1 Arbeitsrecht
1.1 Warum ein Arbeitgeber an eine Versorgungszusage gebunden bleibt
BAG, Urteil v. 8.12.2020, 3 AZR 64/19; Vorinstanz: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 7.5.2018, Sa 102/17
2 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
2.1 Nicht erkennbare Anträge bei elektronischer Übermittlung: keine offenbare Unrichtigkeit
FG Hamburg, Urteil v. 1.10.2020, 6 K 188/18
Im Streitfall kam eine Änderung des Steuerbescheids wegen neuer Tatsachen nach § 173 AO ebenfalls nicht in Betracht. Nachträglich bekannt gewordene Tatsachen können auch vorliegen, wenn der Steuerpflichtige Tatsachen in der Steuererklärung nicht angegeben hat und eine Berichtigung wegen offenbarerer Unrichtigkeit nicht in Betracht kommt. Die erstmalige Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts (Gestaltungsrechts) ist indes keine Tatsache, sondern eine der Anwendung des § 173 AO nicht zugängliche Verfahrenshandlung.
Die Kläger haben gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt, Az beim BFH III B 138/20. Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob der BFH die Revision zulässt.
2.2 Zahlung nach Eintritt der Insolvenzreife: Wann greift die D&O-Versicherung?
BGH, Urteil v. 18.11.2020, IV ZR 217/19
Die Entscheidung des BGH ist eine große Erleichterung für Geschäftsführer und Vorstände. Diese können nun davon ausgehen, dass – freilich nur bei fahrlässigen Verstößen des Geschäftsleiters – ihre D&O-Versicherung auch Ersatzansprüche wegen Zahlungen nach Insolvenzreife im Regelfall ausgleichen muss. Nichtsdestotrotz sollte hiervon nicht blind ausgegangen werden. Geschäftsführer und Vorstände, zu deren Gunsten eine D&O-Versicherung abgeschlossen wurde oder wird, sollten sich dieses Problemkreises deswegen jedenfalls bewusst sein und die konkrete Versicherungsklausel (die im Einzelfall etwas anders lauten und daher auch anders auszulegen sein kann als die im vom BGH entschiedenen Fall) ggf. besonders sorgfältig prüfen.
3 Kapitalanlage & Versicherung
3.1 Bausparvertrag: Wann fließen Bonuszinsen zu?
FG Münster, Urteil v. 3.6.2020, 4 K 242/18
Gegen das Urteil ist die Revision anhängig, Az beim BFH VIII R 18/20. Es empfiehlt sich daher, solche Fälle derzeit offen zu halten. Gerade bei Steuerpflichtigen mit sonst niedrigen Einkünften kann sich eine Verteilung der Bonuszinsen auf mehrere Jahre vorteilhaft auswirken.
3.2 Kann bei Direktversicherungen die Fünftelregelung angewendet werden?
BFH, Urteil v. 6.5.2020, X R 24/19
Das FG hat die Atypik im Wesentlichen darauf gestützt, dass eine (normale) Kündigung nach den Vertragsbedingungen gar nicht möglich war. Es hat das Urteil des BFH v. 20.9.2016, X R 23/15 (BStBl II 2017, 347) herangezogen. Dort hat der BFH Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten dann als außerordentlich angesehen, wenn die Zahlung nicht dem vertragsgemäßen oder typischen Ablauf der jeweiligen Einkünfteerzielung entsprach (Rz 23). Mit dem aktuellen Urteil ist diese Rechtsprechung überholt. Eine vertragswidrige Kündigung/Aufhebung begründet nicht bereits eine Atypik. Erforderlich ist vielmehr eine wertende Beurteilung unter Heranziehung vergleichbarer Versicherungsverträge.
4 Lohn und Gehalt
4.1 Verbilligte Mitgliedschaft im Fitness-Studio und 44-EUR-Grenze
BFH, Urteil v. 7.7.2020, VI R 14/18
Für die Einhaltung der 44 EUR-Grenze ist darauf zu achten, dass der geldwerte Vorteil als laufender (nicht einmaliger) Zufluss ausgestaltet ist. Im Übrigen bemerkt der BFH, dass die Schätzung des üblichen Endpreises anhand der Kosten des Arbeitgebers in Betracht kommt, wenn eine Ware oder Dienstleistung an den Endverbraucher i. d. R. nicht vertrieben wird. Wenn sich ein Beteiligter dagegen auf eine abweichende Wertbestimmung beruft, muss er konkret darlegen, dass eine Schätzung anhand der vom Arbeitgeber aufgewandten Kosten dem objektiven Wert des Sachbezugs nicht entspricht (BFH, Urteil v. 6.6.2018, VI R 32/16, BStBl 2018 II S. 764, Rz 23).
5 Private Immobilienbesitzer
5.1 Betriebskostenabrechnung: Darf der Mieter die Zahlungsbelege einsehen?
BGH, Urteil v. 9.12.2020, VIII ZR 118/19
6 Sonstige Steuern
6.1 Mittelbare Beteiligung an einer KG: Ist der Erwerb von Grundstücken steuerbefreit?
FG Düsseldorf, Urteil v. 8.5.2019, 7 K 2629/18 GE
Gründe für eine Zulassung der Revision lagen nicht vor.
6.2 Nebenwohnung aus beruflichen Gründen: Müssen Nichtverheiratete Zweitwohnungssteuer zahlen?
FG Hamburg, Urteil v. 23.9.2020, 3 K 167/19
Das Hamburger Zweiwohnungssteuergesetz sieht eine Befreiung von der Steuer in Fällen vor, in denen ein verheirateter Steuerpflichtiger die Zweitwohnung in Hamburg aus überwiegend beruflichen Gründen unterhält. Das FG Hamburg legt unter Verweis auf die Rechtsprechung diverser anderer Gerichte umfangreich dar, warum diese Beschränkung auf verheiratete Personen – sowie Paare in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft – keine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung unverheirateter Paare darstellt.
Dieser Rechtsprechung, die sich aus dem besonderen Schutz der Ehe und Familie im Grundgesetz herleitet, ist in vollem Umfang zuzustimmen. In letzter Konsequenz stellt sich natürlich die Frage, warum der Steuerpflichtige nicht die Steuer dadurch "umgeht", dass er die Mutter seines Sohnes heiratet. Warum diese auf der Hand liegende Gestaltung nicht in Betracht kam, ist aus dem Urteil indes nicht ersichtlich.
6.3 Wenn das Finanzamt einen Fehler übernimmt: Offenbare Unrichtigkeit?
Niedersächsisches FG, Urteil v. 4.8.2020, 9 K 237/19
Liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor, ist die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO nicht von Verschuldensfragen abhängig, weshalb die oberflächliche Behandlung eines Steuerfalls grundsätzlich eine Berichtigung nach dieser Vorschrift nicht hindert. Allerdings scheidet die Berichtigung aus, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist.
7 Steuerrecht Arbeitnehmer
7.1 Wann ist ein Stipendium einkommensteuerpflichtig?
BFH, Urte...