Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht nach dem Erbschaftsteuergesetz
Lebenslanges Nießbrauchrecht an Grundbesitz
Der Kläger sowie dessen Mutter – beide deutsche Staatsangehörige – verlegten im November 2011 ihren jeweiligen alleinigen Wohnsitz von München in die Schweiz.
Dem Kläger wurde von der Mutter im Dezember 2011 ein in der Schweiz gelegenes Grundvermögen (Wohnhaus und Garage) unter Einräumung eines lebenslangen Nießbrauchs im Wege einer Schenkung übertragen und es erfolgte die Eintragung im Grundbuch als Eigentümer. Dies teilte der Kläger im November 2017 unter Vorlage des Schenkungsvertrags von Dezember 2011 dem beklagten Finanzamt aufgrund dessen Nachfrage im Zusammenhang mit dem Erbschaftsteuerverfahren bezüglich der im Februar 2013 verstorbenen Mutter mit. Mit weiterem Schreiben gab der Kläger gegenüber dem Finanzamt den Verkehrswert für das oben genannte Grundstück zum 19.11.2012 mit X CHF an. Darauf setzte das Finanzamt Schenkungsteuer fest. Gegen den Bescheid legte der Kläger Einspruch ein, den er damit begründete, dass die Vorschrift § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG rechtswidrig und daher nicht anzuwenden sei, sodass eine Besteuerung der Schenkung im Dezember ausscheide. Durch Einspruchsentscheidung wurde der Einspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen richtete sich die Klage. Zur Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor: § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG verstoße gegen den Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), gegen Europarecht sowie gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Das Finanzamt beantragte, die Klage abzuweisen.
Vorliegen der Steuerpflicht
Das Finanzgericht sieht die Klage als unbegründet an. Es begründet seine Entscheidung insbesondere wie folgt: Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG tritt die Steuerpflicht in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1-3 ErbStG für den gesamten Vermögensanfall ein, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer ein Inländer ist (unbeschränkte Steuerpflicht). Als Inländer gelten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben. Die Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig, denn aufgrund des Schenkungsvertrags ist der Besteuerungstatbestand von § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG und § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt.
Vorliegen der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht
Darüber hinaus ist im Streitfall die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG gegeben, da sowohl der Kläger als Erwerber als auch die Mutter als Schenkerin im Zeitpunkt der Steuerentstehung bzw. Ausführung der Schenkung als Inländer galten: So waren sowohl der Kläger als auch die Überlasserin deutsche Staatsangehörige und haben im November 2011 ihre jeweiligen alleinigen Wohnsitze von Deutschland in die Schweiz verlegt.
Da der Kläger kurze Zeit nach der Wohnsitzverlegung in die Schweiz von der Mutter das streitgegenständliche Grundvermögen schenkweise übertragen bekommen hat, ist auch unzweifelhaft der Fünfjahreszeitraum des § 2 Abs. 1 Nr.1 Satz 2 Buchst. b ErbStG eingehalten. Der Steuerfestsetzung steht auch nicht das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit der Schweiz auf dem Gebiet der Nachlass- und Erbschaftsteuern entgegen, da dieses DBA auf Schenkungen unter Lebenden nicht anwendbar ist. Das Gericht hält die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG in der im Streitjahr 2011 geltenden Fassung weder für verfassungs- noch europarechtswidrig. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ErbStG verstößt nach Auffassung des Gerichts auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Ebenso liegt nach Auffassung des Gerichts auch kein Verstoß gegen die EMRK vor. Die Normen der EMRK verstärken somit lediglich ein dem Steuerpflichtigen nach nationalem Recht bereits zustehendes Recht, können ein den deutschen Gesetzen nicht innewohnendes Recht aber regelmäßig nicht eigenständig begründen. Da die Berufung des Klägers auf Art. 3 Abs. 1 GG erfolglos geblieben ist, scheidet auch ein weitergehender Schutz nach der EMRK aus.
Das Klageverfahren wurde weder ausgesetzt noch dem BVerfG vorgelegt.
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