GrESt bei Aufstockung einer Beteiligung
Hintergrund: 100 %-Veräußerung innerhalb von 5 Jahren
Y war Kommanditist der grundbesitzenden Y-KG. Mit Vertrag vom 9.4.2000 verkaufte er eine Kommandit- und Hafteinlage (49 %) sowie 51 von 100 Gesellschafterstimmen an die EF-GmbH u. Co. KG. Später übertrug er der EF weitere 1 %. In einer Regulierungsvereinbarung bot Y der EF (und einem gewissen H) den Kauf seiner verbliebenen KG-Beteiligung von 50 % an der Y-KG an (44 % für EF und 6 % für H). Gleichzeitig gewährte die EF dem Y ein befristetes Darlehen. Zur Sicherung des Darlehens sollte Y die verbliebene Beteiligung an der Y-KG an EF abtreten. Das Darlehen sollte mit der Annahme des Angebots auf Erwerb der Beteiligung durch EF zur Rückzahlung fällig und durch Verrechnung mit dem Kaufpreisanspruch des Y aus der Veräußerung des Kommanditanteils getilgt werden.
In dem Sicherungsabtretungsvertrag vom 30.12.2004 (also innerhalb des Fünfjahreszeitraums) vereinbarten Y und EF, dass Y die Beteiligung an der Y-KG (50 %) einschließlich 49 Gesellschafterstimmen zur Sicherung der Darlehensansprüche der EF an diese abtritt. EF trat den KG-Anteil zugleich wieder an Y ab, wobei diese Rückabtretung wirksam werden sollte, sobald die Ansprüche der EF gegenüber Y aus dem Darlehensvertrag erfüllt waren. Die Sicherungsabtretung wurde weder in das HR eingetragen noch dem FA mitgeteilt. Am 15.11.2005 nahmen EF und H die ihnen in der Regulierungsvereinbarung angebotenen Kauf- und Abtretungsangebote an. Sie wurden als Kommanditisten der Y-KG mit Einlagen von 94 % bzw. 6 % in das HR eingetragen. Die Darlehensforderung der EF gegen Y wurde durch Verrechnung mit dem Kaufpreis für den Kommanditanteil getilgt.
Das FA ging davon aus, durch die Sicherungsabtretung an die EF sei diese (als Treuhänderin) Gesellschafterin der Y-KG geworden. Innerhalb von 5 Jahren habe sich damit der Gesellschafterbestand der Y-KG zu 100 % geändert (§ 1 Abs. 2a GrEStG). Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, der Sicherungsabtretungsvertrag vom 30.12.2004 sei kein bloßes Angebot des Y zur Abtretung des Kommanditanteils gewesen, sondern habe zum Übergang des Anteils von 50 % auf EF geführt.
Entscheidung: Aufstockung durch den bisherigen Gesellschafter
Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als ein auf die Übereignung dieses Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Ein Gesellschafter ist neu i. S. d. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG, wenn er zivilrechtlich erstmals ein Mitgliedschaftsrecht an einer bestehenden grundbesitzenden Personengesellschaft erwirbt oder wenn er innerhalb von fünf Jahren nach dem erstmaligen Erwerb des Mitgliedschaftsrechts seine Beteiligung durch den Erwerb weiterer Anteile aufstockt. Die Eigenschaft als neuer Gesellschafter verliert ein Gesellschafter erst mit Ablauf von 5 Jahren.
Dementsprechend führt der Sicherungsabtretungsvertrag vom 30.12.2004 zu einer steuerbaren Änderung des Gesellschafterbestands. Aufgrund dieses Vertrags hat die EF, die am 9.4.2000 bereits 49 % und am 25.1.2001 weitere 1% der Anteile an der KG erhalten hatte, den restlichen KG—Anteil (= 50 %) von Y erworben und war damit zu 100 % als Kommanditistin an der KG beteiligt. Der Gesellschafterbestand hat sich innerhalb des Fünfjahreszeitraums geändert. Die KG-Anteile sind sukzessive von Y auf EF übergegangen. Die Würdigung des FG, der Sicherungsabtretungsvertrag beinhalte die Abtretung des restlichen Kommanditanteils und nicht lediglich ein Angebot, ist zutreffend. Dafür sprechen der Wortlaut und auch die Regelungen über die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte bei der Y-KG durch EF.
Die Steuerfestsetzung hatte nicht wegen eines Rückerwerbs nach § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG zu unterbleiben. Es fehlt bereits an einer ordnungsgemäßen Anzeige des Erwerbsvorgangs nach § 16 Abs. 5 GrEStG. Es kann daher dahinstehen, ob die Vereinbarungen im Sicherungsabtretungsvertrag vom 30.12.2004 zur bedingten Rückabtretung des KG-Anteils im Zusammenhang mit der Annahme der Kaufangebote vom 15.11.2005 und der Verrechnung der Darlehensforderung der EF mit dem Kaufpreisanspruch des Y insgesamt zu einer vollständigen Aufhebung und Rückabwicklung des ursprünglichen Erwerbsvorgangs geführt haben. Die Y-KG hatte den Erwerbsvorgang aufgrund des Sicherungsabtretungsvertrags vom 30.12.2004 dem FA nicht angezeigt, obwohl sie dazu als Steuerschuldnerin nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3a GrEStG verpflichtet war.
Hinweis: Neuer Gesellschafter ohne Gesellschafterwechsel
Eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestands i. S. v. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG liegt vor, wenn ein Mitgliedschaftsrecht an der grundbesitzenden Personalgesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht. Neu ist ein Gesellschafter nicht nur, wenn er erstmals ein Mitgliedschaftsrecht erwirbt, sondern auch, wenn innerhalb des Fünfjahreszeitraums nach dem erstmaligen Erwerb des Mitgliedschaftsrechts seine Beteiligung durch den Erwerb weiterer Anteile aufstockt. Daher kann auch die Änderung der Beteiligung eines neuen Mitglieds innerhalb des Fünfjahreszeitraums zur Tatbestandsverwirklichung führen, auch wenn sich dadurch der Gesellschafterbestand als solcher zivilrechtlich nicht ändert.
BFH, Urteil v. 17.5.2017, II R 35/15, veröffentlicht am 12.7.2017
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