Entscheidungsstichwort (Thema)
Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde bei kostenrechtlichen Folgeentscheidungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Besteht eine Akzessorietät zwischen ursprünglicher Kostengrundentscheidung und kostenrechtlichen Folgeentscheidungen (hier: Kostenrechnung und hiergegen gerichtete Erinnerung), können die unselbständigen Folgeentscheidungen mit der Verfassungsbeschwerde nur dann angegriffen werden, wenn sie eine eigene, über den vermeintlich in der Kostengrundentscheidung liegenden Grundrechtsverstoß hinausgehende Verletzung von Grundrechten enthalten.
2. Eine von der Akzessorietät zwischen Kostengrundentscheidung und den hier angegriffenen Folgeentscheidungen unabhängige Beschwer grundrechtlicher Art kann nicht darin gesehen werden, daß dem Beschwerdeführer die Anwendung des § 8 GKG versagt wurde.
Normenkette
BVerfGG § 90 Abs. 1; GKG §§ 8, 49 S. 1, § 54 Nr. 1
Verfahrensgang
Gründe
1. Die Verfassungsbeschwerden sind unzulässig, soweit die Beschwerdeführer sich allgemein auf die Dauer des finanzgerichtlichen Verfahrens berufen. Insoweit haben sie nämlich nicht hinreichend deutlich die Möglichkeit dargelegt, gerade durch die angegriffenen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs in ihren Grundrechten verletzt zu sein (§§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 BVERFGG).
Die Kostenrechnung sowie die Entscheidungen über die dagegen erhobene Erinnerung und über die Gegenvorstellung haben zunächst die Qualität unselbständiger Folgeentscheidungen der ursprünglichen Kostenentscheidung. Diese Kostenentscheidung ist Bestandteil des Beschlusses des BFH vom 3. Oktober 1989 (VIII B 59/89), mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde der Beschwerdeführer als unbegründet zurückgewiesen wurde. Gegen diesen Beschluß haben die Beschwerdeführer bereits eine noch anhängige Verfassungsbeschwerde erhoben (1 BvR 1490/89), mit der sie auch die Auferlegung der Verfahrenskosten unter dem Blickwinkel einer überlangen Verfahrensdauer zur verfassungsgerichtlichen Prüfung stellen. Mit den vorliegenden Verfassungsbeschwerden bekräftigen sie lediglich ihre diesbezüglichen Angriffe und lenken sie nun zusätzlich gegen die unselbständigen Folgeentscheidungen. Das ist jedoch unzulässig, weil nicht erkennbar gemacht wird, inwiefern die Folgeentscheidungen eine eigenständige Grundrechtsverletzung enthalten, die über diejenige in der Kostengrundentscheidung hinausgehen könnte. Die Folgeentscheidungen stehen und fallen insoweit mit der Grundentscheidung. Sollte diese wegen eines Grundrechtsverstoßes aufgehoben werden, wie er möglicherweise in einer überlangen Verfahrensdauer liegt, würden die Folgeentscheidungen ohne weiteres gegenstandslos werden. Sollte dagegen die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 1490/89 erfolglos bleiben, wären auch die Folgeentscheidungen mit dem Hinweis auf die Verfahrensdauer nicht mehr angreifbar.
2. Eine von dieser Akzessorietät unabhängige Beschwer grundrechtlicher Art kann auch nicht darin gesehen werden, daß den Beschwerdeführern die Anwendung des § 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG) versagt wurde. In dieser Hinsicht ist ihre Verfassungsbeschwerde ohne Aussicht auf Erfolg. Zwar liegt insoweit in dem Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 30. Januar 1990 (VIII E 1/90) eine gegenüber der Kostengrundentscheidung desselben Gerichts vom 3. Oktober 1989 (VIII B 59/89) selbständige Entscheidung vor. Ist diese jedoch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, worüber im Verfahren 1 BvR 1490/89 entschieden werden muß, so besteht auch keine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Revisions- bzw. Beschwerdegerichts, § 8 GKG in der Weise auszulegen, daß Kosten für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht zu erheben sind. Wird die Kostengrundentscheidung dagegen im Verfahren 1 BvR 1490/89 aufgehoben, so besteht für eine Anwendung des § 8 GKG kein Bedarf. Es besteht auch keine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Revisions- bzw. Beschwerdegerichts, § 8 GKG in der Weise auszulegen, daß Kosten für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht zu erheben sind.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Kammerbeschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Januar 1987 (1 BvR 103/85, Der Betrieb 1987, 1722). Dort ging es um die Erstattung der im Verfassungsbeschwerde-Verfahren entstandenen Auslagen nach § 34a Abs. 3 BVERFGG, die im Ermessen des Bundesverfassungsgerichts liegt. Die Kostenschuld der Beschwerdeführer ergibt sich dagegen zwingend aus den §§ 49 Satz 1, 54 Nr. 1 GKG i.V.m. der Kostengrundentscheidung. Auch § 8 GKG läßt keinen Ermessensspielraum.
3. Die Verfassungsbeschwerden haben schließlich auch insoweit keine Aussicht auf Erfolg, als die Beschwerdeführer in der Zurückweisung ihrer Gegenvorstellung eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) erkennen wollen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar in einer früheren Entscheidung angedeutet, daß es von Verfassungs wegen naheliege, bei offenkundiger Verletzung des rechtlichen Gehörs Gegenvorstellungen allgemein zuzulassen (BVERFGE 73, 322 ≪329≫). Eine solche offenkundige Verletzung des rechtlichen Gehörs durch den Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 3. Oktober 1989 (VIII B 59/89) ist jedoch im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen