Dietrich Weilbach, Birthe Kramer
Rz. 15
Für den Erwerb eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks gelten in Bezug auf die Bemessungsgrundlage die allgemeinen Rechtsgrundsätze in § 8 Abs. 1 und § 9 GrEStG. Als Gegenleistung ist insbesondere der für das entsprechende erbbaurechtsbelastete Grundstück entrichtete Kaufpreis anzusetzen.
Beim Erwerb von mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücken durch den Erbbauberechtigten selbst oder durch einen Dritten war lange Zeit die grunderwerbsteuerrechtliche Behandlung des Erbbauzinsanspruchs nicht abschließend geklärt. Die Finanzverwaltung ging früher davon aus, dass der Anspruch auf den Erbbauzins zivilrechtlich und grunderwerbsteuerrechtlich Bestandteil des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ist. Sie ist daher der dieser Rechtsansicht entgegenstehenden Rechtsprechung des BFH v. 30.1.1991, II R 89/87 (BStBl II 1991, 271) zunächst nicht gefolgt. So sollte diese – einen Rechtsvorgang aus dem Jahr 1973 betreffende – Entscheidung auf Erwerbsvorgänge, die in den Anwendungsbereich des GrEStG 1983 fallen, nicht angewendet werden, weil dies – in der Gesamtschau mit § 1 Abs. 7 GrEStG 1983 – zu einer ungerechtfertigten doppelten Begünstigung des Erwerbers geführt hätte (vgl. § 2 Nr. 4 GrEStG Rz. 18).
Nachdem der BFH mit Beschluss v. 12.4.2000, II B 133/99 (BStBl II 2000, 433) seine abweichende Rechtsauffassung auch für die Anwendung des GrEStG in der ab dem 1.1.1983 geltenden Fassung bekräftigte, sahen sich die obersten Finanzbehörden der Länder gezwungen, der Auffassung des BFH zu folgen und beim Erwerb des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks durch den Erbbauberechtigten selbst oder durch einen Dritten die Gegenleistung auf das Grundstück einerseits und den nicht der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerb des Erbbauzinsanspruchs andererseits aufzuteilen (vgl. FinMin Baden-Württemberg v. 20.3.2001, 3 – S 4500/9).
Mit der Rechtsprechung des BFH war allerdings auch der Vorschrift des § 1 Abs. 7 GrEStG der Boden entzogen (zum Sinn und Zweck der Vorschrift vgl. Anmerkungen zu § 1 Nr. 6 GrEStG Rz. 99). Bis zur notwendigen Aufhebung dieser Vorschrift sollte sich ihre Anwendung nur noch auf solche Fälle beschränken, bei denen die Entlastungswirkung der Vorschrift über den aus der Gesamtgegenleistung auszuscheidenden Anteil des Erbbauzinsanspruchs hinausgeht, was insbesondere dann eintreten kann, wenn – z. B. beim Erwerb des belasteten Grundstücks kurze Zeit vor Erlöschen des Erbbaurechts – nur noch ein geringer Teil der Gegenleistung auf den Erbbauzins entfällt.
Durch Art. 13 Nr. 1 Buchst. b des Steueränderungsgesetzes 2001 (BGBl I 2001, 3794; BStBl I 2002, 4) wurde § 1 Abs. 7 GrEStG aufgehoben. Die Vorschrift ist letztmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die bis zum 31.12.2001 verwirklicht worden sind (§ 23 Abs. 7 S. 2 GrEStG). Für diese Erwerbsvorgänge gilt jedoch die oben dargelegte eingeschränkte Anwendbarkeit des § 1 Abs. 7 GrEStG fort (vgl. § 1 Nr. 6 GrEStG Rz. 99 und § 2 Nr. 4 GrEStG Rz. 18).
Damit unterliegt beim Erwerb des mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks durch den Erbbauberechtigten und beim Erwerb eines solchen Grundstücks durch einen Dritten der insoweit gleichzeitig verbundene Erwerb des Erbbauzinsanspruchs nicht der Grunderwerbsteuer. Die Vereinigung von Erbbaurecht und Eigentum an dem mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstück in der Hand eines Erwerbers allein führt nicht zum Erlöschen des Erbbaurechts. Das Recht des Grundstückseigentümers auf den Erbbauzins ist, unabhängig davon, dass dieser zivilrechtlich wesentlicher Bestandteil des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks ist, grunderwerbsteuerlich nicht mehr zum Grundstück zu rechnen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG). In derartigen Erwerbsfällen ist deshalb eine Aufteilung der Gesamtgegenleistung auf das Grundstück einerseits und den – nicht der Grunderwerbsteuer unterliegenden – Erwerb des Erbbauzinsanspruchs andererseits erforderlich. Für eine solche Aufteilung der Gesamtgegenleistung hatte sich die sog. "Boruttau'schen Formel" angeboten. Die Finanzverwaltung hat es jedoch aus Vereinfachungsgründen zugelassen, dass der Wert der Gesamtgegenleistung um den Kapitalwert des Rechts auf den Erbbauzins gemindert wird (vgl. hierzu auch Tz. 6 der inzwischen überholten, bundeseinheitlich abgestimmten Ländererlasse zur Beurteilung von Erbbaurechtsvorgängen aus dem Jahr 2002, z. B. FinMin Baden-Württemberg v. 7.3.2002, 3 – S 4500/9, der auch ein Berechnungsbeispiel enthält). Allerdings kann nach Auffassung der Finanzverwaltung die Anwendung der Vereinfachungsregelung in Einzelfällen zu unzutreffenden Ergebnissen führen. In Fällen, in denen das Erbbaurecht zum Erwerbszeitpunkt bereits seit längerer Zeit besteht und der Kapitalwert der fiktiven Restlaufzeit entsprechend gering ist, verbleibt nach Kürzung des Werts der Gesamtgegenleistung um den Kapitalwert des Rechts auf den Erbbauzins i. d. R. ein der Besteuerung zu unterwerfender Betrag.
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