Zum Vorsteuerabzug einer Holding

Um die Unternehmenseigenschaft einer Holdinggesellschaft zu begründen, müssen ihre steuerbaren Ausgangsleistungen an ihre Tochtergesellschaften grundsätzlich keine besondere "Eingriffsqualität" aufweisen. Es reicht außerdem aus, wenn solche Leistungen in Zukunft beabsichtigt sind.

Eine Dienstleistungskommission i.S. des § 3 Abs. 11 UStG im Verhältnis zu Tochtergesellschaften liegt nicht vor, wenn jenen eine wirtschaftlich nicht teilbare Gesamtleistung anteilig zugeordnet wird.

Hintergrund: Leistungen einer zwischengeschalteten Holding

Die X-KG ist Teil einer Unternehmensgruppe, die geschlossene Fonds vertreibt, die in Solarparks im EU-Ausland (vorwiegend in Italien) investieren. Die Muttergesellschaft der X-KG ist eine Fondsgesellschaft der Unternehmensgruppe.

Die X-KG erwarb in 2011 alle Anteile an 3 italienischen Projektgesellschaften, von denen jede eine Solaranlage errichtete. Die X-KG hatte die Stellung einer Zwischenholding zwischen der Fondsgesellschaft und den Projektgesellschaften.

Die X-KG ging davon aus, sie habe im Wege der Dienstleistungskommission im eigenen Namen aber für Rechnung der italienischen Tochtergesellschaften Leistungen gegen Kostenerstattung an die Tochtergesellschaften erbracht und stellte die von ihr bezogenen Eingangsleistungen unter Hinweis auf das Reverse-Charge-Verfahren den Tochtergesellschaften in Rechnung. Aus den an sie adressierten Eingangsrechnungen machte sie den Vorsteuerabzug geltend. Davon entfiel ein großer Teil auf Beratungsleistungen einer Anwaltskanzlei, die aber auch für die X-KG selbst erbracht wurden.

Das FA verneinte die Unternehmereigenschaft. Es ging davon aus, die X-KG habe keine Ausgangsleistungen im umsatzsteuerrechtlichen Sinn erbracht, so dass ihr kein Vorsteuerabzug aus von ihr bezogenen Eingangsleistungen zustehe. Hinsichtlich der Beratungsleistungen sei eine reine Kostenweiterberechnung an die Tochtergesellschaften anzunehmen. Die X-KG betreibe nicht selbst die Solaranlagen und erbringe keine Leistungen an die Tochtergesellschaften, sondern habe nur die Aufgabe, die Anteile an den Tochtergesellschaften zu halten.

Das FG gab der Klage im Wesentlichen statt. Es ließ den geltend gemachten Vorsteuerabzug zu.

Entscheidung: Vorsteuerabzug in Holding-Fällen

Der BFH verwies den Fall an das FG zurück. Die Beurteilung der Unternehmereigenschaft der X-KG erfordert weitere Sachaufklärung. Soweit das FG im zweiten Rechtsgang feststellen kann, dass die X-KG steuerpflichtige Ausgangsleistungen an die Fondsgesellschaft oder ihre Tochtergesellschaften erbracht hat, ist ihr der Vorsteuerabzug aus den von ihr bezogenen Eingangsleistungen für diese Ausgangsleistungen zu gewähren.

Unternehmereigenschaft einer Holding

Eine Holdinggesellschaft ist umsatzsteuerlich Unternehmerin, wenn die finanzielle Beteiligung mit (unmittelbaren oder mittelbaren) Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaft verbunden ist. Ein Eingriff in diesem Sinne umfasst alle Umsätze, die eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der MwStSystRL darstellen und für die Tochtergesellschaft erbracht werden. Dazu rechnen auch vorbereitende Tätigkeiten in der Absicht, eine wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben, z.B. Leistungen einer Holding vor Gründung der Tochtergesellschaften.

Das FG geht zu Unrecht von einer Dienstleistungskommission aus.

