Rz. 275
Der bisherige § 10 Abs. 6 Satz 5 ErbStG (a. F.) wird gestrichen, da er unter den neuen Satz 3
fällt, und der bisherige Satz 6 wird zu Satz 11.
Die Sätze 4 und 5 bestätigen noch einmal, dass die Grundsätze von Satz 3 auch für die Steuerbefreiungen nach §§ 13a und 13c ErbStG gelten. Dies soll klarstellen, dass bei Schulden, die im Zusammenhang mit Betriebsvermögen i. S. d. § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG stehen, kein unbegrenzter Schuldenabzug möglich ist.
Als Beispiele für Schulden und Lasten, die nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen stehen, können z. B. Pflichtteilsverbindlichkeiten, Konsumentendarlehen, Steuerschulden oder Zugewinnausgleichszahlungsverpflichtungen für den Erben gelten. Mit der Änderung soll "zur Vermeidung von ungerechtfertigten Steuervorteilen" aus fiskalpolitischen Gründen erreicht werden, Schulden und Lasten, die nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen stehen, anteilig zu kürzen (vgl. Dorn, NWB-EV 2021, 52 (54); Christopeit, ErbR 2021, 391 (392)).
Es kommt nunmehr folglich zum anteiligen Schuldenabzug. Abzugsfähig sind die Schulden nur mit dem Betrag, der dem Verhältnis des Wertes nach §§ 13a, 13d ErbStG zu dem Wert vor Anwendung der §§ 13a, 13d ErbStG entspricht.
Die Regelung des § 10 Abs. 6 Sätze 5–10 ErbStG sehen eine schrittweise Betrachtung vor: Nach dem neuen Satz 5 werden die Schulden und Lasten, die in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen stehen, im ersten Schritt anteilig allen Vermögensgegenständen des Erwerbs (= dem Grunde nach) zugerechnet. Im zweiten Schritt wird dann gem. § 10 Abs. 6 Satz 7 ErbStG (n. F.) die jeweilige Höhe des Anteils der jeweiligen Last oder Schuld bestimmt, die dem einzelnen Vermögensgegenstand zuzurechnen ist. Hierfür wird ein Wertverhältnis gebildet zwischen dem Wert des jeweiligen Vermögensgegenstandes nach Abzug der mit diesem in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schuld oder Last und dem Gesamtwert der Vermögensgegenstände nach Abzug aller mit diesen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten.
Nach § 10 Abs. 6 Satz 6 ErbStG (n. F.) bleiben dabei die Kosten i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG (Beerdigungskosten usw.) ausgenommen, da sie erst durch den Eintritt des Erbfalls begründet werden.
Aus Übersichtlichkeits- und Vereinfachungsgründen ist gem. § 10 Abs. 6 Satz 8 ErbStG (n. F.) bei den Steuerbefreiungen nach den §§ 13a und 13c ErbStG bei der Aufteilung der nicht direkt zurechenbaren Schulden und Lasten nicht auf jeden einzelnen Vermögensgegenstand, sondern auf die Summe des begünstigten Vermögens abzustellen. Es ist zu beachten, dass bei der Aufteilung der Schulden in Erbfällen also auch nach den Nettowerten berechnet wird. Da dies über § 1 Abs. 2 ErbStG auch für Schenkungsfälle gelten muss, dürfte RE 7.4 Abs. 3 Satz 4 ErbStG geändert werden müssen, der auf die Steuerwerte abstellt. Andernfalls käme es zu einer unterschiedlichen Behandlung von Schenkungs- und Erbfällen.
Im dritten Schritt wird gem. § 10 Abs. 6 Satz 9 ErbStG der Abzug der anteiligen Schulden und Lasten begrenzt, soweit der Vermögensgegenstand steuerbefreit ist. Zudem wird nach § 10 Abs. 6 Satz 10 ErbStG auch der Abzug der anteiligen Schulden und Lasten bei einer Steuerbefreiung nach §§ 13a und 13c ErbStG begrenzt, soweit für das begünstigte Vermögen eine Steuerbefreiung gewährt wird. Im dritten Schritt findet also die tatsächliche Schuldenkürzung statt.
Rz. 276
Interessanterweise enthalten die §§ 13a–13d ErbStG keine dem § 13 Abs. 3 Satz 2 ErbStG entsprechende Vorschrift, d. h. ein Verzicht auf die Steuerbefreiung ist nicht vorgesehen. Bei Betriebsvermögen ist dies nur von begrenzter Relevanz, da dort die Schulden in der Regel bereits im Wert des Betriebsvermögens selbst erfasst werden und nur in Ausnahmefällen ein Abzug als Nachlassverbindlichkeiten in Betracht kommt. Auch bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben werden die Schulden bei der Ermittlung des Werts des Betriebs berücksichtigt, sofern sie nicht im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern stehen, die nicht erfasst werden (§ 158 Abs. 5 BewG). Von größerer Relevanz ist die Vorschrift jedoch für Anteile an Kapitalgesellschaften sowie den nach § 13d ErbStG begünstigten Grundbesitz. Hier führt die derzeitige Regelung dazu, dass sich die Steuervergünstigungen für den Steuerpflichtigen nachteilig auswirken, wenn die Schulden höher sind als die Gegenstände selbst.
Erblasser E kauft kurz vor seinem Tod ein Mietwohngrundstück für 1.000.000 EUR, das er zu 100 % fremdfinanziert. Der Steuerwert des Grundstücks beträgt 900.000 EUR. Im Übrigen hinterlässt E Vermögen i. H. v. 500.000 EUR.
Lösung:
Rz. 276a
Zu beachten ist ferner, dass in dem Fall, in dem eine Steuerbefreiung rückwirkend gemindert wird oder gar ganz entfällt (z. B. bei Nichteinhaltung der Behaltensfristen oder bei Nichterreichung der Lohnsummen beim Betriebsvermögen, bei denkmalsgeschützten E...