A. Allgemeines
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 238 AO ist die Berechnungsvorschrift für alle in den Zinsvorschriften der §§ 233a bis 237 AO enthaltenen Zinstatbestände. Sie sieht damit eine einheitliche Berechnung vor. Da sich die Zinspflicht auf jeden Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis erstreckt, bedarf es einer gesonderten Berechnung aller Zinsfälle und zwar getrennt nach Steuerarten und Veranlagungszeiträumen. Eine Saldierung von Steueransprüchen vor der Zinsberechnung ist nicht zulässig, es kann also z. B. keine Verrechnung von Einkommensteuernachzahlungen mit Umsatzsteuererstattungsansprüchen erfolgen und die Zinsberechnung aus dem Saldo erfolgen. Vielmehr sind vor Verrechnungen die Zinsen zu errechnen.
B. Anwendungsbereich
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Vorschrift findet auf alle Fälle Anwendung, die von den Zinstatbeständen der §§ 233a bis 237 AO erfasst werden. Für Säumniszuschläge gilt § 238 AO nicht.
C. Tatbestandliche Voraussetzungen
I. Höhe der Zinsen
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 238 Abs. 1 Satz AO betragen die Zinsen 0,5 %. für jeden Monat und zwar ungeachtet der Art der Verzinsung. Da der Zinssatz gesetzlich bestimmt ist, kommt eine abweichende Zinshöhe auch dann nicht in Betracht, wenn nach der Marktzinslage ein höherer oder niedriger Zinssatz anzusetzen wäre. Die Höhe des gesetzlichen Zinssatzes ist verfassungsgemäß. Dies hat der BFH bislang für Zeiträume bis Dezember 2011 entschieden (im Übrigen s. BVerfG v. 03.09.2009, 1 BvR 2539/07, HFR 2010, 171; BFH v. 14.01.2010, X B 64/09, BFH/NV 2010, 1233; BFH v. 20.04.2011, I R 80/10, BFH/NV 2010, 1654; BFH v. 29.05.2013, X B 233/12, BFH/NV 2013, 1380; BFH v. 01.07.2014, IX R 31/13, BStBl II 2014, 925; BFH v. 21.10.2015, V B 36/15, BFH/NV 2016, 223), die gegen eine Verfassungswidrigkeit sprechenden Überlegungen gelten trotz der anhaltenden Niedrigzinsphase fort, zumal z. B. bei Überziehungszinsen und risikobehafteten Darlehen weiterhin Zinsen verlangt werden, die über dem gesetzlichen Zinssatz liegen. Allerdings hat der BFH in einem Aussetzungsverfahren für VZ 2015 erstmals verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Zinssatzes geäußert (BFH v. 25.04.2018, IX B 21/18, BFH/NV 2018, 748). Ungeachtet der rechtlichen Bewertung wäre es de lege ferenda wünschenswert, eine an die Marktzinsentwicklung anknüpfende Zinshöhe vorzusehen.
Die Zinsen sind von dem Tage an, an dem der Zinslauf beginnt, nur für volle Monate zu zahlen, angefangene Monate bleiben außer Betracht (§ 238 Abs. 1 Satz 2 AO). Nach § 108 BGB i. V. m. § 187 Abs. 2 BGB, § 188 Abs. 2 BGB endet somit die Monatsfrist mit dem Ablauf des Tages, der dem Tag vorhergeht, der durch seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht. Da die Dauer des Zinslaufs selbst keine Frist ist, greift § 108 Abs. 3 BGB für die Berechnung des Zinslaufs nicht ein, er endet also auch an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag. Bei Unterbrechungen des Zinslaufs sind die Zinsen ebenfalls nur für volle Monate zu zahlen, auch wenn die Summe der Unterbrechungen mehr als einen Monat ausmachen. Dies entspricht dem Vereinfachungscharakter der Vorschrift.
II. Aufrechnung
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 238 Abs. 1 Satz 3 AO ist eine besondere Berechnungsvorschrift für Aufrechnungen. Sofern der zu verzinsende Anspruch durch Aufrechnung erlischt, gilt der Tag, an dem die Schuld des Aufrechnenden fällig wird, als Tag der Zahlung. Anders als § 226 Abs. 1 AO i. V. m. § 389 BGB stellt die Vorschrift auf die Fälligkeit und nicht auf den Zeitpunkt ab, in dem die Forderung als zur Aufrechnung geeignet gegenübersteht.
III. Abrundung
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 238 Abs. 2 AO wird bei der Berechnung der Zinsen der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart auf den nächsten durch 50 EUR teilbaren Betrag abgerundet. Es ist zweifelhaft, ob die Vorschrift, die an sich der Vereinfachung einer Berechnung dienen soll, angesichts der maschinellen Bearbeitung der Steuerfestsetzungen noch zeitgerecht ist. Die Abrundung betriff den zu verzinsenden Gesamtbetrag jeder Steuerart (ebenso Loose im Tipke/Kruse, § 238 AO Rz. 6). Nach Ansicht der FinVerw (AEAO zu § 238 AO, Nr. 2). ist jeweils der einzelne zu verzinsende Anspruch abzurunden. In diesem Zusammenhang ist auch § 239 Abs. 2 AO zu beachten, wonach Zinsen nur dann festgesetzt werden, wenn sie mindestens 10 EUR betragen.