Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 52d FGO wurde durch Art. 6 Nr. 4 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs v. 10.10.2013 (BGBl I 2013, 3786) mit Wirkung vom 01.01.2022 eingeführt. Zentraler Inhalt ist die durch § 52d Satz 1 FGO begründete Pflicht für Rechtsanwälte und Behörden, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronische Dokumente zu übermitteln. Diese Pflicht wird durch § 52d Satz 2 FGO auf sonstige vertretungsberechtigte Personen (§ 62 Abs. 2 und Abs. 5 FGO; s. § 62 FGO Rz. 3 ff.) ausgedehnt, für die ein sicherer Übermittlungsweg (§ 52a Abs. 4 FGO) zur Verfügung steht. Von dieser Pflicht sind letztlich nur "Naturalbeteiligte", also nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Beteiligte, ausgenommen, die folglich Prozesshandlungen wie bisher in Papierform vornehmen können (Brandis in Tipke/Kruse, § 52d FGO Rz. 1).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Pflicht aus § 52d Satz 1 FGO betrifft vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen. Über den Wortlaut des § 52d Satz 1 FGO hinaus erfasst die grds. zwingende elektronische Form (zu den Ausnahmen s. Rz. 3) – erst recht – auch sog. bestimmende Schriftsätze, also solche, die Prozesshandlungen betreffen. Dies ergibt sich aus § 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 253 Abs. 4 ZPO, der die Anwendung der allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift erstreckt (zutr. Brandis in Tipke/Kruse, § 52d FGO Rz. 2; Kopp/Schenke, § 55d VwGO Rz. 4 und Rz. 6). Für andere als vorbereitende und bestimmende Schriftsätze etc., die von § 52d Satz 1 FGO nicht ausdrücklich erfasst werden, gilt die zwingende elektronische Form nicht (Schmieszek in Gosch, § 52d FGO Rz. 7).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gem. § 52d Satz 3 FGO ist die Übermittlung der von § 52d Satz 1 FGO erfassten Dokumente (s. Rz. 2) ausnahmsweise nach den allgemeinen Vorschriften zulässig, wenn eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist ("Ersatzeinreichung", vgl. Schmieszek in Gosch, § 52d FGO Rz. 10). Diese Regelung bildet eine Ausnahme zur grundsätzlichen Pflicht der elektronischen Übermittlung. Voraussetzung ist hierfür, dass eine elektronische Übermittlung aus technischen Gründen nicht möglich ist (z. B. weil der Internetzugang wegen eines Serverausfalls gestört ist). Diese technische Störung darf indessen nur vorübergehend bestehen, sodass aus § 52d Satz 3 FGO für die zur elektronischen Übermittlung verpflichteten Personen die Pflicht abgeleitet werden kann, die technische Störung unverzüglich (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu beseitigen bzw. beseitigen zu lassen, soweit ihnen dies möglich ist (vgl. Schmieszek in Gosch § 52d FGO Rz. 10). Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen (§ 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 294 Abs. 1 ZPO); auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen (§ 52d Satz 4 FGO).
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Aus dem zwingenden Charakter der in § 52d FGO getroffenen Regelungen folgt, dass die elektronische Form grds. eine Voraussetzung für die Wirksamkeit der betroffenen Prozesshandlungen darstellt (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, § 52d FGO Rz. 2). Ein Verstoß dagegen, führt dazu, dass die Dokumente, die pflichtwidrig in Papierform – auch als Telefax – beim Gericht eingereicht werden, als nicht übermittelt zu betrachten sind. Daher sind die entsprechenden Prozesshandlungen unwirksam oder Fristen (z. B. § 47 Abs. 1, § 65 Abs. 2 Satz 2, § 79b FGO) werden nicht gewahrt (Schmieszek in Gosch, § 52d FGO Rz. 8). Dies gilt nur dann nicht, wenn zulässigerweise nach Maßgabe des § 52d Satz 3 und Satz 4 FGO von der elektronischen Übermittlung abgesehen werden darf (s. Rz. 3).