Ass. jur. Viola C. Didier
Leitsatz
Der Zollwert von DVDs ist - sofern keine konkreten Informationen zu den Lizenzgebühren vorliegen - auf der Grundlage von in der Gemeinschaft verfügbaren Daten und zweckmäßigen Methoden nach der Schlussmethode zu ermitteln.
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Abgabenbescheides über die Erhebung von Zoll für Digital-Video-Discs (DVDs). Fraglich ist, ob in dem Abgabenbescheid bei der Ermittlung des Zollwertes zu Recht Lizenzgebühren berücksichtigt wurden, die von einem Dritten zu zahlen sind. Die Klägerin ist eine von mehreren Firmen, die in die Herstellung und den Vertrieb von Spielfilm-DVDs eingebunden ist. Sie konfektioniert die im Drittland hergestellten DVDs und liefert sie weiter auf einem vorgegebenen Vertriebsweg. Fertige DVDs wurden von einer Firma in Taiwan als Stapelware (je 100 Scheiben auf einer Spindel) direkt an die Klägerin geliefert. Diese untersuchte die eingeführten DVDs zunächst auf Mängel, verpackte sie danach einzeln zusammen mit gedrucktem Informations- und Bildmaterial und lieferte sie an Distributionszentren, die den Versand an die Kunden der Tochterunternehmen der Filmstudios, die die Filme produzierte, vornahm. Dabei war der Vertriebsweg strikt vorgegeben. Die Klägerin war nicht berechtigt, an andere Abnehmer zu liefern. Für den Fall einer Beschädigung der Ware beim Verpacken erhielt die Klägerin über die eigentliche Bestellmenge hinaus zusätzliche DVDs. Die nach der Konfektionierung der bestellten Anzahl überzähligen DVDs hatte die Klägerin zu vernichten.
Im Zuge dieser Tätigkeit wurden im Namen der Klägerin verschiedene Spielfilm-DVDs in das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft eingeführt und zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abgefertigt. Aufgrund der durch das Hauptzollamt (HZA) durchgeführten Außenprüfung kam das beklagte HZA zu dem Ergebnis, dass u. a. für 10 Einfuhren die angemeldeten - nach dem von der Klägerin zu entrichtenden Preis bemessenen - Zollwerte um die von den europäischen Tochterfirmen an die amerikanischen Filmgesellschaften gezahlten Lizenzgebühren zu erhöhen seien. Das HZA errechnete differenziert nach den einzelnen Filmtiteln Lizenzgebühren in unterschiedlicher Höhe. Die Berechnung der Lizenzgebühren beruhte auf einer festgestellten durchschnittlich entrichteten Lizenzgebühr für die eingeführten und vertriebenen DVDs.
Die Klägerin monierte u.a., dass die vom HZA vorgenommene Erhöhung des Zollwertes rechtswidrig sei. Eine Hinzurechnung von Lizenzgebühren zum Transaktionswert komme nicht in Betracht, da sie, die Klägerin, für die DVDs einen Preis bezahlt habe, der die Materialkosten, den Gewinn des Herstellers und die Transportkosten umfasse. Eine Lizenzgebühr sei dabei nicht eingeschlossen gewesen. Eine solche sei zwischen der Klägerin und der Herstellerfirma weder vereinbart noch zur Bedingung des Kaufgeschäfts gemacht worden. Die von den Abnehmern der Klägerin entrichteten Lizenzgebühren für Filmrechte, die im Zeitpunkt des Grenzübertritts noch gar nicht vergeben gewesen seien, könnten den Zollwert nicht erhöhen. Ein Zuschlag von Lizenzgebühren sei auch deshalb nicht möglich, weil deren Zahlung zwischen ganz anderen Personen vereinbart worden sei als denjenigen, die das zollrechtlich maßgebliche Kaufgeschäft über die Waren geschlossen hätten. Im Übrigen habe weder das HZA noch sonst eine Stelle der deutschen Zollverwaltung konkrete Tatsachen zur Zahlung der Lizenzgebühren ermittelt.
Entscheidung
Vor Gericht hatte die Klägerin teilweise Erfolg. Vorliegend war der Klägerin zum einen der Vertriebsweg vorgeschrieben, zum anderen durfte sie über die Waren nicht nur nicht frei verfügen, vielmehr war sogar die Verwendung konkret vorgegeben. Denn die Klägerin durfte lediglich eine genau bestimmte Menge an die europäischen Tochterfirmen liefern und hatte die überzähligen DVDs zu vernichten. Bei diesen zwischen der Herstellerfirma und der Klägerin vereinbarten Vertriebsbeschränkungen und Auflagen handelt es sich um Bedingungen i. S. d. Art. 29 Abs. 1 Bst. b ZK. Eine Bedingung i. S. d. Art. 29 Abs. 1 Bst. b ZK kann nur eine solche Vertragsbestimmung sein, die Auswirkungen auf den für den Zollwert maßgeblichen Kaufpreis hat (Reiche, in Witte, Zollkodex, 5. Auflage, Art. 29 Rz. 50). Dies ist vorliegend der Fall. Aufgrund der Vorgabe eines von der Klägerin einzuhaltenden Vertriebswegs, der nur einen Verkauf an die europäischen Tochterfirmen zulässt, wurde das Kaufgeschäft zu einem geringeren Kaufpreis abgeschlossen als dies ohne diese strikte Vertriebsbindung der Fall gewesen wäre. Denn die Klägerin kann den in den DVDs verkörperten Wert nicht voll ausschöpfen. Bei Vertragsgestaltungen, die wie vorliegend so eng miteinander verwoben sind, dass in dem einen Vertrag Vorgaben für den Abschluss und den Inhalt der weiteren abzuschließenden Verträge gemacht werden, die keinerlei Verhandlungsspielraum lassen und wiederum Bedingung für den Abschluss des ersten Vertrages sind, ist für die Zollwertermittlung der gesamte wirtschaftlic...