Rz. 826
Eine teilentgeltliche Vermögensübertragung liegt vor, wenn die Gegenleistung betragsmäßig unter dem Verkehrswert des übertragenen Vermögens liegt, die Gegenleistung mithin nicht nach kaufmännischen Gesichtspunkten abgewogen ist, sondern mit Rücksicht auf die angestrebte vorweggenommene Erbfolge gewählt wurde. Als Gegenleistung kommen insbesondere Abstandszahlungen an den Übergeber, Gleichstellungsgelder an Dritte (regelmäßig Geschwister) oder die Übernahme privater Verbindlichkeiten des Übergebers oder Dritter in Betracht. In der Praxis anzutreffen sind häufig auch Gegenleistungen in Form von wiederkehrenden Bezügen, die je nach Gestaltung als Leib- oder Zeitrente ausgestaltet sein können. Die Tilgung der Gegenleistung kann entweder im Rahmen eines Einmalbetrages oder durch Ratenzahlung erfolgen.
Rz. 827
Keine Gegenleistung sind allerdings Versorgungsleistungen, die die Versorgung des Übergebers (oder seiner Ehefrau) nach der Vermögensübergabe absichern sollen. (hierzu im Einzelnen s. Rn. 850 ff.).
Rz. 828
vorläufig frei
18.2.2.1 Teilentgeltliche Vermögensübertragungen im Privatbereich
Rz. 829
Einkommensteuerliche Auswirkung von teilentgeltlichen Vermögensübertragungen von Privatvermögen kommen lediglich i. R.d. §§ 17, 20 Abs. 2 und 22 i. V. m. § 23 EStG in Betracht. Hinsichtlich der Ermittlung des Abschreibungsvolumens bei vermieteten Grundstücken ist auch partiell § 21 EStG berührt.
Rz. 830
Liegt die Gegenleistung unter dem Verkehrswert des übertragenen Vermögens, so ist eine teilentgeltliche Übertragung gegeben. Diese ist für einkommensteuerliche Zwecke in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil (Trennungstheorie) aufzuteilen (BMF vom 13.01.1993, BStBl I 1993, 80, Tz. 14; vom 26.02.2007, DStR 2007, 487; BFH vom 29.09.2021, BFH/NV 2022, 270). Es liegt daher ein vollentgeltlicher Teil vor, dessen Besteuerung sich nach dem EStG richtet, sowie ein unentgeltlicher Teil, dessen Besteuerung sich nach dem ErbStG richtet. Hinsichtlich des unentgeltlichen Teils führt der Übernehmer einkommensteuerlich gem. § 11d EStDV die Werte des Übergebers fort, hinsichtlich des entgeltlichen Teils sind beim Erwerber Anschaffungskosten in Höhe der Gegenleistung gegeben (s. auch Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 435). Wird der Übernehmer zusätzlich zu einer Sachleistung verpflichtet, die er aus dem eigenen Vermögen zu erbringen hat, so erhöht sich die Gegenleistung um den gemeinen Wert der Sachleistung. Liegt allerdings eine Weitergabeverpflichtung von Teilen des übertragenen Vermögens vor, ist darin kein einkommensteuerlich beachtliches Entgelt zu sehen. Gleiches gilt für einen Erb- oder Pflichtteilsverzicht, den der Übernehmer anlässlich der Vermögensübertragung erklärt (BFH vom 16.03.2001, BFH/NV 2001, 1113; s. auch Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 433).
Rz. 831
Ist die Gegenleistung aufschiebend bedingt oder befristet, führt sie erst im Zeitpunkt des Eintritts des ungewissen Ereignisses zu Veräußerungsentgelt und Anschaffungskosten (BMF vom 13.01.1993, BStBl II 1993, 80, Tz. 21 mit Berechnungsbeispiel). Ist die Gegenleistung betagt, also erst später fällig (Stundung länger als ein Jahr), ist der abgezinste Barwert anzusetzen. Die Differenz zum tatsächlich gezahlten Betrag stellt beim Empfänger (die Person des Empfängers differiert insbesondere bei Gleichstellungsgeldern regelmäßig vom Übergeber) Einkünfte gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Der Übernehmer hat in entsprechender Höhe Werbungskosten (BMF vom 13.01.1993, BStBl II 1993, 80, Tz. 20, 11 mit Berechnungsbeispiel).
V hat 2018 von seinem Vater G ein fremdvermietetes Mehrfamilienhaus geerbt, das dieser 2012 für 1 Mio. EUR erworben hatte. Der aktuelle Verkehrswert beträgt 1,5 Mio. EUR. V überträgt das Mehrfamilienhaus 2021 auf seinen Sohn S. S hat an V sofort eine Abstandszahlung von 400.000 EUR zu leisten sowie an seinen Bruder B eine Einmalzahlung von 600.000 EUR. Die fortgeschriebenen Anschaffungskosten im Zeitpunkt der Übertragung belaufen sich auf 900.000 EUR. Der Grundbesitzwert der Immobilie beträgt 1,5 Mio. EUR.
Lösung:
Die Immobilienübertragung stellt eine gemischt-freigebige Zuwendung dar, da S an V und an B Gegenleistungen von insgesamt 1 Mio. EUR zu erbringen hat. Die Übertragung ist in einen unentgeltlichen Teil (1/3), der den Regeln der Schenkungsteuer folgt, und einen entgeltlichen Teil (2/3), der den Regeln des Einkommensteuerrechts folgt, aufzuteilen.
Einkommensteuerlich ergibt sich ein Veräußerungsgewinn gem. §§ 22, 23 EStG i. H. v. 400.000 EUR (1 Mio. EUR ./. (900.000 EUR × 2/3)), den V zu versteuern hat. Die Besitzzeit des G wird zwar V zugerechnet (§ 23 Abs. 1 Satz 3 EStG), die Teilveräußerung liegt jedoch noch im Zehn-Jahres-Zeitraum.
Schenkungsteuerlich liegt eine gemischt-freigebige Zuwendung vor. Die Bereicherung des S ermittelt sich wie folgt:
Rz. 832
Werden im Rahmen der teilentgeltlichen Vermögensübertragung mehrere Vermögensgegenstände übertragen, z. B. ein fremdvermietetes Mehrfamilienhaus und ein (im Privatvermögen gehaltenes) Wertpapierdepot, so ist – sofern die Parteien keine Entgeltzuordnung getr...