Berücksichtigung von Verlusten aus einer Übungsleitertätigkeit
Hintergrund: Verluste aus der Übungsleitertätigkeit
A erzielte aus einer Tätigkeit als Übungsleiter Einnahmen i.H.v. 108 EUR. Dem standen Ausgaben i.H.v. 608,60 EUR gegenüber. Die Differenz von 500.60 EUR machte A in seiner Einkommensteuererklärung 2013 als Verlust aus selbständiger Arbeit geltend.
FA versagt den Abzug - FG lässt den Abzug zu
Das FA versagte den Verlustabzug mit der Begründung, dass die Ausgaben nicht den in § 3 Nr. 26 EStG genannten Freibetrag überstiegen. Das FG gab der Klage statt.
BMF trat dem Verfahren bei
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Revisionsverfahren gem. § 122 Abs. 2 FGO beigetreten. Es vertrat die Auffassung, dass § 3c Abs. 1 EStG einem Abzug der Aufwendungen entgegenstehe. Diese Vorschrift enthalte ein Aufteilungsgebot dem Grunde nach. Die gegenteilige Auffassung des BFH (Urteil vom 20.12.2017 - III R 23/15, BFH/NV 2018 S. 672) teile das BMF nicht, weil Aufwendungen, die mit steuerfreien Einnahmen zusammenhingen, nicht anders zu behandeln seien als Aufwendungen, die mit nicht steuerbaren Einnahmen zusammenhingen.
Entscheidung des BFH: Aufhebung des FG-Urteils und Zurückverweisung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Dieses habe zwar zu Recht die Abziehbarkeit des Verlustes aus der Übungsleitertätigkeit bejaht. Allerdings sei die Sache nicht spruchreif, weil das FG nicht geprüft habe, ob A seine Tätigkeit als Übungsleiter mit der Absicht betrieben habe, daraus Gewinne zu erzielen.
Im Streitfall ist nicht § 3 Nr. 26 EStG, sondern § 3c Abs. 1 EStG maßgebend
§ 3 Nr. 26 Satz 2 EStG kommt im Streitfall nicht zur Anwendung, weil die steuerfreien Einnahmen den Freibetrag von 2.400 EUR nicht übersteigen. Maßgebend ist hier vielmehr § 3c Abs. 1 EStG.
§ 3c Abs. 1 Satz 1 EStG steht dem Abzug nicht entgegen
Nach § 3c Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Ausgaben, "soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen", nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Dabei ist durch das Wort "soweit" zunächst ein Aufteilungsgebot in steuerpflichtige und steuerfreie Einnahmen normiert (siehe dazu BFH Urteil vom 26.03.2002 - VI R 26/00, BStBl II 2002 S. 823, m.w.N.). Sind - wie hier - aber ausschließlich steuerfreie Einnahmen erzielt worden, ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Einschränkung "soweit" dahingehend auszulegen, dass die Ausgaben nur bis zur Höhe der steuerfreien Einnahmen vom Abzug ausgeschlossen sind und der übersteigende Betrag steuerrechtlich zu berücksichtigen ist (vgl. zuletzt BFH Urteil vom 19.10.2016 - VI R 23/15, BStBl II 2017 S. 345). Eine Gesetzesauslegung dahingehend, dass auch der die Einnahmen übersteigende Teil der Aufwendungen nicht abgezogen werden darf, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil dann ein vom Gesetzgeber gewollter Steuervorteil in einen Steuernachteil umschlagen würde.
FG muss prüfen, ob sog. Liebhaberei vorlag
Der Abzug des Verlustes aus der Übungsleitertätigkeit setzt jedoch weiterhin voraus, dass die Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben worden ist und nicht als steuerlich irrelevante Liebhaberei einzustufen ist. Ob das der Fall war, wird das FG im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben.
BFH hält Liebhaberei im Streitfall für naheliegend
Nach Auffassung des BFH drängt sich im Streitfall die Prüfung der Einkunftserzielungsabsicht des A auf, weil die geringfügigen Einnahmen die entstandenen Fahrtaufwendungen nicht einmal annähernd gedeckt haben. Ob die Tätigkeit des A deshalb überhaupt geeignet ist, auf Dauer einen Totalgewinn zu erzielen, erscheint zweifelhaft.
Hinweis: BMF kann seine Rechtsauffassung erneut nicht durchsetzen
Das im Mittelpunkt stehende Rechtsproblem des Besprechungsfalls, ob Verluste aus den in § 3 Nr. 26 EStG geregelten nebenberuflichen Tätigkeiten dem Grunde nach als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden können, hatte der BFH in einem ganz ähnlich gelagerten Fall bereits in gleicher Weise entschieden (vgl. BFH Urteil vom 20.12.2017 - III R 23/15, BFH/NV 2018 S. 672). Diese Entscheidung erging nur 11 Monate vorher und enthält eine fast gleichlautende Begründung wie die jetzige Entscheidung.
Was steckt dahinter? Offensichtlich hat das BMF gehofft, der den Besprechungsfall entscheidende VIII. Senat würde eine andere Entscheidung treffen als der im früheren Fall zuständige III. Senat. Auch im früheren Fall war das BMF dem Verfahren beigetreten und hatte dort die Auffassung vertreten, dass § 3c Abs. 1 Satz 1 EStG den Abzug von Verlusten aus in § 3 Nr. 26 EStG geregelten Tätigkeiten ausschließt. Nach der ihm nicht genehmen Entscheidung des III. Senats hatte das BMF das Urteil im Bundessteuerblatt auch nicht veröffentlicht. Nach der nunmehrigen Bestätigung des Urteils durch den VIII. Senat des BFH wird das BMF wohl klein beigeben müssen.
BFH Urteil vom 20.11.2018 - VIII R 17/16 (veröffentlicht am 02.05.2019)
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