfolge). Gehört zum Nachlass ein Grundstück, so unterliegt dieser Grundstückserwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Der Erwerbsvorgang ist jedoch, da er gleichzeitig unter das Erbschaftsteuergesetz fällt, nach § 3 Nr. 2 GrEStG von der Steuer befreit. Entsprechendes gilt auch für ein Grundstück, das der Erblasser zwar zu Lebzeiten schuldrechtlich veräußert, ihm aber im Zeitpunkt des Todes noch zivilrechtlich (sachenrechtlich) gehört.
Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung kann bei Grundstücksübergängen auf Allein- oder Miterben des eingetragenen Eigentümers die Eintragung im Grundbuch (Eigentumsumschreibung) aufgrund länderspezifischer Regelungen ggf. auch ohne Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung erfolgen (vgl. § 22 GrEStG Rz. 3).
Wird die Erbschaft vom berufenen Erben ausgeschlagen, gilt der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt (§ 1953 Abs. 1 BGB). Die Erbschaft fällt dann demjenigen zu, der anstelle des Ausschlagenden – wenn dieser im Zeitpunkt des Erbfalls nicht gelebt hätte – berufen worden wäre. Ist zur Zeit des Erbfalls kein Verwandter, Ehegatte oder Lebenspartner des Erblassers vorhanden, besteht nach § 1936 BGB ein gesetzliches Erbrecht des Staates. Der Anfall beim Erben gilt als mit dem Erbfall erfolgt (§ 1953 Abs. 2 BGB). Der Erbschaftsteuer unterliegt nur der Erwerb des an die Stelle des Ausschlagenden getretenen Erben. Umfasst die Erbschaft auch ein Grundstück, so ist dieser Erwerb daher nach § 3 Nr. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Die Ausschlagung selbst löst keine Grunderwerbsteuer aus (RFH v. 19.1.1932, RStBl 392). Wird für die Ausschlagung eine Abfindung in Form eines Grundstücks geleistet, so ist dieser Erwerb erbschaftsteuerbar (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG) und grunderwerbsteuerfrei nach § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG. Dasselbe Ergebnis tritt ein, wenn ein Grundstück als Abfindung für einen Erbverzicht übertragen wird. Der Erwerb eines Nachlassgrundstücks durch einen Ehegatten, der die Erbschaft seines verstorbenen Ehegatten ausgeschlagen hat, von den Miterben zur Abgeltung eines Zugewinnausgleichsanspruchs ist nach § 3 Nr. 3 S. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.
Rz. 20
Bei der Vor- und Nacherbschaft liegen erbschaftsteuerrechtlich zwei getrennte Erbfälle vor, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Erbschaftsteuer unterliegen. Soweit hierbei das Eigentum an einem Grundstück übergeht, unterliegt dieser Rechtsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer, ist aber nach § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG befreit. Das bei Eintritt des (Vor-)Erbfalls aus der Rechtsstellung des Nacherben resultierende Anwartschaftsrecht ist veräußer- und vererbbar. Gehört zum Nachlass ein Grundstück und veräußert der Nacherbe dieses Anwartschaftsrecht, so löst dies keine Grunderwerbsteuer aus. Das Anwartschaftsrecht begründet keinen Anspruch auf Übereignung der zum Nachlass gehörenden Grundstücke und räumt dem Nacherben in Bezug auf die Grundstücke auch keine Rechtsposition i. S. d. § 1 Abs. 2 GrEStG ein.
Erhält der Nacherbe für die Übertragung seines Anwartschaftsrechts ein Grundstück, so unterliegt dieses – da es als Zuwendung des Erblassers gilt – nach § 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG der Erbschaftsteuer. Die Übertragung ist aber nach § 3 Nr. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Ebenfalls der Erbschaftsteuer nach § 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG unterliegt das Entgelt für die Übertragung des Nacherbenrechts auf den Vorerben; besteht es in einem Grundstück, so greift auch insoweit die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 GrEStG ein. Als erbschaftsteuerliches Entgelt i. S. d. § 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG ist auch ein Grundstück anzusehen, das vom Vorerben erworben und an ihn aufgelassen wurde und für das die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch beantragt und bewilligt worden war, wenn der Vorerbe all diese Rechte an den Nacherben überträgt (BFH v. 21.5.2001, BFH/NV, 1406).
Bei Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts nach Eintritt des Vorerbfalls und vor Eintritt des Nacherbfalls auf einen Dritten unterliegt der Erwerb des Dritten bei Eintritt des Nacherbfalls der Erbschaftsteuer (BFH v. 28.10.1992, BStBl 1993 II, 158). Ein zum Nachlass gehörendes Grundstück, das im Nacherbfall auf den nacherbenden Dritten übergeht, fällt unter die Befreiung des § 3 Nr. 2 GrEStG.
Rz. 21
Verfügungen von Todes wegen, wie z. B. das Testament, sind formbedürftig. Wird diese Form nicht eingehalten, ist die Verfügung unwirksam (§ 125 BGB). Allerdings ist die Unwirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen für die Besteuerung unbeachtlich, soweit und solange die Beteiligten da...