Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Zulässigkeit der degressiven Abschreibung ist unabhängig von der Bewertung nach dem Teilwert und von dem Vorliegen einer ordnungsmäßigen Buchführung mit Bestandsvergleich.
Zur Frage der Vornahme der Absetzung für Abnutzung in degressiver Form für einen Personenkraftwagen.
Normenkette
EStG §§ 4-5, 6 Abs. 1, §§ 7, 18
Tatbestand
Streitig ist die Zulässigkeit der Bewertung eines Personenkraftwagens mit dem Teilwert sowie die Vornahme der Absetzung für Abnutzung (AfA) in degressiver Form für einen solchen.
Der Steuerpflichtige (Stpfl.) ist Arzt; er ermittelt seinen Gewinn nach dem überschuß der Einnahmen über die Ausgaben (ß 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Finanzamt und Steuerausschuß haben dem Begehren, für den am 11. April 1950 für 5400 DM erworbenen und in der ärztlichen Praxis verwendeten Volkswagen 1/3 des Anschaffungspreises = 1800 DM unter dem Gesichtspunkt des Teilwertes (ß 6 EStG) abzusetzen - der Rest soll in drei gleichen Jahresbeträgen zum Abzug kommen - nicht entsprochen, vielmehr unter Annahme einer auch vom Stpfl. nicht bestrittenen 4jährigen Nutzungsdauer nur eine AfA von 3/4 von 25 v. H. der Anschaffungskosten = 1020 DM zugelassen. Das Finanzgericht hat dagegen im Hinblick auf die im Berufungsverfahren geltend gemachte degressive Abschreibung dem Antrag des Stpfl. entsprochen. In der Vorentscheidung wird ausgeführt: Eine Bewertung mit dem Teilwert komme bei der vom Stpfl. vorgenommenen Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht in Betracht, weil der Wert des Betriebsvermögens bei dieser Gewinnermittlungsart unberücksichtigt bleibe, und ein Bestandsvergleich daher nicht stattfinde. § 6 Ziff. 3 EStG - gemeint ist offenbar § 6 Abs. 1 Ziff. 1 - sei daher nicht anwendbar. Es gehe vielmehr allein um die Frage, ob gemäß § 7 EStG auch eine Absetzung mit fallenden Beträgen (degressive Abschreibung) zulässig sei; wegen der Gewinnermittlungsart nach § 4 Abs. 3 EStG könne von einer Absetzung vom Buchwert nicht gesprochen werden. Die Rechtsprechung - das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 102/53 U vom 11. Februar 1955 (Slg. Bd. 60 S. 429, Bundessteuerblatt - BStBl - 1955 III S. 165 Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK - EStG § 7 Rechtsspruch 7) war bei der Urteilsfällung des Finanzgerichts noch nicht ergangen - habe die degressive Absetzung (Abschreibung) nur ausnahmsweise für zulässig erklärt. (Urteile des Reichsfinanzhofs VI A 2226/30 vom 1. Juli 1931, Reichssteuerblatt - RStBl - 1931 S. 877 = StRK EStG § 7 Rechtsspruch 2; VI 654/38 vom 26. Oktober 1938, RStBl 1939 S. 115 Grundwerk zur Steuerrechtsprechung in Karteiform - GW-StRK - II, 368; VI 227/41 vom 5. November 1941, RStBl 1942 S. 18 = GW-StRK II, 300). Nach dem Wortlaut des § 7 EStG, der lediglich von "Verteilung" spreche, sei auch eine ungleichmäßige Absetzung möglich. In übereinstimmung mit dem Schrifttum werde die Zulässigkeit einer degressiven Absetzung grundsätzlich bejaht. Ob sie im Einzelfall gerechtfertigt sei, hänge davon ab, ob sie dem Wertverzehr des betreffenden Wirtschaftsgutes entspreche. Ein Kraftwagen müsse zu den Wirtschaftsgütern gerechnet werden, bei denen gegenüber den nachfolgenden Jahren im ersten Jahre eine größere Wertminderung eintrete. Dieser Tatsache müsse durch die Wahl des Absetzungssatzes Rechnung getragen werden. Der von dem Stpfl. für das erste Jahr angewandte Satz von 33 1/3 v. H. sei nicht zu hoch. Das ergebe sich auch aus einem Vergleich mit den für beamteneigene Kraftfahrzeuge vorgesehenen Staffelsätzen; diese seien bei Personenkraftwagen mit einem Anschaffungspreis bis 5500 DM bei 30 000 jährlichen Fahrtkilometern mit 35, 30, 25 und 10 v. H. zugelassen. Der von dem Stpfl. beantragte Satz halte sich in diesem Rahmen, der um so weniger zu beanstanden sei, als der Personenkraftwagen in dem ländlichen Bezirk stark beansprucht werde. An die entgegenstehende Anordnung im Abschnitt 62 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1950 sei das Finanzgericht nicht gebunden.
