EuGH-Vorlage zur Umsatzsteuerfreiheit des Outsourcings im Bankenbereich
Hintergrund: Outsourcing im Bankenbereich
Die Klägerin (X) erbringt für eine Bank Leistungen beim Betrieb von Geldausgabeautomaten. Sie stellt für die Bank aufgrund eines "Miet-, Wartungs- und Processing-Vertrags" mit Soft- und Hardware ausgestattete Geldautomaten auf, die mit dem Logo der Bank versehen sind. X ist für den ordnungsgemäßen Betrieb verantwortlich. Sie übernimmt die Bargeldbefüllung der Automaten, veranlasst den Datenaustausch zwischen dem Inhaber der Geldkarte und der die Karte ausgebenden Bank und gibt im Genehmigungsfall das Geld durch den Automaten aus.
Das FA beurteilte die Leistungen der X als umsatzsteuerpflichtig. Das FG bejahte dagegen die USt-Freiheit (Streitjahr 2005). Es handele sich um "Umsätze im Zahlungsverkehr" i.S.v. § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG. X beschränke sich nicht lediglich auf technische Aspekte, sondern trage im Rahmen eines "Rundum-Sorglos-Pakets" auch die Verantwortung für die Erfüllung der den Banken obliegenden gesetzlichen Auflagen (Dokumentations-, Aufbewahrungs-, Geheimhaltungspflichten usw.).
Der BFH hatte das Revisionsverfahren im Hinblick auf das beim EuGH anhängige Verfahren Bookit ausgesetzt. Nach Ergehen des EuGH-Urteils in der Sache Bookit v. 26.5.2016, C-607/14, DStRE 2016, 862, nahm der BFH das Verfahren wieder auf.
Entscheidung: Zweifelhafte Rechtslage nach dem EuGH-Urteil in der Sache Bookit
Der BFH hat Zweifel, ob nach den Grundsätzen des Urteils Bookit Unterstützungsleistungen für eine Bank beim Betrieb von Geldautomaten steuerfrei sind, wenn der Unternehmer die in einem Autorisierungscode enthaltenen Weisungen lediglich technisch umsetzt. Einschlägig ist für das Streitjahr 2005 die Richtlinie 77/388/EWG und ab 2007 gleichlautend Art. 135 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL. Steuerfrei sind danach "Umsätze - einschließlich der Vermittlung - im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen ...". Im Urteil Bookit entschied der EuGH, dass die Steuerbefreiung für Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr für eine Dienstleistung wie die "Abwicklung von Debit- oder Kreditkartenzahlungen" nicht gilt. Die Unerlässlichkeit einer Dienstleistung reiche für die Steuerfreiheit nicht aus. Die Übermittlung und Prüfung der Daten sei nicht hinreichend wesentlich und spezifisch. Es fehle an der Vornahme von Belastungen, Gutschriften oder Umbuchungen auf den Konten und einer vom Dienstleister stammenden Anordnung, da diese vom Bankkunden getroffen werde.
Unterschiedliche Behandlung von Kreditkartenzahlungen und Automatenauszahlungen fraglich
Mit der Vorlage soll geklärt werden, ob die technischen und administrativen Schritte, die ein Dienstleister für eine einen Geldautomaten betreibende Bank erbringt, nach den Grundsätzen der Entscheidung Bookit ebenfalls nicht steuerfrei sind. Die Tätigkeit der X unterscheidet sich nur insoweit von Tätigkeit der Bookit, als bei Bookit die Transaktion im Erwerb einer Kinokarte bestand, während im Streitfall Geldauszahlungen über den Automaten vorgenommen wurden. Dieser Unterschied im Hinblick auf die Verwendung der bezogenen Leistung durch den jeweiligen Auftraggeber (Kinobetreiber, Bank) rechtfertigt nach der Auffassung des BFH möglicherweise keine unterschiedliche Behandlung. In beiden Fällen besteht die Leistung im Wesentlichen aus einem Informationsaustausch, der als solcher für die die Steuerfreiheit nicht genügt. Gegen eine Steuerfreiheit könnte auch sprechen, dass X nur die Datensätze erstellt und in das Bankensystem als Buchungsbefehl überspielt. Das betrifft lediglich die Aufbereitung von Daten, ohne am Charakter eines bloßen Informationsaustauschs mit Vollzug der von der Bank getroffenen Freigabeentscheidung etwas zu ändern.
Hinweis: BFH tendiert zur Steuerpflicht
Nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist der BFH als letztinstanzliches nationales Gericht bei Zweifeln über die Auslegung des Unionsrechts verpflichtet, die Problematik dem EuGH vorzulegen. Leistungen mit rein technischem und administrativem Charakter sind steuerpflichtig. Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, wird der EuGH zu klären haben. Entsprechende Fälle sind bis zur Entscheidung des EuGH offen zu halten. Der EuGH wird die Reichweite des Urteils Bookit für den Bereich des Outsourcings im Bankenbereich näher bestimmen müssen. Dem Vorlagebeschluss ist jedenfalls zu entnehmen, dass der BFH dazu neigt, die Steuerfreiheit zu verneinen. Die Entscheidung ist für die Banken von nicht geringer Bedeutung. Die Kostenvorteile durch die Übertragung an Dienstleister werden möglicherweise durch die Umsatzsteuerpflicht der vom Dienstleister bezogenen Leistung in Frage gestellt, da Banken beim Bezug derartiger Leistungen im Allgemeinen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Die Steuerpflicht könnte dazu führen, dass sich die Benutzung von Geldautomaten für die Bankkunden weiter verteuert.
BFH, Beschluss v. 28.9.2017, V R 6/15; veröffentlicht am 24.1.2018
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