Kürzung des Sonderausgabenabzugs beim Alleingesellschafter-Geschäftsführer
Hintergrund
Der BFH hat bereits mehrfach entschieden, dass die begrenzte Abzugsfähigkeit von Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben, wie sie durch das Alterseinkünftegesetz normiert worden sind, weder gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG noch gegen das objektive und subjektive Nettoprinzip verstößt (vgl. z.B. BFH, Urteil v. 18.11.2009, X R 9/07, BFH/NV 2010 S. 412). Diese Entscheidung bezog sich auch auf die Regelung zur Kürzung der Höchstbeträge für die Altersvorsorgeaufwendungen von Personen, die – wie z.B der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH – nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, eine Berufstätigkeit ausgeübt und im Zusammenhang damit auf Grund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistungen oder durch Beiträge, die nach § 3 Nr. 63 steuerfrei waren, erworben haben (§ 10 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 i.V.m. § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG in der bis 2007 geltenden Fassung). Mit dem Jahressteuergesetz 2008 ist die Einschränkung, dass der Anspruch auf Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung erworben worden sein muss, weggefallen (siehe § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG in der von 2008 bis 2009 geltenden Fassung; § 10 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1. Buchst. b) EStG in der ab 2010 geltenden Fassung). Seitdem gehören die oben genannten Personen generell zum Kreis der einer Kürzung unterliegenden Personen, selbst wenn sie – wie z.B bei einer Direktversicherung – die betriebliche Altersversorgung wirtschaftlich selbst finanzieren. Die Frage, ob auch in solchen Fällen die Kürzung der Höchstbeträge von 20.000 bzw. 40.000 Euro um den fiktiven Gesamtbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung mit Art. 3 GG vereinbar ist oder nicht, war Gegenstand der Entscheidung im Besprechungsfall.
Hier hatte GmbH zu Gunsten ihres Alleingesellschafter-Geschäftsführer (A) bereits im Jahr 1992 eine Direktversicherung abgeschlossen. Die dafür anfallenden monatlichen Beiträge
wurden im Wege einer Gehaltsumwandlung erbracht und pauschal der Lohnsteuer unterworfen. Im Streitjahr 2008 zahlte A zudem Beiträge für eine sog. Basis- oder „Rürup-Rente“ ein, die er als Sonderausgaben geltend machte. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, A könne im Hinblick auf die gesetzlichen Änderungen der Regelungen zur Kürzung des Höchstbetrags der Altersvorsorgeaufwendungen nur die gekürzte Vorsorgepauschale in Anspruch nehmen. Dagegen wandte sich A mit dem Argument, diese Kürzung sei unverhältnismäßig und verstoße gegen Art. 3 GG. Das Finanzgericht wies die Klage des A ab (EFG 2013 S. 226).
Entscheidung
Der BFH gab dem Finanzamt Recht. Er entschied, dass die generelle Kürzung des Sonderausgabenhöchstbetrags für rentenversicherungsfreie Arbeitnehmer mit vertraglichen Anwartschaftsrechten auf Altersversorgung unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden ist.
Der Gesetzgeber hat sich nach Auffassung des BFH mit den verschiedenen Typisierungen und Pauschalierungen, die der gesetzlichen Neuregelung zu Grunde liegen und die – wie hier – kumulativ zu einer sehr eingeschränkten Abzugsfähigkeit der Beiträge zu einer „Rürup-Rente“ führen, noch innerhalb des ihm eingeräumten Gestaltungsspielraums bewegt.
Hinweis
1. Die Auswirkungen der gesetzlichen Neuregelung war im vorliegenden Fall in der Tat gravierend. Gemessen an den relativ geringen Beiträgen für die Direktversicherung (1.534 Euro) ist es hier zu einer überproportionalen Kürzung der abziehbaren „Rürup-Beiträge“ (um 7.092 Euro) gekommen. A hat von den insgesamt erbrachten Aufwendungen für die „Rürup-Rente“ (22.050 Euro) wegen der vorhandenen Direktversicherung lediglich 6.108 Euro als Sonderausgaben abziehen können. Ohne die Direktversicherung wären 13.200 Euro absetzbar gewesen.
Dafür, dass der BFH diese Kürzung dennoch nicht als unverhältnismäßig und mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG als vereinbar beurteilt hat, war vor allem entscheidend, dass es Personen wie beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer selbst in der Hand haben, ihre Altersversorgung zu gestalten. Sie konnten ohne weiteres auf die Gesetzesänderung reagieren und ihre Vorsorgesituation entsprechend anpassen. Dies hat auch A getan und in dem auf das Streitjahr folgenden Jahr 2009 auf eine Beendigung seiner Direktversicherung hingewirkt.
2. Der Gesetzgeber ist bei den gesetzlichen Regelungen zur Kürzung des Sonderausgabenhöchstbetrags für Vorsorgeaufwendungen - auch nach Auffassung des BFH - erkennbar davon ausgegangen, dass eine einem rentenversicherungsfreien Arbeitnehmer erteilte betriebliche Altersversorgung regelmäßig nicht lediglich eine Zusatzversorgung darstellt, sondern hierdurch die Basisversorgung ersetzt wird. Das ist bei einer Pensionszusage, die eine GmbH ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer gegeben hat, sicher stets der Fall. Auf eine Direktversicherung in „überschaubarer“ Höhe, wie sie im Streitfall abgeschlossen wurde, dürfte das aber kaum zutreffen. Vielleicht hat der BFH deshalb am Ende der Entscheidungsgründe dem A noch einen „wohlwollenden“ Hinweis zur zukünftigen Beachtung mitgegeben: Sollte es – so der BFH – angesichts der durch die unverhältnismäßig geringen Beiträge zu der Direktversicherung ausgelösten pauschalen Kürzung des Höchstbetrags und der daraus folgenden Nichtabziehbarkeit eines nicht unwesentlichen Teils der Beiträge der zum Aufbau einer Basisversorgung abgeschlossenen „Rürup-Versicherung“ und der späteren Besteuerung der Leistungen in der Versorgungsphase zu einem Verstoß gegen das Verbot der doppelten Besteuerung kommen (was A gar nicht behauptet hatte), ist dies in den Veranlagungszeiträumen zu rügen, in denen die Altersbezüge der Besteuerung unterworfen werden (Hinweis auf BFH, Urteil v. 9.12.2009, X R 28/07, BStBl II 2010 S. 282, unter B.II.3.e bb).
Urteil v. 15.7.2014, X R 35/12, veröffentlicht am 10.12.2014
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