In der Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts wird demgegenüber unter Berufung auf die vom Reichsfinanzhof aufgestellten Grundsätze ausgeführt, daß die degressive AfA nur ausnahmsweise angewendet werden dürfe. Bei den entschiedenen Fällen habe es sich zudem ausschließlich um Betriebe gehandelt, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt hätten. Wenn auch der Stpfl. nicht vom Buchwert (Restwert) abschreiben wolle, was nur bei Vornahme eines Bestandsvergleiches zulässig sei, so könne doch auch die Absetzung vom Anschaffungswert nach fallenden Sätzen nur bei dem Vorliegen einer ordnungsmäßigen Buchführung stattfinden; es sei bedenklich, die degressive AfA, sei es in der Form der Buchwertabsetzung, sei es in der Form von fallenden Sätzen, allgemein für zulässig zu erklären, insbesondere dürften sich bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG bei beiden Arten Schwierigkeiten ergeben.
Der Vorsteher des Finanzamts ist ferner der Ansicht, daß die degressive Abschreibung entgegen der gleichmäßigen (linearen) Absetzung den Zweck erfüllen solle, dem Stpfl. durch den höheren Abzug die Finanzierung von Neuanschaffungen zu erleichtern. Dieser Gesichtspunkt stehe auch im vorliegenden Falle im Vordergrund. Des weiteren versuche der Stpfl., der mangels ordnungsmäßiger Buchführung § 7a EStG nicht in Anspruch nehmen könne, nunmehr auf dem Wege der degressiven AfA zu dem gleichen Ergebnis zu kommen. Dem dürfe aber wegen des Grundsatzes der gleichmäßigen Behandlung aller Steuerpflichtigen nicht entsprochen werden.
Gemäß § 287 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) ist der Bundesminister der Finanzen dem Verfahren beigetreten; er hat wie folgt Stellung genommen: "In übereinstimmung mit der Auffassung des Bundesfinanzhofs im Urteil vom 20. Mai 1955 - gemeint ist der 11. Februar 1955 - IV 102/53 U - bin ich der Meinung, daß der Wortlaut des § 7 EStG nicht zu der Auslegung zwingt, daß das Steuerrecht lediglich die lineare Absetzung für Abnutzung zuläßt. Andererseits kann aber nicht verkannt werden, daß bei der Schaffung des § 7 EStG nicht unwesentlich der Gedanke eine Rolle gespielt hat, auf der Grundlage der typischen Betrachtungsweise die lineare Absetzungsmethode als die für die Mehrzahl der Fälle angemessene Absetzungsmethode anzusehen. Diesen Grundsatz hat die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs anerkannt und die degressive Absetzungsmethode nur für bestimmte als Ausnahme anzusehende Fälle zugelassen, in denen besondere betriebsbedingte Umstände ein Abweichen von der linearen Absetzungsmethode rechtfertigen. Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß der Nutzen eines Wirtschaftsguts, wenn es in den Jahren der Lebensdauer regelmäßig in Anspruch genommen wird, in der Regel gleichbleibt, und daß nur in den Fällen degressiv abgesetzt werden kann, in denen der Nutzen eines Wirtschaftsguts sich im Laufe der Nutzungsdauer mindert. Es ist nicht anzunehmen, daß das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20. Mai 1955 (11. Februar 1955), nach dem der Steuerpflichtige die Absetzungsmethode wählen muß, die nach den im Betrieb bedingten Gegebenheiten des Wirtschaftsguts angemessen ist, von diesen Gedankengängen der früheren Rechtsprechung abweichen wollte.
