Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine GrESt-Vergünstigung der Grundstücksübertragung auf eine Gesamthand bei anschließender formwechselnder Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft
Leitsatz (amtlich)
Die Steuervergünstigung des § 6 Abs. 3 GrEStG 1983 ist (auch) dann nicht zu gewähren, wenn in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung auf die erwerbende Gesamthand diese entsprechend einer zu diesem Zeitpunkt zwischen den an der Gesamthand Beteiligten getroffenen Absprache, formwechselnd in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird.
Normenkette
GrEStG 1983 § 6 Abs. 3
Verfahrensgang
FG Nürnberg (Entscheidung vom 07.12.2000; Aktenzeichen IV 310/2000; EFG 2001, 522) |
Tatbestand
I. A und B waren in Erbengemeinschaft Eigentümer eines inländischen Grundstücks. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom August 1997 übertrugen sie dieses Grundstück auf eine GmbH & Co. KG (KG) ―die Rechtsvorgängerin der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin)―. An der KG waren A und B seit Juli 1997 zu je 50 v.H. vermögensmäßig beteiligt. Durch notariell beurkundete Vereinbarungen ebenfalls vom August 1997 übertrugen A und B jeweils ein Viertel ihrer Beteiligung an der KG auf eine AG bzw. eine GmbH. Diese Übertragungen wurden im September 1997 in das Handelsregister eingetragen. Durch notariell beurkundeten Beschluss der Gesellschafterversammlung der KG ebenfalls vom August 1997 wurde die formwechselnde Umwandlung der KG in eine (weitere) AG (Klägerin) beschlossen. Die Umwandlung wurde im Dezember 1997 in das Handelsregister eingetragen. Die Umwandlung der KG in eine AG entsprach einer schriftlichen Beteiligungsvereinbarung der beteiligten Gesellschafter vom April 1997.
Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom 28. Oktober 1999 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) gegen die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der KG wegen des Grundstückserwerbs vom 21. August 1997 Grunderwerbsteuer fest. Die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983 wurden vom FA verneint.
Hiergegen richtete sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage, mit der Herabsetzung der Grunderwerbsteuer begehrt wurde. Für den Erwerb durch die KG sei nach § 6 Abs. 3 GrEStG 1983 eine Steuervergünstigung in Höhe von 75 v.H. der Bemessungsgrundlage zu gewähren.
Das Finanzgericht (FG) hat mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 522 veröffentlichten Urteil die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 GrEStG 1983 lägen nicht vor. A und B hätten ihre Gesamthandsbeteiligungen an der KG in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Grundstückseinbringung durch die formwechselnde Umwandlung der KG in eine AG verloren. Dies schließe eine Anwendung der Steuervergünstigung aus.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Eine formwechselnde Umwandlung sei wegen Fehlens eines Rechtsträgerwechsels nicht grunderwerbsteuerbar. Der bloße Formwechsel führe deshalb auch zu keinem Wegfall der Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 GrEStG 1983. Zwar lägen die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen nach §§ 5 und 6 GrEStG 1983 dann nicht vor, wenn in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand die Gesamthänder ihre gesamthänderische Beteiligung völlig oder teilweise durch Verminderung der Beteiligung aufgäben. Diese Verminderung oder gänzliche Aufgabe der Gesamthänderstellung setze aber voraus, dass sich die Gesamthänderstellung als solche bei einem anderen fortsetze. Bei einem bloßen Formwechsel lägen diese von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze gerade nicht vor.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Grunderwerbsteuerbescheid vom 28. Oktober 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung abzuändern und die Grunderwerbsteuer herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zutreffend hat das FG die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids bejaht. Die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 GrEStG 1983 liegen nicht vor.
1. Der notariell beurkundete Vertrag vom August 1997, mit dem der Anspruch der KG auf Übereignung des Grundstücks durch die Erbengemeinschaft A und B begründet wurde, ist ein Rechtsgeschäft, das nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 der Grunderwerbsteuer unterliegt.
Für diesen Vorgang ist die Steuer entgegen der Auffassung der Revision in vollem Umfang zu erheben, da die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 GrEStG 1983 a.F. nicht vorliegen.
Nach dieser Vorschrift ist in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 1 GrEStG 1983 beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand die Steuer nicht zu erheben, wenn und soweit an der übertragenden und an der erwerbenden Gesamthandsgemeinschaft dieselben Personen mit gleichem Anteilsverhältnis beteiligt sind. Im Streitfall sind A und B zum maßgeblichen Zeitpunkt zwar sowohl an der übertragenden Erbengemeinschaft (ausschließlich) als auch an der erwerbenden KG (zumindest zu insgesamt 75 v.H.) vermögensmäßig beteiligt, gleichwohl kommt eine Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 GrEStG 1983 nicht in Betracht.
