Hintergrund:
Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt u.a. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft begründet, der Grunderwerbsteuer, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden würden (sog. Anteilsvereinigung). Mit dem Anteilserwerb wird grunderwerbsteuerrechtlich derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen (ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. BFH, Urteil v. 12.2.2014, II R 46/12, BStBl II 2014 S. 536, Rz. 14,17, m.w.N.). Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechung, dass demjenigen, der mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft in seiner Hand vereinigt, eine dem zivilrechtlichen Eigentum vergleichbare Rechtszuständigkeit an dem Gesellschaftsgrundstück zuwächst.
A und ein weiterer Gesellschafter (O) gründeten eine GmbH, deren Stammkapital sie je zur Hälfte übernahmen. Die GmbH erwarb Grundbesitz. Mit notariellem Vertrag vom 28.12.2005 trat O seinen Geschäftsanteil unter Hinweis auf einen zuvor mündlich geschlossenen Kaufvertrag an die GmbH ab. Das Finanzamt sah damit den Tatbestand einer Anteilsvereinigung i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG verwirklicht und erließ gegen O einen Grunderwerbsteuerbescheid. Einspruch und Klage des A gegen diesen Bescheid blieben erfolglos.
Entscheidung des BFH:
Der BFH folgte der Auffassung des Finanzamts und entschied, dass mit dem Abschluss des Vertrags vom 28.12.2005 gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG Grunderwerbsteuer entstanden sei.
Zwar habe hier nicht A selbst, sondern die GmbH den Geschäftsanteil des O gekauft; der Tatbestand der Anteilsvereinigung sei dennoch erfüllt. Der Kaufvertrag – so der BFH - ist auch in diesem Fall darauf gerichtet, dass A als einzig verbleibender Gesellschafter der grundbesitzenden GmbH eine dem zivilrechtlichen Eigentum an einem Grundstück vergleichbare Rechtszuständigkeit an dem Gesellschaftsgrundstück erwirbt. Zivilrechtlich kann eine GmbH zwar eigene Anteile halten (§ 33 Abs. 2 und 3 GmbHG); das ändert aber nichts daran, dass sie begrifflich keine von ihr selbst verschiedene Person sein kann. Der Gesellschafter, der mindestens 95 % der nicht von der GmbH gehaltenen Anteile an dieser hält, beherrscht das Vermögen der Gesellschaft in gleicher Weise, wie wenn der GmbH selbst keine Anteile zustünden.
Hinweis:
Mit dieser Entscheidung hat der BFH klargestellt, dass bei der Prüfung, ob der einzig verbliebene Gesellschafter einer GmbH die erforderliche Beteiligungsquote von 95 % erreicht und damit eine Anteilsvereinigung i.S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG vorliegt, die Gesellschaftsanteile, die die GmbH selbst hält, unberücksichtigt bleiben.
Gleiches hat der BFH auch schon für solche Anteile entschieden, die eine 100 %ige Tochtergesellschaft der GmbH hält (vgl. BFH-Urteil v. 18.9.2013, II R 21/12, BStBl II 2014 S. 326, Rz. 19, m.w.N.). Den Grund für jene Entscheidung hat der BFH darin gesehen, dass die GmbH aufgrund ihrer Stellung als Alleingesellschafterin die rechtliche Möglichkeit hat, ihren Willen bei der Tochtergesellschaft in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise durchzusetzen. Umgekehrt kann die Tochtergesellschaft gegenüber der GmbH keinen eigenen Willen entfalten.
BFH, Urteil v. 20.1.2015, II R 8/13, veröffentlicht am 18.3.2015
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