Beiträge des Arbeitgebers für eine private Zusatzkrankenversicherung sind Sachbezug
Hintergrund: Arbeitgeber gewährt Versicherungsschutz
Der Arbeitgeber schloss als Versicherungsnehmer für die Mietarbeiter seines Unternehmens bei zwei Versicherungsgesellschaften eine Zusatzkrankenversicherung für Vorsorgeuntersuchungen, stationäre Zusatzleistungen sowie Zahnersatz ab. Die für den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers A vom Arbeitgeber gezahlten monatlichen Beiträge (36,42 EUR) blieben unter der Freigrenze von 44 EUR nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG. Gleichwohl berücksichtigte sie das FA bei der Festsetzung der ESt für 2014 bei den Einkünften des A aus nichtselbständiger Arbeit, da es sich um Barlohn und nicht um Sachlohn handele. Dem widersprach das FG und gab der Klage statt. Der BFH bestätigte das FG und wies die Revision des FA zurück.
Entscheidung: Versicherungsschutz durch den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer führt zu Sachlohn
Nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG bleiben nur Sachbezüge – nicht Barlohn – außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt die Grenze von 44 EUR im Monat nicht übersteigen. Bar- und Sachlohn sind nach dem Rechtsgrund des Zuflusses zu unterscheiden. Kann der Arbeitnehmer auf der Grundlage des Arbeitsvertrags lediglich die Sache selbst beanspruchen, liegen Sachbezüge vor, die unter die Freigrenzenregelung fallen.
Unerheblich ist dabei, ob der Arbeitnehmer die Sache unmittelbar vom Arbeitgeber erhält oder ob er sie von einem Dritten auf Kosten des Arbeitgebers bezieht. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer selbst Vertragspartner des Dritten geworden ist oder der Arbeitgeber die Sachleistung beim Dritten bezieht. Hat der Arbeitnehmer dagegen (auch) einen Anspruch darauf, dass sein Arbeitgeber ihm anstelle der Sache den Barlohn in Höhe des Werts der Sachbezüge ausbezahlt, liegen auch dann keine Sachbezüge, sondern Barlohn vor, wenn der Arbeitgeber die Sache zuwendet (BFH v. 11.11.2010, VI R 21/09, BStBl II 2011, 383, VI R 27/09, BStBl II 2011, 386, VI R 41/10, BStBl II 2011, 389). An dieser Rechtsprechung hält der BFGH in Übereinstimmung mit der nahezu einhelligen Schrifttumsmeinung fest.
Abweichung von der Verwaltungsauffassung
Nach der Auffassung der Verwaltung führt bei Zukunftssicherungsleistungen die Beitragszahlung des Arbeitgebers "in der Regel" auch dann zum Zufluss von Barlohn und damit zur Nichtanwendung der 44-EUR-Freigrenze, wenn der Arbeitgeber Versicherungsnehmer und versicherte Person der Arbeitnehmer ist (BMF, Schreiben v. 10.10.2013, BStBl I 2013, 1301). Dem widerspricht der BFH. Eine "wirtschaftliche Betrachtungsweise" in dem Sinne, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Mittel zur Verfügung stellt und dieser sie für seine Zukunftssicherung verwendet, scheidet aus, da es für die Abgrenzung von Bar- und Sachlohn allein auf den Rechtsgrund des Zuflusses und die arbeitsvertragliche Regelung ankommt. Damit bleibt im Streitfall die Freigrenzenregelung anwendbar. Denn A hat von seinem Arbeitgeber unstreitig keinen Anspruch auf Auszahlung eines Geldbetrags, sondern lediglich auf zusätzlichen Versicherungsschutz erhalten. Ihm ist kein Gut in Geld, sondern in Geldeswert (Sachlohn) zugeflossen. Da die Freigrenze von 44 EUR/Monat nicht überschritten war, war die Leistung insoweit steuerfrei.
Hinweis: Kein Sachlohn, sondern Barlohn bei Zuschüssen des Arbeitgeber für eine Versicherung des Arbeitnehmers
Der BFH bestätigt damit die bisherige Rechtsprechung (BFH v. 14.4.2011, VI R 24/10, BStBl II 2011, 767). Danach liegt in der Gewährung von Krankenversicherungsschutz in Höhe der geleisteten Beiträge Sachlohn, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags von seinem Arbeitgeber ausschließlich Versicherungsschutz und nicht auch eine Geldzahlung verlangen kann. Dementsprechend hat der BFH in einem Parallelfall (BFH v. 4.7.2018, VI R 16/17, Barlohn angenommen. Die Mitarbeiter hatten unmittelbar mit der Versicherungsgesellschaft private Zusatzversicherungsverträge abgeschlossen und die Beiträge selbst überwiesen. Dafür erhielten sie vom Arbeitgeber monatliche Zuschüsse auf ihr Gehaltskonto ausgezahlt.
Unterschiedliche Behandlung von Bar- und Sachlohn
In der unterschiedlichen Behandlung von Bar- und Sachlohn sieht der BFH keinen Gleichheitsverstoß. Der Unterschied ist nicht in der Definition des Sachbezugs durch die BFH-Rechtsprechung begründet, sondern ist im Hinblick auf die Typisierungs- und Vereinfachungsfunktion zur Beseitigung von Erfassungs- und Bewertungsschwierigkeiten im Gesetz selbst angelegt. Ergänzend bemerkt der BFH, dass die Anwendung der Regelung auf Zukunftssicherungsleistungen die Freigrenze aufzehren kann, so dass bei weiteren Sachleistungen für die Steuerfreistellung kein Raum mehr bleibt oder die Steuerfreistellung wegen Überschreitens der Freigrenze insgesamt entfallen kann.
BFH, Urteil v. 7.6.2018, VI R 13/16; veröffentlicht am 12.9.2018.
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