Die Frage, ob die Anschaffungskosten für einen Personenkraftwagen degressiv abgesetzt werden können, ist demnach nach den Verhältnissen des Einzelfalls zu entscheiden. Diese Verhältnisse können durchaus so liegen, daß eine degressive Absetzung für Abnutzung in Betracht kommen kann. In der Regel werden aber, wie im vorliegenden Fall, die betrieblichen Verhältnisse bei einem Personenkraftwagen eine degressive Absetzung für Abnutzung nicht zu rechtfertigen vermögen. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines Personenkraftwagens, bei dem es sich um einen üblichen Gebrauchtwagen handelt, wird mit vier oder fünf Jahren anzunehmen sein. Bei dieser Nutzungsdauer lassen sich im Betrieb bedingte Gründe für eine degressive Absetzung für Abnutzung, etwa schnelles Veralten infolge technischer Fortentwicklung oder schnell steigender Reparaturaufwand wegen übermäßiger Inanspruchnahme des Personenkraftwagens im Anfang der Nutzungsdauer nicht finden. Die technische Konstruktion im Kraftwagenbau ist seit Jahren so weit entwickelt, daß sich selbst bei jährlichem Erscheinen neuer Typen auf dem Automarkt die technischen Daten der neuen Typen nicht wesentlich von den technischen Daten der vorherigen Typen unterscheiden. Von einem schnellen Veralten (Fortschrittsrisiko) kann deshalb bei den gebräuchlichen Personenkraftwagen nicht die Rede sein. Mit Rücksicht auf die hochstehende Qualität im Kraftwagenbau kann eine degressive Absetzung für Abnutzung auch nicht damit begründet werden, daß innerhalb einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von vier bis fünf Jahren ein steigender Aufwand für die Erhaltung der Betriebsfähigkeit der Personenkraftwagen notwendig werde, dies selbst bei starker Inanspruchnahme der Personenkraftwagen nicht. Die Erfahrung zeigt, daß, falls nicht Schäden durch Unfälle zu beseitigen sind, ein wesentlicher, die degressive Absetzung rechtfertigender Erhaltungsaufwand innerhalb der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nicht auftritt. Diese Gründe gelten insbesondere im vorliegenden Fall, in dem der Steuerpflichtige als Arzt seinen Wagen lediglich zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und zu Fahrten zum Besuch der Patienten benutzt.
Der Hinweis des Steuerpflichtigen auf die Tatsache, daß der Wert eines Personenkraftwagens schon unmittelbar nach der Ingebrauchnahme erheblich sinkt, liegt neben der Sache. Diese Tatsache beruht nicht auf einer betriebsbedingten Entwertung, sondern darauf, daß das Angebot an Personenkraftwagen auf dem Altwagenmarkt seit langer Zeit bedeutend größer ist als die Nachfrage. Dies hat zur Folge, daß die Preise für Altwagen gegenüber den Anschaffungskosten für neue Personenkraftwagen verhältnismäßig tief liegen. Die Tatsache dieser Wertminderung hat demnach mit der Frage der Absetzung für Abnutzung nichts zu tun.
