Kein steuerbarer Leistungsaustausch bei platzierungsabhängigen Preisgeldern
Hintergrund: Preisgelder bei Teilnahme an Pferderennen
Der Streitfall betrifft eine GmbH, deren Zweck u.a. in Kauf, Verkauf und Ausbildung von Pferden sowie in der sportlichen Förderung von Reitern bestand. Alleinige Gesellschafterin war A, die selbst aktiv am Turniersport teilnahm. Die GmbH erklärte für die Streitjahre 2007 bis 2010 Umsätze aus Verkaufserlösen sowie Preisgeldern und machte Vorsteuern aus dem Kauf von Pferden und Fahrzeugen geltend. Das FA versagte den Vorsteuerabzug, da Liebhaberei vorliege. Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, die Vorsteuerbeträge beruhten auf ertragsteuerlich nicht abziehbaren Repräsentationsaufwendungen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG).
Mit der Revision trug die GmbH vor, nach der EuGH-Rechtsprechung fehle ihr zwar mangels Unternehmereigenschaft das Recht zum Vorsteuerabzug. Im Gegenzug könnten damit aber auch die Preisgelder nicht der USt unterworfen werden.
Entscheidung: Turnierteilnahme bei platzierungsabhängigem Preisgeld ist keine unternehmerische Tätigkeit
Eine "Leistung gegen Entgelt" i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und empfangener Gegenleistung voraus. Dazu muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet. Nach dem EuGH-Urteil Bastova (v. 10.11.2016, C-432/15, HFR 2017 S. 82, Haufe-Index 9942858) stellt die Teilnahme an einem Wettbewerb (Pferderennen) keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung dar, wenn für die Teilnahme weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung, sondern nur ein von einer erfolgreichen Platzierung abhängiges Preisgeld gezahlt wird. Wegen der Ungewissheit einer Zahlung fehlt es an einem hinreichenden Zusammenhang zwischen der erbrachten Dienstleistung und der ggf. erhaltenen Zahlung. Dementsprechend hat der BFH für einen "Berufspokerspieler" einen Leistungsaustausch verneint, wenn er keine von der Platzierung unabhängige Antrittsgelder, sondern ausschließlich vom Spielerfolg abhängige Preisgelder oder Spielgewinne erhält (BFH v. 30.08.2017, XI R 37/14, BFH/NV 2017 S. 1689).
Platzierungsunabhängige Vergütungen sind steuerbar
Hiervon ausgehend hängt die Steuerbarkeit der von der GmbH empfangenen Preisgelder davon ab, ob sie ausschließlich im Erfolgsfall gezahlt wurden oder ob die vereinnahmten Beträge – teilweise auch – auf platzierungsunabhängigen und damit steuerbaren Vergütungen (z.B. Antrittsgeldern) beruhen. Fehlt es demnach an der Unternehmereigenschaft der GmbH, ist diese bereits dem Grunde nach nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Prüfung des Entgeltcharakters der Preisgelder
Der BFH hob das FG-Urteil auf, da dieses auf der Steuerbarkeit aller Umsätze der GmbH aus der Teilnahme an Pferderennen beruht. Der Fall wurde an das FG zurückverwiesen. Das FG hat insbesondere nachzuprüfen, ob die von der GmbH erklärten Einnahmen in voller Höhe auf platzierungsabhängige und damit nicht steuerbare Preisgelder entfallen oder ob darin auch steuerbare Entgelte für die Teilnahme an Turnieren (Antrittsgelder) enthalten sind. Führt diese Prüfung zum Ergebnis, dass die GmbH als Unternehmerin anzusehen ist, könnte der Vorsteuerabzug gleichwohl möglicherweise ausgeschlossen sein, weil der Gegenstand der Lieferungen (Rennpferde, Fahrzeuge) zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzt wurde (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG) oder weil es sich um nicht abziehbaren Repräsentationsaufwand handelt (§ 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG).
Hinweis: Änderung der Rechtsprechung
Der BFH weicht damit von dem Urteil v. 09.03.1972, V R 32/69 (BStBl II 1972, 556) ab. Dort vertrat der BFH die Auffassung, die als Belohnung für die erfolgreiche Teilnahme an Pferderennen empfangenen Rennpreise seien Entgelte für eine von dem Veranstalter erbrachte sonstige Leistung. Der Veranstalter räume den Pferdebesitzern Gewinnchancen ein, um sie zur Beteiligung an den Rennveranstaltungen zu veranlassen. Die Beteiligung sei deshalb eine dem Veranstalter gegenüber erbrachte Gegenleistung. Diese – zur früheren, noch nicht harmonisierten Rechtslage ergangene – Entscheidung ist durch das EuGH-Urteil Bastova (v. 10.11.2016, C-432/15, HFR 2017 S. 82, Haufe-Index 9942858) überholt. Bei erfolgsabhängigen Prämien ist daher grundsätzlich zu unterscheiden, ob die Zahlung allein für den Erfolg oder – wie z.B. bei Einschaltung eines Maklers – tatsächlich auch für eine Leistung gezahlt wird.
BFH Urteil vom 02.08.2018 - V R 21/16 (veröffentlicht am 05.12.2018)
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