Leitsatz
1. Geht das vom Erbbauberechtigten in Ausübung des Erbbaurechts errichtete Gebäude nach Beendigung des Erbbaurechts entsprechend den Bestimmungen des Erbbaurechtsvertrags entschädigungslos auf den Erbbauverpflichteten über, führt dies beim Erbbauverpflichteten zu einer zusätzlichen Vergütung für die vorangegangene Nutzungsüberlassung.
2. Ist der Erbbauverpflichtete Mitunternehmer der erbbauberechtigten Personengesellschaft, handelt es sich bei dem zusätzlichen Nutzungsentgelt um eine Sondervergütung i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Normenkette
§ 5 Abs. 1 EStG , § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG , § 9 ErbbauV , § 27 ErbbauV
Sachverhalt
Eine OHG war als Kommanditistin mehrheitlich an einer KG beteiligt. Die OHG hatte der KG ein Erbbaurecht an einem Grundstück bestellt. Die KG errichtete anschließend auf dem Grundstück ein mehrgeschossiges Bürogebäude. Nach Ablauf des Erbbaurechts (planmäßig 30 Jahre, später um fünf Jahre verlängert) sollte das Bauwerk entschädigungslos auf den Grundstückeigentümer übergehen. Die KG schrieb das Gebäude auf die Laufzeit des Erbbaurechtsvertrags ab.
Im Jahr 1987 lief das Erbbaurechtsverhältnis aus. Die OHG maß dem Vorfall keine bilanzielle Bedeutung bei. Das FA war demgegenüber der Meinung, der Heimfall sei von der OHG in Höhe des Teilwerts des Gebäudes (ca. 2 Mio. DM) gewinnerhöhend zu erfassen. Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH hob das Urteil auf und verwies das Verfahren an das FG zurück. Zwar stelle der Wert des Gebäudes eine Sondervergütung für die OHG als Gesellschafterin der KG dar. Über diese sei jedoch in der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der KG zu entscheiden. Diese müsse zunächst nachgeholt werden.
Hinweis
1. Erbbaurechte werden häufig für sehr lange Laufzeiten, vielfach auf 99 Jahre bestellt. Im Hinblick darauf, dass die ErbbauV aus dem Jahr 1919 stammt, haben die steuerlichen Auswirkungen bei Erlöschen des Erbbaurechts bisher nur selten eine Rolle gespielt. Im Besprechungsfall war das Erbbaurecht allerdings nur vergleichsweise kurz, nämlich für 30 Jahre, später um fünf Jahre verlängert, bestellt worden. Die Vorgänge bei Ablauf des Erbbaurechts bildeten den Kern des Rechtsstreits.
Abweichend vom Regelstatut der ErbbauV war im Besprechungsfall vereinbart, dass der Grundstückseigentümer keine Entschädigung für das auf dem Grundstück errichtete Gebäude zahlen sollte, wenn ihm das Eigentum daran bei Ablauf des Erbbaurechts automatisch zufällt. In der Regel erhält der Erbbauberechtigte nach § 27 ErbbauV eine Entschädigung für den Zeitwert des Gebäudes im Zeitpunkt des Ablaufs des Erbbaurechts.
2. Die bei entschädigungslosem Übergang eintretende Bereicherung des Grundstückseigentümers fällt nach Meinung des BFH nicht vom Himmel. Sie ist vielmehr Bestandteil des gesamten Geschäfts und damit Gegenleistung für die Überlassung des Erbbaurechts. Dementsprechend erzielt der Eigentümer in Höhe des betreffenden Werts eine Einnahme aus Nutzungsüberlassung.
Ist das Erbbaurecht im Rahmen eines Betriebs gewährt worden, handelt es sich um eine Betriebseinnahme. Diese fällt mit Ablauf des Erbbaurechts an, wenn der Grundstückseigentümer seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt. Was aber gilt, wenn der Grundstückseigentümer bilanziert?
Der BFH musste die Frage hier nicht beantworten. Eine Antwort fällt auch schwer. Wenn überhaupt, wird man den Anspruch wohl nur pro rata temporis als Forderung auf laufendes Nutzungsentgelt bilanzieren können. Zweifel daran, dass eine Forderung bilanziert werden kann, ergeben sich aber daraus, dass bis zum Auslaufen des Erbbaurechts nicht sicher ist, dass der Grundstückseigentümer überhaupt ein Bauwerk erhalten wird. Das Gebäude könnte z.B. durch ein zufälliges Ereignis entschädigungslos zerstört werden. Bilanziert man aber keinen Aktivposten, lässt sich eine geballte Betriebseinnahme bei Ablauf des Erbbaurechts nicht verhindern. Eine Einnahme im Zeitpunkt der Errichtung des Bauwerks kann umgekehrt nicht angenommen werden, wie der BFH hier ausdrücklich festhält.
3. Im Besprechungsfall bestand nun noch die Besonderheit, dass der Nutzungsverpflichtete Gesellschafter der nutzungsberechtigten Personengesellschaft war. Die Nutzungsvergütung fällt in einem solchen Fall unter § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Das hat zur Folge, dass die Gewinnminderung infolge des Nutzungsaufwands durch Ansatz einer Sondervergütung des Gesellschafters kompensiert wird. Aus der Sicht des Gesellschafters stellt sich dann für die Ermittlung des steuerlichen Gewinnanteils nicht mehr die Frage, wann die Nutzungsvergütung als Einnahme zu erfassen ist. Denn es steht fest, dass die Sondervergütung immer dann anfällt, wenn der Gesellschaft Aufwand entsteht. Dieser Aufwand muss phasengleich korrigiert werden. Im Besprechungsfall wird deshalb nur zu klären sein, wann der Erbbauberechtigte für die Verpflichtung zur entschädigungslosen Überlassung des Gebäudes Aufwand auszuweisen hat.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.1...