Bekanntgabe an Bevollmächtigten

Die Bevollmächtigung nach § 80 Abs. 1 AO kann sowohl mündlich oder schriftlich, ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten (konkludent) erfolgen. Daneben kommen auch die Rechtsgrundsätze zur Anscheinsvollmacht und Duldungsvollmacht zur Anwendung.

Beauftragung eines Bevollmächtigten 

Die Bevollmächtigten der Kläger wurden zunächst mit der Nacherklärung von Kapitaleinkünften für die Jahre 2008 bis 2001 beauftragt. Hierzu legten sie dem Finanzamt neben der Vertretungsvollmacht auch eine Empfangsvollmacht vor. Auf Anforderung des Finanzamtes reichten sie auch die Anlagen KAP für die Jahre 2004 bis 2007 ein.

Bekanntgabe des Steuerbescheids 

Der aufgrund der Nacherklärung geänderte ESt-Bescheid 2004 wurde den Bevollmächtigten am 21.12.2015 – noch innerhalb der zehnjährigen Festsetzungsfrist – zugestellt. Im Jahr 2016 beantragten die Kläger beim Finanzamt die Feststellung der Nichtigkeit dieses Bescheids, weil er nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden sei. Für dieses Jahr habe keine Bevollmächtigung (zum Empfang eines Steuerbescheids) bestanden.

Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Die Bevollmächtigten hätten ausweislich einer Aktennotiz vor Erlass des Bescheids telefonisch erklärt, dass die übersandte Vollmacht auch für das Jahr 2004 gelte.

Anforderungen an die Bevollmächtigung 

Das FG hat dem Finanzamt Recht gegeben und die Klage als unbegründet abgewiesen.

Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts kann nach § 122 Abs. 1 Satz 3 AO auch gegenüber einem Bevollmächtigten erfolgen. Die Bevollmächtigung setzt eine einseitige empfangsbedürftige Erklärung des Vollmachtgebers gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder einem Dritten voraus. Die Vollmachtserteilung bedarf grundsätzlich keiner Form. und kann sowohl mündlich oder schriftlich, ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten (konkludent) erfolgen. Daneben kommen auch die Rechtsgrundsätze zur Anscheins- und Duldungsvollmacht zur Anwendung.

Die Bevollmächtigung erfolgte im Verwaltungsverfahren zumindest durch konkludentes Handeln der Kläger. Dieses liegt in der Beauftragung der Bevollmächtigten, die Kapitaleinkünfte unter anderem des Jahres 2004 zu ermitteln und gegenüber dem Finanzamt zu erklären. Denn nach der Rechtsprechung des BGH enthält die Übertragung einer Aufgabe, deren ordnungsgemäße Erfüllung eine bestimmte Vollmacht erfordert, zugleich regelmäßig stillschweigend eine Bevollmächtigung. Diese Vertretungsvollmacht berechtigte auch zum Empfang des Änderungsbescheids.

Sollten die Kläger keinen Willen zur Bevollmächtigung gehabt haben, ergibt sich eine Bevollmächtigung der Prozessbevollmächtigten im Verwaltungsverfahren aus den Grundsätzen der „Duldungsvollmacht“. Die Kläger wussten aufgrund des Auftragsverhältnisses, dass die Prozessbevollmächtigten die verschwiegenen Kapitaleinkünfte nacherklärten und das Finanzamt durfte bei verständiger Würdigung davon ausgehen, dass die Prozessbevollmächtigten seitens der Kläger bevollmächtigt waren.

Umfang der Vollmacht 

Der Umfang der Vollmacht ist durch Auslegung unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts zu ermitteln. Vorliegend war sie auf die Nacherklärung von Einkünften beschränkt. In diesem Rahmen ermächtigte sie aber auch zum Empfang von Verwaltungsakten. Es bleibt abzuwarten, ob die finanzgerichtliche Entscheidung Bestand haben wird, denn die Kläger haben Rev. eingelegt, Az. beim BFH VIII R 19/19, die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache auch zugelassen wurde.

FG Köln, Urteil v. 23.5.2019, 1 K 999/16, Haufe Index 13318655


Schlagworte zum Thema:  Verwaltungsakt, Vollmacht, Steuerbescheid