Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 16f
§ 5 Abs. 3 GrEStG dient der Vermeidung von Steuerausfällen, indem durch die dort geregelte Mindestbehaltefrist verhindert werden soll, dass Grundbesitz steuerbegünstigt in eine Gesamthand eingebracht und unter bestimmten Voraussetzungen im Wege der Anteilsübertragung steuerfrei weitergegeben wird (BR-Drs. 910/98, 203; BT-Drs. 14/265, 204). Die Vorschrift zielt somit darauf ab, nur für solche Einbringungsvorgänge die Steuervergünstigung nach § 5 GrEStG bestehen zu lassen, bei denen der grundstückseinbringende Gesamthänder auch nach der Einbringung über einen Zeitraum von 5 Jahren seine gesamthänderische Mitberechtigung aufrechterhält und darüber an dem eingebrachten Grundstück vermögensmäßig beteiligt bleibt. Die Gesetzesformulierung "Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand" ist gemessen an der Zielrichtung des § 5 GrEStG und dem Charakter des Abs. 3 als Missbrauchsverhinderungsvorschrift aber nicht präzise und deshalb auslegungsbedürftig. Im Sinne der Missbrauchsverhinderung setzt § 5 Abs. 3 GrEStG die objektive Möglichkeit einer Steuerumgehung voraus. Die Vorschrift ist daher einschränkend dahingehend auszulegen, dass – trotz der Aufgabe der gesamthänderischen Mitberechtigung oder der Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des grundstückseinbringenden Gesamthänders – die Vergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG nicht entfällt, wenn die vom Gesetz geforderte Steuerumgehung objektiv ausscheidet (Behrens/Schmitt, UVR 2004, 270, 272).
Davon wird man nicht ausgehen können, wenn die Verminderung des Anteils als vergünstigungsschädliches Tatbestandselement ihrerseits von der Grunderwerbsteuer befreit wäre. Rechtsprechung und Finanzverwaltung haben dies insbesondere für personenbezogene Befreiungstatbestände konzediert. Denn § 5 Abs. 3 GrEStG soll nicht Übertragungen belasten, die ohne die Zwischenübertragung auf eine Personengesellschaft ehedem nicht der Grunderwerbsteuer unterliegen würden, sondern nur verhindern, dass grunderwerbsteuerrelevante Vorgänge mittels einer Personengesellschaft zu (teilweise) grunderwerbsteuerfreien Vorgängen werden.
Ein Anwendungsproblem bezüglich § 5 Abs. 3 GrEStG ergab sich in der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Befreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG, nämlich in Fällen, in denen der grundstückseinbringende Gesellschafter nach der Einbringung seine vermögensmäßige Beteiligung durch eine schenkweise Anteilsübertragung vermindert.
An der X-GmbH & Co. KG ist der Kommanditist R vermögensmäßig zu 100 % beteiligt. Die Komplementär-GmbH hat keine Einlage geleistet.
Im Jahr 2010 bringt R ein Grundstück in die X-GmbH & Co. KG ein. Im Jahr 2011 schenkt R seinem Sohn und seiner Lebensgefährtin jeweils einen Anteil von 20 % am Kommanditkapital.
Das FG des Saarlands hat in seinem Urteil v. 12.8.2008, 2 K 2417/04, EFG 2008, 1740, in einem entsprechenden Fall entschieden, dass die Grunderwerbsteuer für den Einbringungsvorgang nach § 5 Abs. 2 GrEStG insgesamt nicht zu erheben sei. Eine Anwendung der Vorschrift des § 5 Abs. 3 GrEStG wurde auch hinsichtlich der auf die Lebensgefährtin übergegangenen Beteiligungsquote verneint, weil hier eine objektive Möglichkeit der Steuerumgehung auszuschließen sei. Das FG Nürnberg hat mit Urteil v. 1.4.2008, IV 278/2005, EFG 2009, 611, in einem vergleichbaren Sachverhalt ebenfalls in diesem Sinne entschieden.
Die obersten Finanzbehörden der Länder haben trotz dieser finanzgerichtlichen Entscheidungen zunächst an ihrer Rechtsauffassung festgehalten, wonach BFH v. 12.10.2006, II R 79/05, BStBl II 2007, 409, in derartigen Fällen nicht einschlägig und eine Erhebung der Grunderwerbsteuer auf der Grundlage des § 5 Abs. 3 GrEStG geboten sei. Der BFH ist der Ansicht der Finanzverwaltung jedoch nicht gefolgt. Nach seiner Rechtsauffassung entfällt vielmehr trotz der Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des grundstückseinbringenden Gesellschafters die Vergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG nicht nach § 5 Abs. 3 GrEStG, wenn aufgrund einer Anteilsschenkung eine Steuerumgehung objektiv ausscheidet. In den in § 3 Nr. 2 GrEStG genannten Fällen des Grundstückserwerbs von Todes wegen bzw. der Grundstücksschenkungen unter Lebenden i. S. d. Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes fehlt es danach regelmäßig an einer derartigen objektiven Steuerumgehungsmöglichkeit, weil der entsprechende Erwerbsvorgang bei einer unmittelbaren Grundstücksübertragung auf die Erwerber von der Grunderwerbsteuer befreit wäre. Die genannten Fälle liegen nicht in der Zielrichtung des § 5 Abs. 3 GrEStG und sind im Wege einer teleologischen Reduktion der Norm aus ihrem Anwendungsbereich auszuscheiden (BFH v. 7.10.2009, II R 58/08, BStBl II 2010, 302; Fumi, EFG 2009, 613, 614; Behrens/Schmitt, BB 2009, 818, 819). Die Finanzverwaltung folgt inzwischen dieser Rechtsauffassung und hat die dem entgegenstehenden Verwaltungsanweisungen aufgehoben (vgl. FinMin Baden-Württemberg v. 14.1.2010, 3 – S 451.4 / 25 oder auch FinMin NRW v. 14.1.2010, S 4505 –...