Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 117 Abs. 1 AO regelt ausschließlich die Inanspruchnahme von zwischenstaatlicher Rechts- und Amtshilfe durch die inländischen Finanzbehörden. Die Regelung bedeutet eine Ausweitung der Befugnisse der Finanzbehörden, deren Tätigkeit ansonsten nur Auswirkungen innerhalb des Geltungsbereichs der AO haben kann. Für die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Rechts- und Amtshilfe ist das deutsche Recht maßgebend, d. h., dass die Finanzbehörden insbes. nach den §§ 85ff. AO zu entscheiden haben, ob und in welcher Weise die zwischenstaatliche Hilfe in Anspruch genommen werden soll (vgl. BFH v. 29.02.2012, I B 88/11, BFH/NV 2012, 1089). Ob die ersuchte ausländische Behörde die erbetene Hilfe leistet und welche Maßnahmen sie in Durchführung der Amtshilfe ergreift, richtet sich grundsätzlich nach dem für die ersuchte Behörde geltenden innerstaatlichen Recht. Besteht allerdings mit dem entsprechenden Staat eine diesbezügliche völkerrechtliche Vereinbarung i. S. des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG, so gehen die darin enthaltenen Bestimmungen den Steuergesetzen vor, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind (§ 2 AO). Die Inanspruchnahme zwischenstaatlicher Rechts- und Amtshilfe und die Leistung der Hilfe durch die ausländische Behörde haben sich in solchen Fällen ausschließlich an den genannten Vereinbarungen zu orientieren, soweit sie eine Regelung enthalten.

Obwohl das Gesetz das Recht zur Inanspruchnahme der Amtshilfe allgemein den Finanzbehörden einräumt, bedeutet das nicht, dass jedes FA "bei Bedarf" zwischenstaatliche Hilfe in Anspruch nehmen kann. Zuständig ist grds. das BMF, das aber die Zuständigkeit an das BZSt delegiert hat (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 9 FVG). Das FA muss sich also auf dem Dienstweg mit seinem Ersuchen an das BZSt wenden. Dieses entscheidet im Rahmen einer eigenen Ermessensentscheidung, ob es die angeforderte Auskunft einholt. Lehnt das BZSt die Einholung ab, hat die ersuchende Finanzbehörde keine rechtliche Möglichkeit, das BZSt zu verpflichten. Die Entscheidung, ob eine Auskunft eingeholt wird, ist ein rein verwaltungsinterner Vorgang; die Ablehnung daher kein VA. Die Einzelheiten zum Verfahrensablauf hat das BMF im Schreiben vom 15.11.2015, BStBl I 2015, 928, dargelegt.

Der Stpfl. soll vor einem Amtshilfeersuchen grds. angehört werden, auch wenn das Gesetz keine ausdrückliche Anhörungspflicht bei Ersuchen deutscher Behörden statuiert. Ungeachtet dessen wird schon aus Gründen der Gewährung des rechtlichen Gehörs eine Überrumpelung des Steuerpflichtigen vermieden werden müssen. Dem Betroffenen wird zumindest bei der Anforderung steuerlich erheblicher Erklärungen Kenntnis von der Möglichkeit geben werden müssen, dass einschlägige Rückfragen bei der ausländischen Finanzverwaltung erfolgen könnten, um ihn in die Lage zu versetzen, Gegenargumente vorzutragen. Er kann sich indes nicht mit der Anfechtungsklage gegen das Ersuchen wenden. Rechtsschutz kann er mit einer vorbeugenden Unterlassungsklage oder (negativen) Feststellungsklage erlangen. Einstweiliger Rechtsschutz kann durch eine einstweilige Anordnung (§ 114 FGO) erlangt werden. Verfahrensgegner ist grds. das BZSt. Darüber hinaus kann sich der Stpfl. im Verfahren gegen die Steuerfestsetzung gegen die Verwertung der eingeholten Informationen wenden.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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