Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit des § 17a Abs. 2 BewG. Bewertung von Erbbauzinsverpflichtungen
Leitsatz (amtlich)
Zur verfassungskonformen Auslegung des § 17 a Abs. 2 des Bewertungsgesetzes i.d.F. des Bewertungsänderungsgesetzes vom 10. August 1963.
Normenkette
BewG § 17a Abs. 2; BewGÄndG Art. 7 S. 2; GG Art. 20 Abs. 3
Tenor
Artikel 7 Satz 2 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 10. August 1963 (BGBl I S. 676) ist mit dem GG vereinbar, soweit diese Bestimmung anordnet, daß § 17 a Absatz 2 des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 10. August 1963 in der sich aus den Gründen dieser Entscheidung ergebenden Auslegung erstmals bei der Durchführung der Hauptveranlagung zur Vermögensteuer zum 1. Januar 1963 und der Hauptfeststellung der Einheitswerte der gewerblichen Betriebe zum 1. Januar 1963 anzuwenden war.
Tatbestand
A.
I.
1. Die Vorschriften über die Bewertung von Wirtschaftsgütern als Grundlage insbesondere der Vermögensbesteuerung sind im BewG vom 16. Oktober 1934 (RGBl I S. 1035) zusammengefaßt. … Für das vorliegende Verfahren ist die im Jahre 1963 geltende Fassung maßgebend.
…
2. Erbbaurechte gehören zum Grundvermögen (§ 50 Abs. 2 BewG). Ist ein Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, so wird sowohl für die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts als auch für die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks jeweils ein Einheitswert festgestellt (§ 92 Abs. 1 BewG 1965). Den wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechend wird jedoch der Gesamtwert des belasteten Grundstücks bei langjähriger Dauer (50 Jahre und mehr) des Erbbaurechts in vollem Umfang dem Erbbauberechtigten zugerechnet. Bei kürzerer Dauer des Erbbaurechts wird der Wert der Gebäude und der nach einem besonderen Schlüssel ermittelte Anteil des Erbbaurechts am Bodenwert dem Erbbauberechtigten, der verbleibende Anteil des Bodenwerts dem Grundstückseigentümer zugerechnet (§ 92 Abs. 2 und 3 BewG 1965, ebenso früher § 46 Abs. 2 und 3 BewDV).
Bei dem Grundstückseigentümer wird das kapitalisierte Forderungsrecht auf die Erbbauzinsen gesondert bewertet. § 92 Abs. 5 BewG 1965 (gleichlautend früher § 46 Abs. 4 BewDV) bestimmt:
„Das Recht auf den Erbbauzins ist nicht als Bestandteil des Grundstücks zu berücksichtigen, sondern bei der Ermittlung des sonstigen Vermögens oder des Betriebsvermögens des Eigentümers des belasteten Grundstücks anzusetzen. Dementsprechend ist die Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses nicht bei der Bewertung des Erbbaurechts zu berücksichtigen, sondern bei der Ermittlung des Gesamtvermögens (Inlandsvermögens) oder des Betriebsvermögens des Erbbauberechtigten abzuziehen.”
Bis zum Inkrafttreten des Gesetzeis zur Änderung des Bewertungsgesetzes (BewÄndG 1963) vom 10. August 1963 (BGBl I S. 676) wurde das Recht auf den Erbbauzins voll mit seinem nach § 15 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BewG zu ermittelnden Kapitalwert angesetzt. § 15 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BewG lautete:
„Der Gesamtwert von Nutzungen oder Leistungen, die auf bestimmte Zeit beschränkt sind, ist die Summe der einzelnen Jahreswerte abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen. Dabei ist von einem Zinssatz von 5,5 vom Hundert auszugehen. Der Gesamtwert darf das Achtzehnfache des Jahreswertes nicht übersteigen.”
Die gleichen Grundsätze galten bei der Bewertung der Verpflichtung des Erbbauberechtigten zur Zahlung des Erbbauzinses (BFH, Urteil vom 26. Juni 1959 [BStBl III, 1959 S. 364]).
Durch Art. 1 Nr. 3 BewÄndG 1963 ist dem BewG ein neuer § 17 a Abs. 2 (jetzt § 16 Abs. 2 BewG 1965) eingefügt worden, welcher lautet:
„Bei der Ermittlung des Kapitalwerts des Erbbauzinses kann der Jahreswert des Erbbauzinses nicht mehr als den achtzehnten Teil des Werts betragen, der sich nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes für den Grund und Boden des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ergibt.”
