Leitsatz (amtlich)
Ist eine unverzinslich gestundete Kaufpreisforderung in monatlichen Raten zu entrichten, so ist sie jedenfalls dann mit ihrem abgezinsten Wert anzusetzen, wenn ihre Laufzeit unter Berücksichtigung der gesamten Tilgungszeit nicht nur von kürzerer Dauer ist. Zur Frage der "kürzeren Laufzeit".
Normenkette
GrEStG Schleswig-Holstein § 10 Abs. 1; GrEStG Schleswig-Holstein § 11 Abs. 1 Nr. 1; AOAnwG Schleswig-Holstein § 1 Abs. 1 Nr. 4; BewG 1965 § 12 Abs. 3
Tatbestand
Die Klägerin erwarb in einem Zwangsversteigerungsverfahren als Meistbietende ein Grundstück zur Rettung der für sie eingetragenen Grundpfandrechte.
Durch Vertrag vom 6. Dezember 1966 verkaufte die Klägerin das Grundstück.
Ein Teil des Kaufpreises in Höhe von 40 000 DM wurde dem Käufer in der Weise zinslos gestundet, daß ab 1. Juli 1967 monatlich 1 100 DM zu zahlen waren.
Das FA hat wegen der Weiterveräußerung des Grundstücks gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer bis zur Hälfte des von dieser erzielten Mehrerlöses nacherhoben und die Grunderwerbsteuer demgemäß auf (50 v. H. aus 10 000 DM =) 5 000 DM festgesetzt.
Nach erfolglosem Einspruch der Klägerin hat das FG die Steuern auf 2 918,50 DM herabgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der in Raten zu zahlende Kaufpreisteilbetrag von 40 000 DM sei gemäß § 12 Abs. 3 BewG nur abgezinst auf 35 837 DM der Besteuerung zugrunde zu legen. Dadurch ergebe sich ein "Mehrerlös" im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 4 GrEStG in Höhe von nur 5 837 DM, weshalb die Grunderwerbsteuer nur auf die Hälfte dieses Betrages festgesetzt werden dürfe.
Mit der Revision rügt das FA unrichtige Anwendung materiellen Rechts. Nach der Rechtsprechung des BFH seien nur "längerfristig" gestundete Kaufpreisforderungen abzuzinsen. Die Frist im vorliegenden Falle betrage dreieinhalb Jahre und sei mithin nicht längerfristig.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist unbegründet.
Das FG hat bei der Ermittlung der Gegenleistung für den Weiterverkauf des durch die Klägerin im Wege der Zwangsversteigerung erworbenen Grundstücks zu Recht den unverzinslich gestundeten Teil des Kaufpreises (40 000 DM) gemäß § 12 Abs. 3 BewG 1965 abgezinst. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 9. September 1959 II 55/68 U (BFHE 70, 537, BStBl III 1960, 200) aus § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1940 hergeleitet, daß die Steuer vom Wert des Kaufpreises zu berechnen ist und daß für die Wertermittlung die allgemeinen Bewertungsvorschriften des Bewertungsgesetzes - auch § 14 Abs. 3 BewG 1934 (vgl. jetzt § 12 Abs. 3 BewG 1965/1974) - maßgebend sind (vgl. zur Anwendung der allgemeinen Bewertungsvorschriften § 1 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über die Anwendung der Reichsabgabenordnung und anderer Abgabengesetze - AOAnwG - Schleswig-Holstein). In dieser Entscheidung wurde einschränkend ausgesprochen, daß eine Abzinsung unverzinslicher befristeter Forderungen nur in Betracht kommt, wenn die Forderungen "längerfristig" sind. Wie die Ausführungen in diesem Urteil unter III. zeigen, ist dieser Begriff im Gegensatz zu den Forderungen und Schulden mit kürzerer Laufzeit gesehen worden, auf die § 14 Abs. 1 BewG 1934 angewendet werden sollte. Nur bei Forderungen und Schulden mit kürzerer Laufzeit sollte danach die Anwendung des § 14 Abs. 3 BewG 1934 (= § 12 Abs. 3 BewG 1965) ausgeschlossen werden.
Es bedarf keiner Entscheidung, ob diese Auffassung der Korrektur bedarf. Denn eine ratenweise zu tilgende unverzinsliche Forderung kann zur Beurteilung ihrer Laufzeit nur als Einheit angesehen werden. Ist - wie im zu entscheidenden Fall - die Forderung in einer Weise gestundet, daß die letzte Rate erst mehr als drei Jahre nach Abschluß des Kaufvertrags fällig wird, so kann von einer kürzeren Laufzeit, die möglicherweise eine Ausnahme von dem in § 12 Abs. 3 BewG 1965 normierten Abzinsungsgrundsatz rechtfertigen könnte, keine Rede sein, mag die erste Rate auch bereits nach einigen Monaten fällig sein.
Fundstellen
Haufe-Index 71898 |
BStBl II 1976, 545 |
BFHE 1977, 83 |
NJW 1976, 1768 |