Leitsatz

Es ist ernstlich zweifelhaft,

– ob sich Vorsteuerrückforderungsansprüche nach § 17 UStG unabhängig von ihrem Begründungs- und Entstehungszeitpunkt gegen den (ehemaligen) Organträger richten, dem der Vorsteuerabzug zustand, oder

– ob nicht entscheidend auf den Zeitpunkt des die Rückforderung auslösenden Ereignisses (hier: die Uneinbringlichkeit der von der ehemaligen Organgesellschaft geschuldeten Entgelte) abzustellen ist.

 

Normenkette

§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG , § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG

 

Sachverhalt

Der Antragsteller (A) war ursprünglich an der E-GmbH beteiligt, die wiederum an der B-GmbH beteiligt war.

A verkaufte im Dezember 1999 seinen Geschäftsanteil an der E-GmbH. Dadurch entfiel die bis dahin bestehende Eingliederung in das Unternehmen des Antragstellers ebenso wie die – mittelbar über die E-GmbH bestehende – Eingliederung der B-GmbH. Diese stellte im Februar 2000 beim Amtsgericht einen Antrag auf Durchführung des Insolvenzverfahrens, der mangels Masse abgelehnt wurde.

Zu berichtigen war deshalb die Vorsteuer im Umfang der offen gebliebenen Verbindlichkeiten der B-GmbH. Das FA nahm A als Organträger in Anspruch.

 

Entscheidung

Der BFH hielt die Rechtslage – anders als das FG – für zweifelhaft und gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung insoweit statt.

 

Hinweis

Steuerschuldner aller Umsätze, die der Organträger oder eine ihm eingegliederte Organgesellschaft tätigt, ist der Organträger; dementsprechend steht ihm auch der Vorsteueranspruch für Leistungsbezüge der Organgesellschaft zu. Wird die Organschaft beendet und treten erst nach der Beendigung die Voraussetzungen für eine Vorsteuerberichtigung ein – z.B. wegen Uneinbringlichkeit des Entgelts (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 1 UStG) –, ist fraglich, wem gegenüber der Vorsteuerberichtigungsanspruch geltend gemacht werden darf, wenn der Berichtigungsanspruch die Vorsteuer für Leistungsbezüge der Organgesellschaft während des Bestehens der Organschaft betrifft. Es ist gesetzlich nicht geregelt, ob der Rückforderungsanspruch nach Beendigung einer Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) sich richtet gegen

– den (ehemaligen) Organträger, weil bei seiner Umsatzsteuer im Zeitpunkt des Leistungsbezugs die Vorsteuer berücksichtigt worden ist, oder

– die (nunmehr selbstständige) Organgesellschaft.

Bereits entschieden ist, dass sich der Vorsteuerrückforderungsanspruch (auch dann) gegen den Organträger richtet, wenn der Anspruch darauf beruht, dass die Entgelte infolge der Konkurseröffnung bei der Organgesellschaft uneinbringlich werden (vgl. BFH, Beschluss vom 7.9.1998, V B 34/98, BFH/NV 1999, 226 und BFH, Urteil vom 6.6.2002, V R 22/01, siehe Seite 382 in diesem Heft). Zweifelhaftist aber, bei wem Vorsteuer berichtigt werden muss, wenn die Forderung erstnachBeendigung der Organschaft uneinbringlich wird.

Z.T. wird die Auffassung vertreten, entscheidend sei, ob es sich um den Vorsteuerberichtigungsanspruch nach § 17 UStG handelt (soll sich gegen Organträger richten, der Vorsteuer vereinnahmt hat) oder um den nach § 15a UStG (maßgebend sei der Zeitpunkt der Entstehung des Berichtigungsanspruchs). Es erscheint zweifelhaft, ob es sachliche Gründe für eine unterschiedliche Behandlung gibt; entscheidend dürfte der Zeitpunkt des die Rückforderung auslösenden Ereignisses sein.

Steuerbescheide, die nach dem Ende der Organschaft entstandene Vorsteuerberichtigungsansprüche nach § 15a oder § 17 betreffen, sollten Sie offen halten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 6.6.2002, V B 110/01

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