Der Bundesfinanzhof hat im Urteil vom 20. Mai 1955 (11. Februar 1955) festgestellt, daß § 7 EStG das Ziel verfolge, die nach Handelsrecht zulässigen Absetzungsmethoden auch für das Steuerrecht gelten zu lassen, da sonst ein mit dem Grundsatz der Abhängigkeit der Steuerbilanz von der Handelsbilanz nicht vereinbarer Gegensatz zwischen der Handelsbilanz und der Steuerbilanz hervorgerufen werde. Hieraus wäre zu folgen, daß die Anwendung der degressiven Absetzungsmethode nur für Steuerpflichtige in Betracht kommen kann, die nach Handelsrecht berechtigt sind, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten degressiv abzusetzen. Hierfür ist Voraussetzung, daß die Steuerpflichtigen verpflichtet sind, nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung den Gewinn zu ermitteln oder, ohne dazu verpflichtet zu sein, den Gewinn unter Beachtung dieser Grundsätze ermitteln. Im vorliegenden Fall ermittelt der Steuerpflichtige seinen Gewinn aber nach der Einnahmeüberschußrechnung durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben. Er würde demnach nicht zu den Steuerpflichtigen gehören, die berechtigt sind, die degressive Absetzungsmethode für sich in Anspruch zu nehmen.
Von einer weiteren Erörterung der grundsätzlichen Fragen der degressiven Abschreibungen sehe ich im vorliegenden Fall ab, möchte sie mir aber für einen Fall vorbehalten, in dem die degressive Abschreibung von einem buchführenden Steuerpflichtigen angewandt worden ist".
Gegenüber den Darlegungen des Bundesministers der Finanzen hat der Stpfl. wie bereits in den früheren Instanzen darauf hingewiesen, daß sowohl der Bundesminister der Finanzen wie die Vorinstanzen der Tatsache nicht Rechnung trügen, daß ein Auto mit der Herausnahme aus dem Ausstellungsraum und der Ingebrauchnahme als ein "motorisierter Haufen Blech" eine erhebliche Werteinbuße erleide. Im Streitfall handele es sich nicht um die degressive AfA mit fallenden Sätzen, sondern um die Teilwertabschreibung im ersten Jahre und die gleichmäßige Absetzung für den Restwert.
Entscheidungsgründe
Der Rechtsbeschwerde kann der Erfolg nicht versagt werden.
Das Verlangen des Stpfl. auf Anerkennung einer Teilwertabschreibung ist rechtlich nicht begründet. Eine solche ist, wie das Finanzgericht zutreffend ausführt, nur bei einer Gewinnermittlung möglich, die vom Wert des Betriebsvermögens ausgeht (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG); wird sie, wie auch beim Stpfl., nach § 4 Abs. 3 EStG vorgenommen, so bleibt der Wert des Betriebsvermögens unberücksichtigt. Die Bewertungsvorschriften des § 6 Abs. 1 EStG sind daher nicht anwendbar. Im übrigen würde auch beim Vorliegen einer ordnungsmäßigen Buchführung die vom Stpfl. gegebene Begründung zu einem Herabgehen auf den Teilwert nicht ausreichen; der Stpfl. verkennt den Begriff. Der Teilwert ist ein anderer Wert als der gemeine Wert (Verkaufswert); im allgemeinen liegt er über diesem. Dem Teilwert liegt der Gedanke zugrunde, daß nicht der Einzelwert, sondern der Wert, der dem Wirtschaftsgut im Rahmen des Betriebes zukommt, angesetzt wird. Durch die Ingebrauchnahme eines Wirtschaftsgutes, z. B. eines Kraftwagens, die - das ist dem Stpfl. zuzugeben - den Verkaufswert (gemeinen Wert) meist erheblich mindert, wird aber der Teilwert nicht beeinflußt. Dieser ist ein objektiver Wert und geht von der Vorstellung eines Betriebserwerbs und einer Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf die einzelnen Wirtschaftsgüter aus, wobei die Absicht unterstellt wird, den Betrieb fortzuführen.
Dem Verlangen des Stpfl. auf Anerkennung des von ihm vorgenommenen Abzuges von 1/3 des Anschaffungspreises könnte nur entsprochen werden, wenn, wie in der Vorentscheidung zutreffend hervorgehoben, die Voraussetzungen für die Vornahme der degressiven AfA (Abschreibung) gegeben sind. Das ist zu verneinen.