Eine Dienstleistungskommission liegt vor, wenn ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet wird und er im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung handelt. Das FG hat dabei nicht beachtet, dass die Beratungsleistungen der Kanzlei als unteilbares Gesamtpaket für die X-KG selbst und die Tochtergesellschaften verbunden waren und keine Teilleistungen vorlagen. Bei wirtschaftlicher Unteilbarkeit ist indes ein Kommissionsgeschäft ausgeschlossen. Denn es widerspricht dem Wesen einer Kommission, dass ein Kommittent den Kommissionär beauftragt, auf seine Rechnung Leistungen zu besorgen, deren Empfänger der Kommissionär selbst sein soll. Gleiches gilt, soweit die Tochter-/Enkelgesellschaften Beratungen für ein Gesamtkonzept besorgen lassen, das sie nur in Teilen betrifft.

Fehlender Leistungsaustausch bei Gesellschafterbeiträgen 

Das Fehlen einer Dienstleistungskommission schließt allerdings das Vorliegen eines Leistungsaustauschs (in Form bezogener Beratungen) nicht aus. Es fehlen jedoch ausreichende Feststellungen dazu, ob die X-KG eigene Leistungen an die Tochtergesellschaften im Rahmen eines steuerbaren Leistungsaustauschs erbracht hat oder ob es sich dabei um nicht steuerbare Gesellschafterbeiträge handelte. Ob ein Gesellschafter gegenüber einer Gesellschaft aufgrund eines gesonderten schuldrechtlichen Austauschverhältnisses tätig wird oder allein auf gesellschaftsvertraglicher Ebene, unterliegt in der Würdigung der Gesamtumstände. Entscheidend für die Abgrenzung ist, inwieweit das Entgelt vom Umfang der Leistung abhängt.

Vorsteuerabzug bei steuerpflichtigen Ausgangsleistungen

Der bei Vorliegen steuerpflichtiger Ausgangsleistungen zustehende Vorsteuerabzug würde auch die Eingangsleistungen umfassen, die ohne Weiterberechnung direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit der X-KG zusammenhängen. Damit kann die X-KG - unabhängig davon, ob sie sämtliche Eingangsumsätze an die Tochtergesellschaften weiterbelastet hat - auch für die Eingangsleistungen, welche ausschließlich ihre eigene Verwaltung betrafen (Steuererklärungen, Handelsregisteranmeldungen u.Ä.), den vollen Vorsteuerabzug geltend machen, da diese Aufwendungen zu den Gemeinkosten ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit gehören.

Hinweis: Aufgrund der Billigkeitsmaßnahme des FA war die Organschaft nicht zu prüfen

Nach der aufgrund der Entscheidung des EuGH "Larentia + Minerva" v. 16.7.2015, C-108/14 und C-109/14, EU:C:2015:496 (BStBl II 2017, 604) geänderten Rechtsprechung (BFH, Urteil v. 2.12.2015 V R 25/13, BStBl II 2017, 547) hat auch die Verwaltung Personengesellschaften als Organgesellschaften anerkannt (BMF, Schreiben v. 25.5.2017, BStBl I 2017, 790). Nach der Übergangsregelung sind die Änderungen zur Eingliederung von Personengesellschaften erst für nach dem 31.12.2018 ausgeführte Umsätze anzuwenden. Unter Bezugnahme auf diese Regelung hat das FA auf Antrag der X-KG durch Billigkeitsbescheid entschieden, dass es erst für Umsätze ab dem 1.1.2019 von einer eventuellen Organschaft der X-KG mit der Fondsgesellschaft ausgehen wird. Daran sind die FG gebunden und haben ohne eigene Sachprüfung davon auszugehen, dass eine Organschaft nicht besteht.    

BFH Urteil vom 12.02.2020 - XI R 24/18 (veröffentlicht am 04.06.2020)

Alle am 04.06.2020 veröffentlichten Entscheidungen.


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