Überbrückungshilfen: "Der Arbeitsaufwand ist einfach enorm"
Herr Fey, die Reglungen rund um die Überbrückungshilfe sorgen in den wenigsten Kanzleien für Begeisterung - wo liegt das Hauptproblem?
Florian Fey: Allgemein kann man sagen, dass die FAQs, die ja explizit als Grundlage für die Rechtsauslegung dienen sollen, an vielen Stellen unklar und pauschal sind. Zudem fehlt der Support seitens der Verwaltung: Wenn Kanzleien bei der Hotline nachfragen, bekommen sie an Stelle einer unterstützenden Antwort oftmals wieder nur dieselben FAQs zugeschickt. Das hilft nicht weiter.
Denn es geht für die meisten Steuerberaterinnen und Steuerberater ja nicht darum, die Sache jetzt irgendwie einfach schnell vom Tisch zu bekommen. Man will Qualität liefern für seine Mandanten und darüber hinaus steht Subventionsbetrug im Raum, und dem möchte man selbstverständlich keinen Vorschub leisten.
Wann hatten Sie und Ihre Kundinnen und Kunden das Gefühl, dass hier etwas aus dem Ruder läuft?
Tatsächlich mit der Beantragung der Ü3. Während es vorher viel um Pragmatismus und schnelle Hilfe ging, wurde es da auf einmal unheimlich komplex. Plötzlich tauchte ein immenser Erfassungs- und Analyseaufwand auf. Die Steuerberaterinnen und Steuerberater haben an dieser Stelle gemerkt, dass sie immer mehr Zeit investieren müssen, um das Thema vernünftig zu bearbeiten. Deshalb haben wir im Frühjahr 2021 mit der Entwicklung unseres Tools begonnen, das dann im Sommer 2021 auf den Markt kam und vieles einfacher und effizienter machte.
Momentan muss man ja die Schlussabrechnungen machen und – Stand jetzt – bis spätestens 30.06. abgegeben haben. Doch selbst wenn man das mit allen Abrechnungen schafft, ist man noch nicht alle Sorgen los, oder?
Viele fangen gerade erst mit den Schlussrechnungen an und nein, auch wenn man damit vermeintlich durch ist, hat man die Sache noch nicht Tisch. Ein Problem, das seit Beginn und mit zunehmender Dauer der Hilfen verstärkt auftaucht, sind die zahl- und umfangreichen Nachfragen der Bewilligungsstellen. Teilweise werden seitenweise zusätzliche Nachweise angefordert. Besonders scheint hier nach Aussage unserer Kunden die L-Bank in Baden-Württemberg zu sein.
Das frustriert die Steuerberater zusätzlich: Mit Recht fragen sich manche, was ihnen nur eigentlich unterstellt wird, wie wenig Vertrauen man ihnen entgegenbringt. Wo sie doch üblicherweise Buchhaltungen und Jahresabschlüsse mit ihrer Unterschrift bestätigen, fängt nun die Verwaltung mit einer kleinteiligen Eigenprüfung an. Das verstehen viele nicht.
Tipp der Haufe Online-Redaktion: Seminar zum Überbrückungshilfe-Tool Wünschen Sie sich eine effektive Unterstützung bei den Schlussabrechnungen zu sämtlichen Überbrückungshilfen? Die korrekte Zuordnung der Fixkosten kostet viel Zeit und die Dokumentation muss detailliert und nachvollziehbar sein. Das Überbrückungshilfe-Tool wird seit mehr als 1,5 Jahren von mittlerweile über 600 Steuerberaterinnen und Steuerberatern genutzt. |
Überbrückungshilfen: Steuerkanzleien beantragen Fristverlängerungen
Wie reagieren Ihre Kunden darauf?
Vielen sagen, sie schaffen das einfach nicht. Etliche haben Einzelfristverlängerungen für bestimmte Mandate, manche pauschal für alle Fälle Fristverlängerung bis 31.12.2023 beantragt. Der Arbeitsaufwand ist einfach enorm. Wir haben hier kleinere Kanzleien, die aufgrund ihrer Mandatsstruktur – Gastronomie, Tourismus oder Kultur – 400 oder gar 1.000 Schlussabrechnungen bewältigen müssen. Für die meisten ist die Frist einfach nicht zu schaffen. Sie bräuchten für die Schlussabrechnungen im Grunde die doppelte Mannschaft.
Das hat auch damit zu tun, dass sich die erforderlichen Daten nicht einfach aus den bestehenden Systemen generieren lassen, sondern neu erhoben werden müssen...