Zu der Frage der Zulässigkeit der degressiven Abschreibung hat der Senat in dem bereits angeführten Urteil IV 102/53 U vom 11. Februar 1955 (Slg. Bd. 60 S. 429, BStBl 1955 III S. 165 = StRK EStG § 7 Rechtsspruch 7) eingehend Stellung genommen; der I. Senat ist ihm in der Entscheidung I 78/53 U vom 14. Juni 1955 (BStBl 1955 III S. 265 StRK EStG § 7 Rechtsspruch 11) beigetreten. Es besteht nach wie vor kein Anlaß, von den im Urteil IV 102/53 U aufgestellten Grundsätzen abzuweichen. Danach ist die degressive Abschreibung zwar grundsätzlich zulässig, es besteht jedoch hinsichtlich der Abschreibungsmethode kein Wahlrecht; es ist vielmehr im Einzelfall zu untersuchen, welches Abschreibungsverfahren den gegebenen Verhältnissen entspricht. Diese können, wie auch der Bundesminister der Finanzen anerkennt, durchaus so liegen, daß die betrieblichen Verhältnisse auch bei einem Personenkraftwagen die Anwendung der degressiven AfA rechtfertigen. In der Entscheidung IV 102/53 U sind eine Reihe von Gesichtspunkten aufgeführt, bei deren Vorliegen die Zulässigkeit der degressiven AfA bejaht werden kann, insbesondere kann sie in steigendem Erhaltungsaufwand und in der Gefahr der Veralterung auf Grund des technischen Fortschritts begründet sein. Dem Fortschrittsrisiko sei jedoch in der Regel nur dann ein bedeutsames Gewicht beizulegen, wenn das Betriebsergebnis dadurch beeinflußt werde. In dem Grundsatzurteil ist bereits darauf hingewiesen, daß das bei Personenkraftwagen im allgemeinen nicht anzunehmen ist. Der Stpfl. hat in dieser Beziehung nichts vorgetragen. Es sind auch sonst keine Umstände erkennbar, daß der Gewinn des Stpfl. davon berührt wird, ob er ein älteres oder neueres Modell bei der Ausübung seiner Praxis benutzt. Auch das Finanzgericht hat seine Entscheidung nicht hierauf abgestellt, sondern allein den Gesichtspunkt der Wertminderung als maßgeblich angesehen. Dieser Beurteilung kann jedoch nicht gefolgt werden, da der Wert eines Wirtschaftsgutes mit der Verteilung der Anschaffungs- und Herstellungskosten im Wege der AfA nach § 7 EStG grundsätzlich nichts zu tun hat; beide Institutionen beruhen, wie auch IV 102/ 53 U ausspricht, auf verschiedenen Rechtsgrundlagen und anderen rechtlichen Voraussetzungen. Zwar kann nach dieser Entscheidung "der Teilwert für die Schätzung für die Abnutzungsabsetzungen eine Unterlage bilden", auch sei es nicht richtig, ihm jede Bedeutung für die Beurteilung der Richtigkeit der angewandten Sätze abzusprechen. Diese Ausführungen sind vom Schrifttum angegriffen worden (siehe Wirtschafts-Kartei, Blattei-Kommentar - Forkel-Verlag - "Einkommensteuerrecht" II B 82, 273/59, insbesondere 273/63-65); danach sei "der Teilwertgedanke bei den überlegungen betreffend die Abschreibungsarten § 7 EStG völlig außer acht zu lassen". Eine Erörterung im einzelnen erübrigt sich, weil sich die Darlegungen des Urteils IV 102/53 U nur auf die Höhe der anzuwendenden Sätze, nicht aber auf die Zulässigkeit der degressiven Abschreibungsmethode beziehen; das ergibt sich eindeutig auch aus dem Rechtssatz 3 der Entscheidung. Im Streitfall geht es aber zunächst darum, ob die degressive AfA überhaupt zum Zuge kommen kann. Hierzu genügt aber nicht allein der Hinweis auf den Teilwert, d. h. nicht die Behauptung, der Wert des Wirtschaftsgutes sei allein durch den Kaufvorgang gesunken. Die Entscheidung soll in dieser Beziehung nur besagen, daß "der Teilwert eine Unterlage für die Schätzung der AfA bilden kann". Auch soweit etwa die Ausführungen des Stpfl. dahin verstanden werden sollen, daß das Herabgehen auf den Teilwert die Zulässigkeit der degressiven AfA bedinge, sind sie rechtsirrtümlich. Die Unabhängigkeit der AfA von der Bewertung nach dem Teilwert ergibt sich auch daraus, daß erstere zu einem unter diesem liegenden Wert führen kann, wobei es nicht darauf ankommt, ob in linearer oder degressiver Form abgeschrieben wird.
