Schrifttum
Bartone/von Wedelstädt, Korrektur von Steuerverwaltungsakten, 2. Aufl. 2017;
Braun Binder, Ausschließlich automationsgestützt erlassene Steuerbescheide und Bekanntgabe durch Bereitstellung zum Datenabruf, DStZ 2016, 526;
Dißars, Änderungen im Bereich der Korrekturvorschriften der AO durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens – Überblick und erste Anmerkungen, BB 2017, 1307;
Höreth/Stelzer, Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, DStZ 2016, 520;
Ortmann-Babel/Franke, Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, DB 2016, 1521;
Seer, Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, StuW 2015, 315;
Trossen, Die Auswirkungen der Modernisierung des steuerlichen Verfahrensrechts auf den gerichtlichen Rechtsschutz, FR 2015, 1021;
von Wedelstädt, Das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, AO-StB 2016, 196;
von Wedelstädt, Neue Änderungsvorschriften in der Abgabenordnung (§ 173a AO, § 175b AO), AO-StB 2017, 19.
A. Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 175b AO ist die gesetzliche Grundlage für die Änderung oder Aufhebung bestandskräftiger Steuerbescheide, wenn Daten, die von mitteilungspflichtigen Stellen i. S. von § 93c AO an die Finanzbehörde übermittelt worden sind, bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden (§ 175b Abs. 1 AO), wenn derartige Daten, die nach § 150 Abs. 7 Satz 2 AO als Angaben des Stpfl. gelten, zu dessen Ungunsten unrichtig sind (§ 175b Abs. 2 AO), oder wenn Daten ohne Vorliegen einer gesetzlich vorgeschriebenen Einwilligung des Stpfl. übermittelt wurden, diese Einwilligung aber Voraussetzung für die Berücksichtigung dieser Daten ist (§ 175b Abs. 3 AO). § 175b Abs. 4 AO beschränkt die Änderung oder Aufhebung von Steuerbescheiden in den dort geregelten Fällen. § 171 Abs. 10a AO regelt dazu eine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist. § 175b AO wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vom 18.07.2014 (BGBl I 2016, 1679) eingefügt und ist erstmals anzuwenden, wenn steuerliche Daten eines Stpfl. für Besteuerungszeiträume nach 2016 oder Besteuerungszeitpunkte nach dem 31.12.2016 aufgrund gesetzlicher Vorschriften von einem Dritten als mitteilungspflichtiger Stelle elektronisch an Finanzbehörden zu übermitteln sind (Art 97 § 27 Abs. 2 EGAO).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zweck des § 175b AO ist es, die Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden zu ermöglichen, die aufgrund von fehlerhaft berücksichtigten oder fehlerhaft übermittelten oder ohne Einwilligung des Stpfl. übermittelten Daten rechtswidrig sind. Die Norm steht im engen systematischen Zusammenhang mit den in den Einzelsteuergesetzen vorhandenen Regelungen zum verstärkten Datenaustausch der Finanzbehörden mit anderen Behörden oder Dritten – z. B. Arbeitgeber, Rentenversicherungsträger, Krankenversicherungen oder Banken –, die durch § 93c Abs. 1 AO eine verfahrensrechtliche Vereinheitlichung erfahren haben. Durch § 175b AO wird sichergestellt, dass Fehler bei der Mitteilung oder bei ihrer Berücksichtigung in der Steuerfestsetzung, die zu fehlerhaften Steuerfestsetzungen geführt haben, korrigiert werden können. Andere Korrekturvorschriften, insbes. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, sind insoweit nicht einschlägig, weil die Mitteilungen der auskunftspflichtigen Dritter keine Verwaltungsakte (§ 118 Satz 1 AO) und daher keine Grundlagenbescheide i. S. von § 171 Abs. 10 AO darstellen, sodass keine Bindungswirkung für die Steuerfestsetzung besteht (von Wedelstädt in Gosch, § 175b AO Rz. 3; Loose in Tipke/Kruse, § 175b AO Rz. 2).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Aus dem Wortlaut und dem systematischen Kontext der Norm folgt, dass sich ihr Anwendungsbereich auf Steuerbescheide und gleichgestellte Bescheide erstreckt (von Wedelstädt in Gosch, § 175b AO Rz. 5; s. Vor §§ 172-177 AO Rz. 4 ff.). Auf Einfuhr- bzw. Ausfuhrabgabenbescheide sowie Verbrauchsteuerbescheide findet § 175b AO keine Anwendung (von Wedelstädt in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 1505).
B. Aufhebung und Änderung bei fehlender oder unzutreffender Berücksichtigung von Daten (§ 175b Abs. 1 AO)
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 175b Abs. 1 AO ist ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörde übermittelte Daten i. S. § 93c AO nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden. Welche Stelle mitteilungspflichtig ist und welche Daten zu übermitteln sind, ergibt sich aus den entsprechenden Einzelgesetzen. Die Korrektur erfolgt, wenn durch die Nichtberücksichtigung oder die unzutreffende Berücksichtigung der Daten die Besteuerungsgrundlagen unzutreffend ermittelt wurden und der Steuerbescheid deshalb rechtswidrig ist, wenn also bei zutreffender Berücksichtigung der Daten die Steuer höher oder niedriger ausfallen würde (von Wedelstädt in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 1510). Dies gilt auch für die Übermittlung von korrigierten Daten durch den mitteilungspflichtigen Dritten (Loose in Tipke/Kruse, § 175b AO Rz. 7; gl. A. von Wedelstädt in Gosch, § 175b AO Rz. 13). Fehlt es an einer Auswirkung auf die materielle Richtigkeit der Steuerfestse...