Tz. 27
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 147 Abs. 6 AO ermöglicht drei verschiedene Formen des Datenzugriffs, wobei die Auswahl – ggf. auch mehrerer Möglichkeiten gleichzeitig – im Ermessen der Finanzbehörde steht (s. FG RP v. 20.01.2005, 4 K 2167/04, EFG 2005, 667, mit Anm. Trossen). Sie hat den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, was insbes. eine Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Gegebenheiten wie technische Möglichkeiten (FG Münster v. 07.11.2014, 14 K 2901/13, EFG 2015, 262), Größe des Unternehmens und Zahl der Mitarbeiter erfordert (s. BMF v. 16.07.2001, IV D 2 – S 0316–136/01, BStBl I 2001, 415 unter I.2. b zum mittelbaren Datenzugriff; BFH v. 27.09.2010, II B 164/09, BFH/NV 2011, 193 m. w. N.).
1. Unmittelbarer Datenzugriff
Tz. 28
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Finanzbehörde hat das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem des Stpfl. oder des von ihm mit der Buchführung/Aufzeichnung Beauftragten zur Prüfung zu nutzen (der in BMF v. 16.07.2001, IV D 2 – S 0316–136/01, BStBl I 2001, 415 verwendete Begriff "Nur-Lese-Zugriff" greift insoweit zu kurz; nunmehr auch "unmittelbarer Datenzugriff" (Z1), vgl. BMF v. 14.11.2014, IV A 4-S 0316/13/10003, BStBl I 2014, 1450 Rz. 165). Die Nutzung kann darin bestehen, innerhalb des Programms vorhandene Auswertungsmöglichkeiten zu nutzen oder die vorhandenen Daten zu filtern oder zu sortieren. Programme der Finanzverwaltung dürfen innerhalb des Datenverarbeitungssystems des Stpfl. nicht eingesetzt werden. Der Stpfl. hat den Zugriff zu ermöglichen, die notwendigen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen und dem Prüfer ggf. einzuweisen (§§ 200 Abs. 1 Satz 2, 147 Abs. 5 Satz 1 AO). Er ist nicht verpflichtet, den Prüfer auf bestehende Auswertungsmöglichkeiten hinzuweisen, hat sie aber auf Befragen zu offenbaren (Schaumburg, DStR 2002, 829, 834).
2. Mittelbarer Datenzugriff
Tz. 29
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Finanzbehörde kann, statt wie beim unmittelbaren Datenzugriff selbst tätig zu werden, auch verlangen, dass der Stpfl. oder der von ihm Beauftragte die Daten nach ihren Vorgaben auswertet ("mittelbarer Datenzugriff" (Z2), vgl. BMF v. 14.11.2014, IV A 4-S 0316/13/10003, BStBl I 2014, 1450 Rz. 166). Der Umfang der Zugriffsmöglichkeiten und die möglichen Nutzungsformen entsprechen denen beim unmittelbaren Datenzugriff.
3. Datenträgerüberlassung
Tz. 30
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Im Rahmen der Außenprüfung kann auch verlangt werden, dass die gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger (z. B. CD-ROM) der Finanzbehörde zur Verfügung gestellt werden (Datenträgerüberlassung (Z3), vgl. BMF v. 14.11.2014, IV A 4-S 0316/13/10003, BStBl I 2014, 1450 Rz. 167). Dabei hat der Stpfl. alle notwendigen Informationen zu geben, die für eine maschinelle Auswertung notwendig sind. Ein Datenexport durch den Prüfer ist weiterhin nicht ohne Einwilligung des Stpfl. zulässig. Die Finanzbehörde ist befugt, eigene Auswertungs- oder Analyseprogramme einzusetzen. Erhöhte Anforderungen an den Geheimnisschutz sind wegen § 30 AO nicht notwendig (a. A.: Drüen in Tipke/Kruse, § 147 AO Rz. 80a; zu möglichen Schutzmaßnahmen durch den Stpfl. selbst, s. Hütt, AO-StB 2001, 156). Die im Rahmen der Außenprüfung erlangten Daten dürfen nicht für den Aufbau von Datensammlungen verwendet werden, auch soweit sie lediglich in anonymisierter Form gespeichert und verwertet werden (Drüen in Tipke/Kruse, § 147 AO Rz. 81 m. w. N.; a. A. Schaumburg, DStR 2002, 829, 834; vgl. zur Pflicht, die Daten zu löschen, BFH v. 16.12.2014, VIII R 52/12, BFH/NV 2015, 1943). Die Finanzverwaltung ist verpflichtet (so BFH v. 16.12.2014, VIII R 52/12, BFH/NV 2015, 1943), den Datenträger nach Bestandskraft der aufgrund der BP ergangenen Steuerbescheide zurückzugeben und die überlassenen Daten zu löschen (so auch BMF v. 16.07.2001, IV D 2 – S 0316–136/01, BStBl I 2001, 415 unter I.1. c; BMF v. 14.11.2014, IV A 4-S 0316/13/10003, BStBl I 2014, 1450 Rz. 169; a. A. noch FG BW v. 07.11.2012, 14 K 554/12, EFG 2013, 268).
Der Prüfer ist berechtigt, den überlassenen Datenträger mitzunehmen, um ihn an einem anderen Ort auszuwerten (FG Ha v. 13.11.2006, 2 K 198/05, DStRE 2007, 441, insoweit ohne Entscheidung, BFH v. 24.06.2009, VIII R 80/06, BStBl II 2010, 452). Nach zu enger Auffassung des BFH darf aber die Speicherung und Auswertung ausschließlich in den Räumen des Stpfl. oder des Finanzamtes erfolgen (BFH v. 16.12.2014, VIII R 52/12, BFH/NV 2015, 1943; zutreffend a. A. FG BW v. 07.11.2012, 14 K 554/12, EFG 2013, 268; Rätke in Klein, § 147 AO Rz. 63). Auf eine entsprechende ausdrückliche Bestätigung seitens der FinVerw. soll der Stpfl. einen Anspruch haben (BFH v. 16.12.2014, VIII R 52/12, BFH/NV 2015, 1943, zweifelhaft).
Zudem muss der Datenträger den Anforderungen des BMF-Schreibens v. 16.07.2001, IV D 2-S 0316-136/1, BStBl I 2001, 415 (nunmehr BMF v. 14.11.2014, IV A 4-S 0316/13/10003, BStBl I 2014, 1450 Rz. 176) entsprechen (FG Nbg v. 15.05.2013, 5 K 950/11, juris).