Nicht ausdrücklich befaßt sich die Vorentscheidung mit der vom Vorsteher des Finanzamts vertretenen Auffassung, die degressive AfA könne nur von buchführenden Steuerpflichtigen mit Bestandsvergleich in Anspruch genommen werden. Auch der Bundesminister der Finanzen glaubt, daß aus dem Hinweis in dem Grundsatzurteil auf die Beziehungen zwischen Handels- und Steuerbilanz gefolgert werden könne, die Anwendung der degressiven AfA setze eine Buchführung im Sinne der §§ 4 Abs. 1, 5 EStG voraus. Das ist zu verneinen.
Es ist nicht zweifelhaft, daß § 7 EStG für alle Einkunftsarten gilt, bei denen abnutzungsfähige Wirtschaftsgüter in Betracht kommen, deren Verwendung oder Nutzung sich auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt. In IV 102/53 U ist dargelegt, daß das EStG die lineare AfA vom Anschaffungs- oder Herstellungswert nicht als allein zulässig oder bevorzugt vorschreibt. § 7 EStG spricht lediglich von der "Verteilung" der Anschaffungs- und Herstellungskosten, ohne zu der Methode der Verteilung etwas zu sagen. Der Gesetzgeber dürfte zwar in erster Linie an die gleichmäßige AfA gedacht haben; es kann aber daraus nicht geschlossen werden, daß er nur diese allein für zulässig gehalten hat und hält. Vielmehr stehen alle Abschreibungsarten im Rahmen des § 7 gleichwertig nebeneinander, nicht nur die lineare und degressive, sondern z. B. auch die progressive und die nach der Leistungseinheit. Bei keiner dieser Arten hat das Gesetz das Vorhandensein einer Buchführung gefordert. Es kann daher auch rechtlich die Inanspruchnahme einer der Arten nicht davon abhängig gemacht werden, ob eine ordnungsmäßige Buchführung mit Bestandsvergleich vorliegt oder nicht. Das folgt auch daraus, daß in den Fällen, in denen in Bezug auf die AfA besondere Vergünstigungen vom Gesetz gewährt werden, z. B. im § 7a EStG, ausdrücklich das Vorliegen einer ordnungsmäßigen Buchführung zum Gesetzestatbestand gemacht worden ist. Im § 7 ist das nicht geschehen. Es kann deshalb auch die Abschreibung vom sogenannten Buchwert ohne Vorliegen einer Buchführung nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG vorgenommen werden. Der Ausdruck Buchwert paßt zwar nach seinem Wortlaut nur auf buchführende Steuerpflichtige, die Buchwertabschreibung bedingt aber nicht das Vorliegen einer Buchführung, sie besagt vielmehr ihrem Inhalt nach nur, daß die AfA vom jeweiligen Restwert vorgenommen werden kann. Das ist aber auch bei den nichtbuchführenden Steuerpflichtigen und bei jeder Einkommensteuerart möglich. Der in dieser Beziehung ohne nähere Begründung vom Reichsfinanzhof im Urteil VI 654/38 vom 26. Oktober 1938, RStBl 1939 S. 115 = GW-StRK II, 368, vertretenen gegenteiligen Auffassung kann daher nicht gefolgt werden. Auch die Ausführungen in IV 102/53 U in Bezug auf die Handels- und Steuerbilanz sind nicht, wie der Bundesminister der Finanzen meint, dahin zu verstehen, als ob nur buchführende Steuerpflichtige mit Bestandsvergleich von der degressiven Abschreibung Gebrauch machen dürfen; der Zusammenhang, in dem diese Darlegungen stehen, ergibt, daß sie nur zum Ausdruck bringen wollen, die Zulässigkeit der degressiven AfA im Einkommensteuerrecht trage auch der handelsrechtlichen übung Rechnung und verhindere insoweit ein Auseinandergehen in dieser Frage.