2. Sinn der §§ 5 und 6 GrEStG 1983 ist es, die Besteuerung von Erwerbsvorgängen, an denen Gesamthandsgemeinschaften beteiligt sind, auf den eigentlichen Besteuerungszweck zu reduzieren. Einerseits sind Grundstücksübertragungen von und auf Gesamthandsgemeinschaften wegen der grunderwerbsteuerrechtlichen Selbständigkeit der (meisten) Gesamthandsgemeinschaften grundsätzlich steuerbar. Andererseits liegt jedoch ―unter wirtschaftlicher Sicht― ein besteuerungswürdig erscheinender Grundstücksumsatz dann und insoweit nicht vor, als sich eine bereits vor der infrage stehenden Grundstücksübertragung an dem Grundstück bestehende dingliche Berechtigung als Allein-, Mit- oder Gesamthandseigentümer nach Übertragung auf eine (andere) Gesamthandsgemeinschaft nunmehr in Form einer gesamthänderischen Mitberechtigung an der erwerbenden Gesamthandsgemeinschaft mit unveränderter (anteiliger) vermögensmäßiger Beteiligung fortsetzt oder ―umgekehrt― eine zuvor bestehende gesamthänderische Mitberechtigung an dem Grundstück nach dessen Übertragung in Form von Allein- bzw. Miteigentum unter Beibehaltung der bisherigen anteiligen vermögensmäßigen Beteiligung weitergeführt wird. Eine Begünstigung der Grundstücksübertragung auf die Gesamthand ist nur dann gerechtfertigt, wenn sich die bisher bestehende (Mit-)Berechtigung am Grundstück nicht nur formal, sondern auch tatsächlich am Gesamthandseigentum fortsetzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats liegt die Voraussetzung für die Steuervergünstigung deshalb nicht vor, wenn und soweit in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung von einer Gesamthand auf die andere Gesamthand die Gesamthänder entsprechend einer zu diesem Zeitpunkt bereits getroffenen Absprache ihre gesamthänderische Beteiligung völlig oder teilweise aufgeben oder sich ihre Beteiligung durch Hinzutritt weiterer Gesamthänder verringert (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 24. April 1996 II R 52/93, BFHE 180, 472, BStBl II 1996, 458; Beschluss vom 4. August 1999 II B 3/99, BFHE 189, 547, BStBl II 1999, 834).
3. Die nach dieser Rechtsprechung die Steuervergünstigung rechtfertigende Fortsetzung der gesamthänderischen Berechtigung am Grundstück geht (auch) dann verloren, wenn die erwerbende Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird. Das Fehlen eines Rechtsträgerwechsels bei der bloßen formwechselnden Umwandlung ist in diesem Zusammenhang ohne Belang. Es geht nicht um einen durch die Umwandlung verwirklichten Erwerb, sondern um die Besteuerung des der Umwandlung vorangegangenen Erwerbs der KG. Entscheidend ist, dass durch den Formwechsel die Personengesellschaft zur Kapitalgesellschaft und damit aus dem Gesamthandsvermögen Vermögen der Kapitalgesellschaft wird. Damit besteht keine dingliche gesamthänderische Mitberechtigung der Gesellschafter der grundstücksübertragenden Personengesellschaft an den übertragenen Grundstücken mehr. Die wirtschaftlichen Überlegungen, die die Steuervergünstigung rechtfertigen, wenn die bisher bestehende Mitberechtigung am Grundstück in Form einer Beteiligung am Gesamthandsvermögen der erwerbenden Gesellschaft fortgeführt wird, lassen sich auf eine Beteiligung als Gesellschafter an einer Kapitalgesellschaft nicht übertragen. Den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft steht keine dingliche Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen und damit auch nicht an deren Grundstücken zu. Die bloße mittelbare Teilhabe der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft an Wertveränderungen der Gesellschaftsgrundstücke über ihre allgemeine Beteiligung an den Erträgen der Gesellschaft reicht dazu nicht aus. Das Grunderwerbsteuerrecht respektiert uneingeschränkt die zivilrechtliche Selbständigkeit der Kapitalgesellschaft auch gegenüber deren Gesellschaftern. Dementsprechend sind die Kapitalgesellschaften in den Steuervergünstigungen nach § 5 f. GrEStG 1983 nicht berücksichtigt. Diese grundsätzliche Entscheidung des Gesetzes verbietet es, die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Fortführung einer bisher bestehenden dinglichen Mitberechtigung am Grundstück anzusehen. Nach den Grundsätzen der vom Senat entwickelten Rechtsprechung ist die Steuervergünstigung des § 6 Abs. 3 GrEStG 1983 daher (auch) dann nicht zu gewähren, wenn in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung auf die erwerbende Gesamthand diese formwechselnd in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wird (Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, 7. Aufl., § 5 Rdnr. 18; Franz in Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, 2. Aufl., § 5 Rdnr. 28; Viskorf in Boruttau, Grunderwerbsteuer, 15. Aufl., § 5 Rdnr. 67).
Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob dieser Auffassung die Anfügung des neuen Abs. 3 in § 5 GrEStG 1983 durch Art. 15 Nr. 3 des Gesetzes vom 24. März 1999 (BGBl I, 402) und die Einfügung des neuen Satzes 2 in § 6 Abs. 3 GrEStG 1983 durch Art. 13 Nr. 3 des Steueränderungsgesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl I, 1794) ―wie die Klägerin meint― entgegenstünde, da beide Neuregelungen zeitlich auf den Streitfall nicht anwendbar sind (§ 23 Abs. 6 Satz 2 und Abs. 7 Satz 1 GrEStG 1983).
4. Nach den Feststellungen des FG haben die einbringenden Gesamthänder A und B ihre Gesamthandsbeteiligungen an der erwerbenden KG in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung entsprechend einer zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden Absprache durch die formwechselnde Umwandlung der KG in eine AG verloren. Dies schließt eine Steuervergünstigung nach § 6 Abs. 3 GrEStG 1983 aus.
Fundstellen
Haufe-Index 913397 |
BFH/NV 2003, 718 |
BStBl II 2003, 358 |
BFHE 2003, 426 |
BFHE 200, 426 |
BB 2003, 778 |
DB 2003, 1422 |
DStRE 2003, 564 |
HFR 2003, 488 |