Korrektur des IAB-Abzugs nach § 7g Abs. 3 EStG
Hintergrund: Rückgängigmachung des IAB-Abzugs
X war selbständig tätig mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. In seiner Einnahmen-Überschussrechnung für 2009 hatte er einen Investitionsabzugsbetrag (IAB) von 15.800 EUR für geplante Investitionen berücksichtigt.
Das FA veranlagte erklärungsgemäß.
Da die Anschaffung der Wirtschaftsgüter unterblieben war, beabsichtigte das FA, den Abzugsbetrag von 15.800 EUR für 2009 hinzuzurechnen, d.h. den seinerzeit berücksichtigten IAB rückgängig zu machen. Anstatt dementsprechend den Gewinn um 15.800 EUR zu erhöhen, verminderte das FA jedoch in 2014 versehentlich den Gewinn 2009 um 14.200 EUR und setzte die ESt entsprechend niedriger fest.
In 2017 bemerkte das FA den Fehler. Es erließ in 2017 einen weiteren ESt-Änderungsbescheid 2009, in dem es die Einkünfte um 30.000 EUR (14.200 EUR + 15.800 EUR) erhöhte.
Das FG gab der nachfolgenden Klage teilweise statt. Es ging davon aus, § 7g Abs. 3 EStG gestatte nur eine auf die Korrektur des seinerzeit gewinnmindernd berücksichtigten Investitionsabzugsbetrages beschränkte Änderung (Erhöhung) der Einkünfte des X von 15.800 EUR. Die weiter gehende Gewinnerhöhung um 14.200 EUR sei demgegenüber nicht von der Korrekturvorschrift des § 7g Abs. 3 EStG gedeckt. Insoweit habe das FA keinen IAB hinzugerechnet, sondern einen ihm im Bescheid von 2014 unterlaufenen materiell-rechtlichen Fehler korrigiert.
Hiergegen wandte sich das FA mit seiner Revision. § 7g Abs. 3 EStG ermögliche eine Änderung des ESt-Bescheids nicht nur in Höhe des rückgängig zu machenden IAB, sondern auch zur Korrektur einer in diesem Zusammenhang erfolgten fehlerhaften Steuerfestsetzung.
Entscheidung: Korrektur nur in Höhe des rückgängig zu machenden IAB
Der BFH bestätigt das FG. Die Erhöhung der Einkünfte des X – über die Rückgängigmachung des IAB von 15.800 EUR hinaus – um weitere 14.200 EUR ist nicht durch § 7g Abs. 3 EStG gedeckt. Die Korrektur nach einer anderen Änderungsvorschrift ist aufgrund des Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht mehr zulässig.
§ 7g Abs. 3 EStG als spezielle Korrekturvorschrift
§ 7g Abs. 3 Satz 2 EStG enthält für die Fälle der Rückgängigmachung des IAB eine spezielle Korrekturvorschrift i.S. des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d AO für das Abzugsjahr. Die Norm erlaubt die Änderung bestandskräftiger Bescheide nur insoweit, als dies der Rückgängigmachung eines gemäß § 7g Abs. 1 EStG vorgenommenen Abzugs dient. § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG ermöglicht demnach lediglich eine punktuelle Rückgängigmachung des nach § 7g Abs. 1 EStG gewinnmindernd berücksichtigten Abzugsbetrages. Die Korrektur ist folglich auf den Umfang des geltend gemachten und berücksichtigten Abzugsbetrages begrenzt (hier 15.800 EUR). Über diesen Rahmen hinausgehende Änderungen (hier 14.200 EUR) können nur vorgenommen werden, wenn diese durch andere Änderungsnormen gedeckt sind (BFH v. 17.7.2012, I B 56, 57/12, BFH/NV 2012, 1955; vorgehend FG Baden-Württemberg v. 27.3.2012, 3 V 279/12).
Auslegung nach Wortlaut, Sinn und Zweck
Die gegenteilige Auffassung des FA, nach der § 7g Abs. 3 EStG darüber hinaus auch die Korrektur von Fehlern erlaubt, die im Zusammenhang mit der Rückgängigmachung eines IAB unterlaufen sind, lässt sich weder Wortlaut noch Sinn und Zweck der Norm entnehmen. Dass sie darüber hinaus eine umfassende Korrektur für alle im Zusammenhang mit der Rückgängigmachung des Abzugsbetrages auftretenden Fehler ermöglichen soll, ist nicht ersichtlich, zumal das Gesetz in den §§ 172 ff. AO einen umfassenden Katalog an allgemeinen Korrekturvorschriften beinhaltet.
Keine weiter gehende Korrektur wegen Festsetzungsverjährung
Einer weiter gehenden Änderung des ESt-Bescheides aus 2014 steht der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Zum Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsbescheides in 2017 war die reguläre Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 AO), die am 31.12.2014 endete, bereits abgelaufen. Eine Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist, die dem FA eine weiter gehende Korrektur der Steuerfestsetzung mittels des Änderungsbescheides aus 2017 ermöglichen würde, ist nicht ersichtlich. Eine solche ergibt sich weder aus § 7g Abs. 3 Satz 3 EStG noch aus § 171 Abs. 2 AO. Zwar wurde der Ablauf der Festsetzungsfrist gemäß § 7g Abs. 3 Satz 3 EStG gehemmt. Jedoch tritt die Ablaufhemmung nach dieser Vorschrift nur "insoweit" ein, als die Rückgängigmachung des IAB betroffen ist. Die Ablaufhemmung wirkt somit nur partiell. Folglich löst sie keine Ablaufhemmung hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs aus und ermöglicht keine weiter gehende Korrektur aufgrund anderer Änderungsvorschriften.
Hinweis: Eingeschränkte Reichweite der Korrektur nach § 7g Abs. 3 EStG
Die Entscheidung stellt klar, dass die Korrektur nach § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG nur der Rückgängigmachung des Abzugs eines IAB nach § 7 Abs. 1 EStG betrifft, wenn die Investition innerhalb der Dreijahresfrist unterblieben ist. Darüber hinaus gehende Fehler können nur unter den Voraussetzungen einer allgemeinen Korrekturvorschrift (§§ 129, 172 ff. AO) berücksichtigt werden.
BFH Urteil vom 25.03.2021 - VIII R 45/18 (veröffentlicht am 04.06.2021)
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