Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 16c
Nach § 5 Abs. 3 GrEStG ist die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG rückgängig zu machen, wenn sich innerhalb von 5 Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand der Anteil des Veräußerers/Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand vermindert.
Diese Anteilsverminderung kann auf vielfältige Weise geschehen, z. B. dadurch, dass
- ein Gesellschafter seinen Anteil ganz oder teilweise auf einen Dritten oder einen Treuhänder überträgt;
- der bisherige Gesellschafter ausscheidet und dafür ggf. ein neuer Gesellschafter eintritt;
- der Gesamthand neue Gesellschafter beitreten;
- die vermögensmäßige Beteiligung eines Gesellschafters durch Vereinbarung mit den anderen Gesellschaftern reduziert wird;
- der Veräußerer oder die erwerbende Gesamthand umgewandelt,
- der Anteil auf einen Treuhänder übertragen oder
- der erwerbende Rechtsträger auf einen neuen verschmolzen wird.
An der DE-OHG sind D zu 90 % und E zu 10 % beteiligt. D veräußert an die OHG im Jahr 2007 sein Grundstück für 1 Mio. EUR. Im Jahr 2009 überträgt er 70 % seiner OHG-Beteiligung auf den F.
Die Veräußerung des Grundstücks führt nach § 5 Abs. 2 GrEStG bei einem Steuersatz von 3,5 % zunächst nur zu einer Festsetzung von Grunderwerbsteuer i. H. v. 3.500 EUR, die Anteilsverringerung im Jahr 2009 nach § 5 Abs. 3 GrEStG zu einer "Nacherhebung" der Grunderwerbsteuer i. H. v. 24.500 EUR.
Auch Umwandlungsvorgänge, die innerhalb der Fünfjahresfrist des § 5 Abs. 3 GrEStG erfolgen, können nachträglich die Versagung der Begünstigung auslösen. Wird z. B. eine veräußernde Kapitalgesellschaft auf eine andere verschmolzen, so endet ihre gesamthänderische Beteiligung an einer Personengesellschaft, oder m. a. W.: Hier tritt ein Gesellschafterwechsel ein mit der Folge, dass sich ihr Anteil am Vermögen der Personengesellschaft auf null reduziert. Dies ist für die Tatbestandsverwirklichung des § 5 Abs. 3 GrEStG von Relevanz (BFH v. 25.6.2003, II R 20/02, BStBl II 2004, 193). Zum Formwechsel eines grundstückseinbringenden Gesamthänders siehe Rz. 16d.
Die homogene formwechselnde Umwandlung einer grundstückserwerbenden Gesamthand (z. B. der Formwechsel einer OHG in eine KG) lässt die gesamthänderische Mitberechtigung unberührt. Der Tatbestand des § 5 Abs. 3 GrEStG wird dadurch nicht erfüllt. Erfährt die Gesamthand, der ein Grundstück übertragen wurde (grundstückserwerbende Gesamthand), aber eine strukturelle Änderung durch formwechselnde Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft (heterogene formwechselnde Umwandlung), endet in diesem Augenblick die gesamthänderische Vermögensbindung mit der Folge, dass § 5 Abs. 3 GrEStG greift und die ursprünglich gewährte Steuervergünstigung rückwirkend zu versagen ist. In diesem Fall ist die ursprüngliche Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu ändern. Die formwechselnde Umwandlung stellt nach der BFH-Rechtsprechung und der ihr folgenden Finanzverwaltung für sich genommen zwar keinen Akt dar, der Grunderwerbsteuer auslöst. Sie kann aber, wie von der Finanzverwaltung bereits in Erlassen zur alten Rechtslage der Versagung von § 5 Abs. 1 oder 2 GrEStG geregelt, sowohl für den vorgefassten Plan ausschlaggebend sein als auch für die Anteilsminderung i. S. d. § 5 Abs. 3 GrEStG, denn die völlige Auflösung der gesamthänderischen Bindung ist die stärkste Form der Anteilsminderung und damit auch schädlich i. S. dieser Vorschrift.
A überträgt auf eine OHG, an der er zu 60 % beteiligt ist, ein Grundstück. Innerhalb von 5 Jahren wechselt die OHG ihre Rechtsform zu einer GmbH.
Die Grundstücksübertragung ist zunächst nach § 5 Abs. 2 GrEStG i. H. v. 60 % steuerfrei. Aufgrund des Formwechsels wird jedoch der Tatbestand des § 5 Abs. 3 GrEStG verwirklicht, weil dadurch die gesamthänderische Mitberechtigung des A am Grundstück verloren geht. Die ursprüngliche Steuerfestsetzung ist dementsprechend nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu ändern.