Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
In den Zeilen 30–55 sind Gewinne bzw. Verluste aus sog. "Spekulationsgeschäften" zu erfassen.
Gewinne aus derartigen Verkäufen bleiben steuerfrei, wenn sie im Jahr nicht mehr als 599 EUR betragen. Dieser Betrag gilt bei Eheleuten getrennt für die Geschäfte des jeweiligen Ehegatten.
Kauf und Verkauf von Grundstücken
Die Zeilen 30 bis 40 betreffen Grundstücke, die Sie innerhalb von zehn Jahren (Datum der Kaufverträge maßgebend!) angeschafft und veräußert haben. Dies kann auch für geerbte oder geschenkte Grundstücke infrage kommen.
Wurde das gesamte Grundstück bis zum Verkauf bzw. im Veräußerungsjahr und in den letzten beiden Jahren davor nur zu eigenen Wohnzwecken genutzt (Zeile 32), liegt kein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft vor. Weitere Angaben sind dann nicht mehr erforderlich. Anderes gilt jedoch für ein im selbst genutzten Haus befindliches Arbeitszimmer oder einen vermieteten Gebäudeteil. Veräußerungsgewinne aus solchen Gebäudeteilen (Angaben in Zeile 35) sind genauso (anteilig) steuerpflichtig wie der Verkauf von vermieteten Häusern und Wohnungen. Machen Sie die gefragten Angaben in den folgenden Zeilen 34–40. Bei einem gemischt genutzten Gebäude sind nur die Angaben bezüglich des steuerpflichtig veräußerten Grundstückteils notwendig.
[Anschaffungs-/Veräußerungszeitpunkt → Zeile 31]
Die Veräußerung eines privaten Grundstücks innerhalb von zehn Jahren nach dessen Erwerb unterliegt als Spekulationsgeschäft der Besteuerung. Ohne Belang sind die Gründe für den Verkauf, sodass eine Steuerpflicht auch z. B. dann eintritt, wenn die Versteigerung droht (BFH, Urteil v. 27.9.2012, III R 19/11, BFH/NV 2013 S. 1027). Für die Fristenberechnung in § 23 EStG kommt es darauf an, wann der Kaufvertrag schuldrechtlich abgeschlossen wurde (BFH, Urteil v. 8.4.2014, IX R 18/13, BFH/NV 2014 S. 1612). Steht die Grundstücksveräußerung unter einem Genehmigungsvorbehalt (aufschiebende Bedingung), ist dieser für die Fristberechnung unerheblich (BFH, Urteil v. 10.2.2015, IX R 23/13, BFH/NV 2015 S. 728). Wird ein bebautes Grundstück veräußert, unterliegt der Veräußerungsgewinn der Besteuerung, wenn das Grundstück innerhalb der Zehnjahresfrist erworben wurde. Die Fertigstellung des Gebäudes ist unmaßgeblich. Gebäude und Außenanlagen sind einzubeziehen, soweit sie innerhalb dieses Zeitraums errichtet, ausgebaut oder erweitert werden. Das gilt auch, wenn sie in einem teilfertigen Zustand verkauft werden.
Die Nutzung einer Rückerwerbsoption setzt eine neue Spekulationsfrist in Gang. Sie wird nicht als Rückabwicklung gewertet (FG Münster, Urteil v. 30.10.2012, 1 K 2240/09 E).
Bei einer Ratenzahlung über mehrere Jahre wird der Veräußerungspreis in mehreren Vz. erfasst (BFH, Urteil v. 11.11.2009, IX R 57/08, BFH/NV 2010 S. 717). Das gilt auch in Verlustfällen (BFH, Urteil v. 6.12.2016, IX R 18/16, BFH/NV 2017 S. 668).
Bei dem Verkauf eines geschenkten oder geerbten Grundstücks kommt es für die Berechnung der Frist auf den Zeitpunkt des Erwerbs durch den Vorbesitzer an.
Eine unentgeltliche Übertragung eines Hauses auf die Kinder mit anschließendem Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist, den der ursprüngliche Besitzer angebahnt hat, stellt keinen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten dar und ist somit bei den Kindern zu erfassen (BFH, Urteil v. 23.4.2021, IX R 8/20, BFH/NV 2021 S. 1418).
Bisher hat der BFH (mit der FinV) die Auffassung vertreten, dass der Erwerb eines Grundstücksteils von einem Miterben zu Anschaffungskosten führt und dass dieser, bei einem Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist, den Gewinn aus der Veräußerung dieses Grundstücks versteuern muss. Von dieser Auffassung ist der BFH abgerückt. Der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft führt nicht zur anteiligen Anschaffung eines zum Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücks (BFH, Urteil v. 26.9.2023, IX R 13/22). Das Urteil ist jedoch noch nicht veröffentlicht und das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14.3.2006, BStBl 2006 I S. 253, Rz 43 noch nicht geändert. Daher ist unklar, ob die FinV das Urteil allgemein anwenden wird.
Die Enteignung ist kein privates Veräußerungsgeschäft i. S. v. § 23 EStG und somit nicht steuerpflichtig (BFH, Urteil v. 23.7.2019, IX R 28/18, BFH/NV 2019 S. 1285). Anders wird das bei einer Zwangsversteigerung gesehen (FG Düsseldorf, Urteil v. 28.4.2021, 2 K 2220/20 E).
Wird ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden ohne das Grundstück veräußert, fällt dieses nicht unter § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Das trifft auch auf ein Gebäude zu, das auf einem langfristig angemieteten Grundbesitz steht. Ein Mobilheim gilt zwar bewertungsrechtlich als Gebäude, ist jedoch ein anderes Wirtschaftsgut i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.
Für diese Gebäude gilt: Die Besteuerung des Verkaufserlöses unterliegt nicht der Spekulationsfrist für Grundstücke. Sie sind aber auch keine Gebrauchsgegenstände, deren Verkaufserlös generell von der Besteuerung ausgenommen sind. Bei einem Verkauf nach Ablauf der 1-Jahre...