Die Auffassung, für die Anwendung der degressiven AfA sei das Vorhandensein einer ordnungsmäßigen Buchführung im Sinne der §§ 4 Abs. 1, 5 EStG erforderlich, wäre nur vertretbar, wenn sie bezüglich der rechtlichen Grundlage nicht auf § 7 EStG, sondern auf die Grundsätze der kaufmännischen Buchführung gestützt werden könnte. Das ist aber nicht der Fall. Abgesehen davon, daß es dann zweifelhaft sein könnte, ob die AfA in degressiver Form in den Fällen des § 4 Abs. 1 EStG zum Zuge kommen kann, würde damit § 5 EStG gegenüber § 7 a. a. O. der Vorrang einzuräumen sein. Eine solche Auslegung entspricht nicht dem EStG. § 7 EStG ist als Spezialvorschrift bei allen Gewinnermittlungsarten anzuwenden, sie geht deshalb § 5 a. a. O. vor. Die Frage der AfA, und zwar jeder Art, ist in § 7 EStG ausschließlich geregelt, und findet allein in dieser Bestimmung ihren Rechtsgrund. Dieses Ergebnis entspricht auch der Beurteilung in der Entscheidung IV 102/53 U und deckt sich mit der Auffassung des Bundesministers der Finanzen, der Wirtschaft und des Schrifttums.
Es bestehen somit keine Bedenken, auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die degressive AfA anzuwenden, sofern nur die Voraussetzungen im übrigen gegeben sind. Die vom Vorsteher des Finanzamts befürchteten Schwierigkeiten in der Nachprüfung und überwachung werden nicht bestehen. Nach §§ 204 ff. AO hat der Stpfl. etwaige Zweifel und Lücken seiner Steuererklärung zu beseitigen. Regelmäßig wird er bereits im eigenen Interesse in einer Anlage zur Steuererklärung die für die Nachprüfung der AfA erforderlichen Angaben machen; geschieht das fortlaufend, so kann die Richtigkeit der jeweils vorgenommenen Abschreibungsart und die Höhe der Beträge vollständig nachgeprüft werden. In jedem Fall kann ein Steuerpflichtiger nur dann die von ihm begehrte AfA beanspruchen, wenn er dem Finanzamt durch entsprechende Unterlagen dartut, welche Abschreibungsabsetzungsmethode er vorgenommen, und wie er den jeweiligen Absetzungsbetrag ermittelt hat. Diesem Erfordernis wird auch genügt, wenn die Steuerpflichtigen ein besonderes, laufend geführtes Verzeichnis führen, in das für jedes einzelne Wirtschaftsgut die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, der Tag der Anschaffung oder Herstellung, und die Art und Höhe der AfA aufgenommen werden.
Da das Finanzgericht in Bezug auf Zulässigkeit der degressiven AfA von einer unrichtigen Beurteilung ausgegangen ist, war sie aufzuheben und die Berufung gegen die Einspruchsentscheidung als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 408338 |
BStBl III 1956, 38 |
BFHE 1956, 97 |
BFHE 62, 97 |
BB 1956, 134 |
DB 1956, 102 |