Genau. Das betrifft vor allem die Regelung, dass sämtliche Kosten eben nicht nach ihrer Verbuchung, sondern nach ihrer Fälligkeit anzusetzen sind – eine Information, welche die Steuerkanzlei in der Regel gar nicht in ihren Systemen gespeichert hat und mühsam aus den Belegen herauslesen muss.
Auch diese Regelung hat aber offenbar nicht überall Bestand, es gibt neuerdings ein Optionsrecht. Wie sieht dieses genau aus?
Einige, aber nicht alle Bundesländer, haben sich vor einiger Zeit nun in der Richtung geäußert, dass man die Fälligkeit nicht unbedingt als Bezugsdatum nehmen muss, sondern auch auf Beleg- oder Zahldatum abstellen kann. Das Ganze soll wohl als Wahlrecht ausgestaltet sein. Viele Steuerberater und Mandanten fragen sich nun, ob sie nun alles nochmal ermitteln sollen, sofern sie dies schon getan haben. Gar nicht zu reden, von Kanzleien mit Mandanten in verschiedenen Bundesländern.
Wie reagieren Ihre Kundinnen und Kunden auf diese erneute Rechtsänderung?
Ganz unterschiedlich. Einige sagen, sie lassen es, wie es ist, und wenn der Mandant es ausdrücklich wünscht, machen sie die Abrechnung inklusive Günstigerprüfung gegen zusätzliches Honorar neu. Andere machen diese Prüfung von sich aus, eine dritte Gruppe schließlich belässt es einfach so, wie es ist. Wohlgemerkt: Diese Regelung gilt nicht für alle Bundesländer, denn manche unserer Kunden haben zum Beispiel noch nie etwas davon gehört.
Kritisieren Sie den Gesetzgeber für diese unstrukturierte Vorgehensweise, die zu so viel Mehraufwand führt?
Man hätte spätestens Ende 2021 noch einmal eine bundeseinheitliche Klärung sämtlicher Regelungen herausgeben können, auf deren verbindlicher Grundlage im Zeitraum zwischen Januar und Juni 2022 die Schlussabrechnungen erstellt werden können. Diese Zeit hätte man gehabt, die Notwendigkeit meines Erachtens auch.
Gehandelt hat man aber nicht so, und speziell die nachgeschobene uneinheitliche Optionsregelung bei der Fälligkeit sechs oder acht Wochen bevor die Abgabefrist eigentlich schon zu Ende ist, hat zum Beispiel auch bei uns für Stress gesorgt: Innerhalb kürzester Zeit war ein umfangreiches Update notwendig, um das zweite mögliche Ermittlungsschema zu integrieren.
Ihr Beratungsunternehmen beschäftigt sich ja nicht nur mit der Überbrückungshilfe, für das Sie ein Tool entwickelt haben, sondern auch mit anderen Prozessen und Weiterentwicklungspotenzialen von Kanzleien. Was machen Sie, wenn endlich alle Schlussabrechnungen erledigt sind?
Das wird vermutlich noch eine Weile dauern, aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass maximal ein Drittel der Schlussabrechnungen bereits erstellt worden ist. Aber faktisch wird es irgendwann so weit sein, nächstes Jahr werden wir unser Tool dann in die Tonne treten. Doch wir kommen ja aus der Prozessberatung, bieten Teamentwicklung und Coaching an und haben durch unser Tool mehr als 600 Steuerberater und Steuerberaterinnen gewonnen, auf dem wir nun aufbauen.
Technik spielt aber auch in Zukunft eine Rolle, oder?
Definitiv, wir eruieren gerade, welche großen Themen es noch gibt, bei denen ein Tool vieles erleichtern könnte. Für eine Gruppe von Steuerberatern haben wir hier bereits ein Produkt in Vorbereitung, wo es auch wieder um Qualitätssicherung und Zeitersparnis gehen wird. Und natürlich um Gute Laune. Denn das wollen wir eigentlich bei unseren Kunden erreichen. Mehr Gute Laune, durch einfache und effiziente Lösungen.
Zur Person: Florian Fey ist Geschäftsführer der Florian Fey GmbH (Steuerberater-Lösungen). Sie bietet Unternehmensberatung für Kanzleien an, die Prozesse, Team und Digitalisierung als Einheit sieht. Zuletzt hat die GmbH ein Tool zur Überbrückungshilfe entwickelt. |
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