Dipl.-Finanzwirt Jörg Ramb
Rz. 1
Wiederkehrende Nutzungen und Leistungen sind zeitliche Bezüge und Vorteile aufgrund eines dinglichen oder schuldrechtlichen Anspruchs.
Nutzungsrecht ist z. B. der Nießbrauch, also das Recht, die Nutzungen eines bestimmten Gegenstandes zu ziehen (§§ 1030 ff. BGB). Beim sog. Vorbehaltsnießbrauch behalten sich Eltern bei der Übertragung von Vermögenswerten (z. B. Grundstücke) auf ihre Kinder i. R. einer vorweggenommenen Erbfolge den Nießbrauch vor. Während die Vermögenssubstanz übertragen wird, sichern sich die Eltern aber weiterhin zur eigenen Versorgung die aus dem übertragenen Vermögenswert resultierenden Nutzungen (§ 100 BGB). Demgegenüber dient der sog. Zuwendungsnießbrauch typischerweise der Versorgung einer dem Zuwendenden nahestehenden Person (z. B. Ehepartner oder Kind). Der mit dem Nießbrauch belastete Vermögenswert wird nicht an den mit dem Nießbrauch Begünstigten übertragen, sondern hieran lediglich ein Nießbrauchrecht eingeräumt. Bewertungsrechtlich ist es unerheblich, ob es sich um einen Vorbehalts- oder Zuwendungsnießbrauch handelt; das Gleiche gilt für das Wohnrecht (nach § 1093 BGB das Recht, eine Immobilie zu bewohnen, ohne Eigentümer zu sein). Das Erbbaurecht (i. d. R. Grundvermögen) stellt auch ein Nutzungsrecht dar, wird aber nach "eigenen" Vorschriften bewertet (§§ 192 bis 194 BewG).
Ein Recht auf wiederkehrende Leistungen (Bezüge in Geld oder Geldeswert für eine gewisse zeitliche Dauer) liegt z. B. vor bei einem Rentenbezugsrecht (Leib- und Zeitrenten) vor. Renten sind laufende Bezüge in Geld oder Geldeswert, auf die der Empfänger eine gewisse Zeitdauer einen Anspruch hat, sodass die periodisch wiederkehrenden Bezüge auf einem einheitlichen Stammrecht (Rentenrecht) beruhen und dessen Früchte darstellen. Ein bewertungsfähiges Rentenrecht ist auch vorhanden, wenn der Empfänger zwar keinen klagbaren bürgerlich-rechtlichen Anspruch auf die Leistungen hat, aber mit Sicherheit mit dem fortlaufenden Bezug der Leistungen rechnen kann.
Gleiches gilt bei Pflegeleistungen oder auch bei Übernahme von häuslichen Arbeiten. Kaufpreisraten sind keine Leistungen in diesem Sinne, da sie lediglich Abzahlungscharakter haben.
Rz. 2
Es sind verschiedene Sachverhalte denkbar, die zu einer erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertungsverpflichtung von wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen führen. So kann z. B. eine Rente oder ein Nießbrauch durch ein testamentarisches Vermächtnis eingeräumt werden; diese müssen für den Vermögensanfall des Vermächtnisnehmers und für den Ansatz der Nachlassverbindlichkeiten beim Erben bewertet werden. Wird eine Schenkung eines bebauten Grundstücks mit einer Nutzungsauflage (Nießbrauch zugunsten des Schenkers = Vorbehaltsnießbrauch) oder einer Duldungsauflage (Nießbrauch zugunsten eines Dritten = Zuwendungsnießbrauch) belastet, ist (auch) der Nießbrauch zu bewerten; beim mit dem Grundstück Beschenkten ist der Nießbrauch bereicherungsmindernd zu berücksichtigen und i. R. einer Duldungsauflage beim Begünstigten als Bereicherung zu erfassen (mit Wahlrecht auf die Jahresversteuerung nach § 23 ErbStG). Aber auch i. R.d. Versorgungsfreibetrags (§ 17 Abs. 2 Satz 2 ErbStG) und der Ablösung der Jahressteuer (§ 23 Abs. 2 ErbStG) ist der Kapitalwert der Nutzung/Leistung zu berechnen.
Rz. 3
Zum übrigen Vermögen gehören Nutzungen/Leistungen (als Forderungen und als Verbindlichkeiten) privater Art. Die davon abzugrenzenden betrieblichen Nutzungen/Leistungen sind dem BV zuzurechnen. Nutzungen/Leistungen, die aus eigenen Wirtschaftsgütern fließen (z. B. Miete, Zins) sind insoweit keine besonders zu erfassenden Vermögenswerte. Diese sind mit dem Bedarfswert des betreffenden WG abgegolten, da das Eigentumsrecht auch das Recht auf seine Nutzungen und Leistungen umfasst.
Rz. 4
Maßgebend sind die tatsächlichen Verhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt. Nutzungen/Leistungen sind dann anzusetzen, wenn sie an diesem Stichtag entstanden sind. Sie dürfen z. B. nicht aufschiebend bedingt sein (s. § 4 BewG).
Rz. 5–6
vorläufig frei