Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Es führt regelmäßig zu einer Entnahme im Sinne des § 6 Abs. 1 Ziff. 4 EStG, wenn ein Betriebsinhaber Wirtschaftsgüter zu betriebsfremden Zwecken verschenkt. Das gilt grundsätzlich auch bei Schenkungen an nahe Angehörige.
Der VI. Senat tritt der Auffassung des IV. Senats in dem Urteil IV 72/65 vom 16. März 1967 (BFH 88, 129) bei, daß die überführung von Wirtschaftsgütern aus gewerblichem Betriebsvermögen in einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft eine Entnahme ist.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, §§ 5, 6 Abs. 1 Ziff. 4
Tatbestand
Gesellschafter der Revisionsklägerin, einer OHG (Steuerpflichtige - Stpfl. -), die sich mit dem Weinbau und dem Weinhandel befaßte, waren im Streitjahr 1960 zwei Brüder zu je 50 v. H. Die Stpfl. ermittelte ihre Gewinne - einschließlich der Gewinne aus dem Weinbau - nach § 5 EStG. Zum 1. Juli 1960 übertrugen die Gesellschafter den Weinbaubetrieb unentgeltlich auf ihre Ehefrauen; diese führten den Betrieb in der Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts fort, sie ermittelten die Gewinne nach § 4 Abs. 1 EStG.
Das Finanzamt (FA) sah in der überführung der zum Weinbaubetrieb gehörenden Grundstücke aus dem Betriebsvermögen der OHG in das Betriebsvermögen der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts eine Entnahme der Gesellschafter der OHG und setzte den Unterschied zwischen dem Buchwert der Grundstücke (94 888 DM) und ihrem Wert zur Zeit der überführung (112 542 DM) dem laufenden Gewinn der Stpfl. zu. Es gewährte für diesen Gewinnteil den ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 1 EStG.
Die Stpfl. meint, der Wechsel der Gewinnermittlungsart führe nicht zu einer Gewinnverwirklichung, auch wenn bei der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Grund und Boden gemäß § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG hinfort einkommensteuerlich außer Betracht zu bleiben hätten.
Die Berufung hatte keinen Erfolg. Die übertragung eines Teilbetriebes auf nahe Angehörige führe zwar, so begründete das Finanzgericht (FG) seine Entscheidung, nach den Urteilen des BFH IV 233/51 U vom 24. Oktober 1951 (BFH 56, 10, BStBl III 1952, 5) und VI 137/59 U vom 30. September 1960 (BFH 71, 643, BStBl III 1960, 489) grundsätzlich nicht zu einer Gewinnverwirklichung, weil erbrechtliche Gesichtspunkte dabei eine Rolle spielten. Anders sei es aber, wenn die Gewinnermittlungsart gewechselt werde. Ein Wechsel in der Gewinnermittlungsart dürfe nicht dazu führen, stille Reserven für immer der Besteuerung zu entziehen.
Entscheidungsgründe
Die Revision, mit der die Stpfl. unrichtige Anwendung der §§ 4 Abs. 1, 5 und 6 Abs. 1 Ziff. 4 EStG rügt, ist unbegründet.
Das FG hat eine Gewinnverwirklichung wegen des Wechsels in der Gewinnermittlungsart bejaht. Es hätte indessen näher gelegen, schon aus allgemeinen Erwägungen eine Gewinnverwirklichung anzunehmen. Die Gesellschafter der OHG haben offenbar ihren Ehefrauen den Weinbaubetrieb geschenkt, den die Ehefrauen seitdem in der Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts fortführen. Die unentgeltliche übertragung von Gegenständen, die zum Betriebsvermögen des Schenkers gehören, auf einen anderen setzt in aller Regel zunächst eine Entnahme des Schenkers voraus, weil die Schenkung nicht auf betrieblichen, sondern auf persönlichen (familiären) Gründen beruht. Das gilt grundsätzlich auch, wenn es sich um Schenkungen an nahe Angehörige handelt. Etwas anderes ist aus dem Urteil des Senats VI 137/59 U, a. a. O., nicht herzuleiten. Der Senat hat damals die übertragung von Wirtschaftsgütern von einem Unternehmen des Betriebsinhabers in ein anderes nicht als eine Entnahme angesehen. Diese Rechtsgrundsätze können aber hier keine Anwendung finden, weil in jenem Fall die Wirtschaftsgüter innerhalb mehrerer gewerblicher Betriebe des Steuerpflichtigen verlagert wurden, während im Streitfall die Wirtschaftsgüter aus dem gewerblichen Betriebsvermögen in das landwirtschaftliche Betriebsvermögen eines anderen Steuerpflichtigen gelangten.
Dazu kommt, daß der IV. Senat in dem Urteil IV 72/65 vom 16. März 1967 (BFH 88, 129, BStBl III 1967, 318) entschieden hat, daß die überführung von Wirtschaftsgütern aus einem gewerblichen Betriebsvermögen in ein landwirtschaftliches Betriebsvermögen als Entnahme zu behandeln sei und zur Aufdeckung der in den überführten Wirtschaftsgütern ruhenden stillen Reserven führe. Der erkennende Senat tritt dieser Rechtsauslegung bei. Geht man von diesem Rechtsgrundsatz aus, so hätte die Stpfl., wenn ihre beiden Gesellschafter den Weinbaubetrieb in eine von ihnen selbst gegründete Gesellschaft des bürgerlichen Rechts überführt hätten, die darin ruhenden stillen Reserven aufdecken müssen. Das Ergebnis kann aber nicht anders sein, wenn sie ihren Ehefrauen den Weinbaubetrieb schenken.
Fundstellen
Haufe-Index 412562 |
BStBl III 1967, 391 |
BFHE 1967, 331 |
BFHE 88, 331 |
BB 1967, 704 |
DB 1967, 1158 |
DStR 1967, 418 |