Echte und unechte Realteilung

Hintergrund: Aufteilung des Gesellschaftsvermögens
Gesellschafter der A-GmbH & Co. KG (KG 1) waren der Vater (V) zu 90 %, sein Sohn (S) zu 10 % und die A-GmbH als Komplementärin zu 0 %. Gegenstand der KG 1 war die Aufstellung von Spielautomaten. In 2005 wurde die KG 1 aufgelöst. S übernahm den überwiegenden Teil des Betriebsvermögens und führte den Betrieb der KG 1 als Einzelunternehmen fort. V übernahm u. a. das Grundstück und stellte es der C-GmbH & Co. KG (KG 2), an der er beteiligt war und die ebenfalls im Spielautomatengeschäft tätig war, zur Verfügung.
Das FA behandelte den Vorgang als Sachwertabfindung eines ausscheidenden Gesellschafters. V habe seinen Mitunternehmeranteil entgeltlich auf S übertragen und daraus einen Veräußerungsgewinn erzielt. Das FG bejahte dagegen eine gewinnneutrale Realteilung.
Entscheidung: Echte Realteilung
Der BFH bestätigt das FG-Urteil im Streitpunkt. Er verweist auf das Urteil v. 17.9.2015, III R 49/13, BStBl II 2017, 37. Danach finden die Regelungen über die Realteilung sowohl – wie bisher – bei vollständiger Auflösung der Mitunternehmerschaft und Verteilung des Betriebsvermögens ("echte Realteilung") als auch dann Anwendung, wenn (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mitnahme von mitunternehmerischem Vermögen aus einer zwischen den übrigen Mitunternehmern fortbestehenden (nicht aufgelösten) Mitunternehmerschaft ausscheidet ("unechte Realteilung"). Ob eine echte oder unechte Realteilung vorliegt, richtet sich somit danach, ob die Mitunternehmerschaft aufgelöst wird (echte Realteilung) oder ob sie fortbesteht und nur (mindestens) ein Mitunternehmer unter Mitnahme mitunternehmerischen Vermögens ausscheidet (unechte Realteilung).
Demnach kommt im Streitfall nur eine echte Realteilung in Betracht. Denn die KG 1 wurde durch Beschluss von V und S aufgelöst und im Wege der Naturalteilung auseinandergesetzt. Die Realteilung ist ein Sonderfall der Betriebsaufgabe. Voraussetzung ist daher im Fall der unechten Realteilung die Aufgabe eines Anteils oder im Fall der echten Realteilung die Aufgabe des Betriebs. Im Streitfall hat die KG 1 ihren Betrieb aufgegeben, weil V und S die Auflösung der KG 1 beschlossen haben. Die Auflösung einer Mitunternehmerschaft führt zur Aufgabe des Betriebs. Denn mit der Auflösung der Gesellschaft entfällt ihr Erwerbszweck. Auch die übrigen Voraussetzungen einer (echten) Realteilung sind gegeben. Im Zuge der Auseinandersetzung wurden einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen.
Hinweis: Personen- und objektbezogene Betrachtung
Die Anwendung der Realteilungsgrundsätze setzt nicht voraus, dass alle Mitunternehmer die ihnen zugeteilten Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelnen Wirtschaftsgüter in ein eigenes Betriebsvermögen übertragen. Insoweit ist eine personen- und objektbezogene Betrachtung erforderlich. Es genügt, dass einer der Realteiler eine der ihm zugeteilten Betriebsgrundlagen in ein eigenes Betriebsvermögen übernimmt, wobei es sich auch um Sonderbetriebsvermögen bei einer anderen Mitunternehmerschaft handeln kann (hier: KG 2). Das folgt aus dem Sinn der Realteilung, Umstrukturierungsmaßnahmen durch die steuerneutrale Übertragung von Betriebsvermögen zu erleichtern, sofern das unternehmerische Engagement in anderer Form fortgesetzt wird. Der Aufschub der Versteuerung anlässlich einer Betriebsaufgabe an sich aufzudeckender stiller Reserven soll jedoch nur insoweit (objektbezogen) erfolgen, als das erhaltene Betriebsvermögen tatsächlich in einem anderen eigenen Betriebsvermögen weitergenutzt wird. Ist das nicht der Fall, werden die stillen Reserven durch Ansatz des gemeinen Werts aufgedeckt. Insoweit entsteht auf der Ebene der Gesellschaft ein Aufgabegewinn, der den einzelnen Realteilern entsprechend der allgemeinen Gewinnverteilungsquote zugerechnet wird.
BFH, Urteil v. 16.3.2017, IV R 31/14, veröffentlicht am 21.6.2017
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