Rz. 551
Bei Schenkungen zwischen Familienangehörigen besteht oftmals großes Gestaltungspotential. Dies resultiert daraus, dass je nach Verwandtschaftsgrad unterschiedliche Steuerklassen, Freibeträge und Steuersätze bestehen. Ein weiterer Grund liegt in der Möglichkeit der Aufspaltung einer Zuwendung in zwei getrennte Zuwendungen. So kann z. B. ein im Eigentum des Vaters stehendes Grundstück zunächst anteilig unter Ausschöpfung des Freibetrags von 500.000 EUR auf die Ehefrau (Mutter) übertragen werden, bevor beide Elternteile ihren Anteil am Grundstück auf das Kind übertragen. Die Zuwendung wird daher – vor der eigentlichen Übertragung – in zwei getrennte Zuwendungen aufgespalten, was dazu führt, dass die Freibeträge doppelt zu gewähren sind. Auch ist in diesen Fällen ggf. eine Progressionsminderung gegeben, da jede Schenkung bei der Ermittlung des Steuersatzes einzeln und getrennt von der anderen Schenkung zu betrachten ist. Erforderlich bei solchen Gestaltungen ist allerdings, dass die einzelnen Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten eindeutig und klar zu Tage treten.
Rz. 552
Schenken Eltern ihrem Kind einen Gegenstand, der im Eigentum beider Elternteile steht (z. B. ein Grundstück, das hälftig im Eigentum beider Elternteile steht), so liegen zwei Schenkungen vor, da die Vermögensmassen beider Elternteile gemindert werden und das Kind von beiden Elternteilen bereichert wird. Es kommt jeweils Steuerklasse I zur Anwendung. Der Freibetrag von 400.000 EUR kann für jede Schenkung in Anspruch genommen werden. Darüber hinaus können im Fall des Vorversterbens des bedachten Kindes beide Elternteile die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG beanspruchen, soweit sie das Kind beerben. Leben die Eltern im Güterstand der Gütergemeinschaft und verfügen sie daher nur über gemeinschaftliches Vermögen (Gesamtgut), kann ohne nähere Prüfung von einer Schenkung jedes Ehegatten an das gemeinsame Kind ausgegangen werden. Dies wäre allenfalls dann anders zu sehen, wenn es sich um eine Schenkung an ein Kind handelt, das nur zu einem der Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht. In diesem Fall sollte – beim Fehlen ausdrücklicher Regelungen – lediglich eine Schenkung anzunehmen sein.
Rz. 553
Ebenso wie auf Seiten des Zuwendenden mehrere Personen auftreten können, besteht die Möglichkeit, dass mehrere Personen beschenkt werden. Wird eine Zuwendung an Eheleute vorgenommen, so sind im Zweifel beide Ehegatten bedacht. Eine andere Beurteilung kann sich dann allerdings ergeben, wenn Zuwendungen von Eltern an ein verheiratetes Kind vorliegen. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn es sich um eine betragsmäßig größere Zuwendung handelt, die auf familien- oder erbrechtlichen Gründen beruht (vorweggenommene Erbfolge). Eine Zuwendung an das Schwiegerkind wird dann im Zweifel nicht gewollt sein (s. BFH vom 18.07.2013, DStR 2013, 2103). Aber auch hier gilt der Grundsatz, derartige Zweifel erst überhaupt nicht aufkommen zu lassen, indem im Übertragungsvertrag eindeutig geregelt wird, wer der Bedachte sein soll.
Rz. 554
Bei Zuwendungen an minderjährige Kinder sind Besonderheiten zu beachten, die aus deren Geschäftsunfähigkeit bzw. beschränkter Geschäftsfähigkeit resultieren (die Schenkung eines KG-Anteils an einen Nasciturus ist bereits zivilrechtlich mangels Eintragungsfähigkeit im Handelsregister nicht möglich, vgl. OLG Celle vom 30.01.2018, ZEV 2018, 470). So sind Kinder bis zur Vollendung des siebten Lebensjahres nach § 104 BGB geschäftsunfähig und nach § 106 BGB bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres nur beschränkt geschäftsfähig. In solchen Fällen kann ein wirksamer Vertrag mit dem Kind nur unter Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters, wobei regelmäßig ein Ergänzungspfleger (§ 181 BGB) notwendig ist, und – je nach Lage des Falls – durch Einholung einer familiengerichtlichen Genehmigung abgeschlossen werden (Einzelheiten zu den zivilrechtlichen Erfordernissen vgl. Heuser, NWB-EV 2021, 308 und 335). Eines Ergänzungspflegers bedarf es nicht, wenn das Rechtsgeschäft dem Minderjährigen lediglich einen rechtlichen Vorteil (§ 107 BGB) verschafft. Fraglich ist in der Praxis oftmals, wann ein lediglich rechtlicher Vorteil vorliegt. Dies ist dann nicht der Fall, wenn durch die Schenkung für den Minderjährigen auch persönliche Verpflichtungen begründet werden. Beispiele hierfür sind Schenkungen unter Auflage, Schenkungen mit Rückgabeklausel, Schenkung eines Mietwohngrundstücks (wegen § 566 BGB), Schenkung eines Personengesellschaftsanteils (persönliche Haftung für Verbindlichkeiten der Personengesellschaft). Hingegen sind Zuwendungen, die in einem bereits belasteten Zuwendungsgegenstand bestehen (z. B. Nießbrauch, Grundschuld), wiederum lediglich rechtlich vorteilhaft, da die auf dem Zuwendungsgegenstand lastende Forderung den Zuwendungsvorteil lediglich beschränkt (Ellenberger in Grüneberg, § 107 BGB Rn. 4 mit weiteren Einzelfällen). Die Rspr. hierzu ist stark einzelfallgeprägt (vgl. z. B. BGH vom 25.11.2004, NJW 2005, 415 einerseits...