Art. 7 BewÄndG 1963 bestimmt über das Inkrafttreten des Gesetzes:
„Artikel 1 Ziff. 15 Buchstabe a und Ziff. 21, soweit durch diese Bestimmung § 74 Abs. 1 Ziff. 3 des Bewertungsgesetzes betroffen ist, sind erstmals bei der Durchführung von Neu- und Nachveranlagungen zur Vermögensteuer zum 1. Januar 1964 anzuwenden. Im übrigen sind die Artikel 1 bis 4 erstmals bei Durchführung der Vermögensteuer-Hauptveranlagung zum 1. Januar 1963, bei der Hauptfeststellung der Einheitswerte der gewerblichen Betriebe zum 1. Januar 1963 und bei einer Fortschreibung oder Nachfeststellung der Einheitswerte für Mineralgewinnungsrechte zum 1. Januar 1963 anzuwenden.”
II.
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, eine gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 f VStG unbeschränkt vermögensteuerpflichtige Kreditanstalt des öffentlichen Rechts, hatte in ihrer Vermögenserklärung zum 1. Januar 1963 ihre Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses für ein Erbbaurecht wie bisher mit dem Achtzehnfachen des Jahreswerts von … DM, nämlich mit … DM angesetzt. Sie hatte das in erster Linie damit begründet, daß § 17 a Abs. 2 BewG lediglich die Grundstückseigentümer und Erbbauverpflichteten begünstigen wolle, dagegen bei der Bewertung der Erbbauzinsverpflichtung des Erbbauberechtigten nicht zum Zuge komme. Halte man § 17 a Abs. 2 BewG – entgegen ihrer Auffassung – auch für anwendbar auf die Bewertung von Erbbauzinsverpflichtungen, so sei die Vorschrift jedenfalls insoweit wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig. Gegen das GG verstoße ferner Art. 7 Satz 2 BewÄndG 1963, da dieser eine Rückwirkung des § 17 a Abs. 2 BewG anordne.
Das FA hält § 17 a Abs. 2 BewG für anwendbar und die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin für unbegründet. Es bemaß daher bei der Ermittlung des Kapitalwerts der Erbbauzinsverpflichtung der Klägerin in einem vorläufigen Bescheid vom 28. August 1964 betreffend den Einheitswert des Betriebsvermögens und die Festsetzung der Vermögensteuer zum 1. Januar 1963 den Jahreswert des Erbbauzinses auf den achtzehnten Teil des Einheitswerts des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks. Daraus ergibt sich für die Klägerin eine Vermögensteuermehrbelastung von … DM im Kalenderjahr 1963.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Klage, mit der die Klägerin ihren Rechtsstandpunkt weiter verficht.
Das FG hat sein Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und am 14. Dezember 1967 dem BVerfG die Frage vorgelegt,
ob Art. 7 Satz 2 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 10. August 1963 (BGBl I S. 676) mit dem Grundgesetz vereinbar ist, soweit diese Vorschrift anordnet, § 17 a Abs. 2 BewG in der Fassung des Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes vom 10. August 1963 sei erstmals bei der Durchführung der Hauptveranlagung zur Vermögensteuer zum 1. Januar 1963 und der Hauptfeststellung der Einheitswerte der gewerblichen Betriebe zum 1. Januar 1963 für die Ermittlung des Kapitalwerts der Erbbauzinsverpflichtung des Erbbauberechtigten anzuwenden.
Zur Begründung hat es ausgeführt: § 17 a Abs. 2 BewG gelte auch für die Erbbauzinsverpflichtung des Erbbauberechtigten. Das ergebe sich aus dem Wortlaut und werde durch die systematische Stellung der Vorschrift im Ersten Teil des Gesetzes „Allgemeine Bewertungsvorschriften”, welche sich von § 14 an auf die Bewertung von Ansprüchen und Verpflichtungen bezögen, bestätigt. Aus Zweck und Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergebe sich nichts, was die Annahme rechtfertigen könnte, mit der Einfügung des § 17 a Abs. 2 BewG sei lediglich beabsichtigt gewesen, den Erbbauzinsanspruch niedriger als bisher, hingegen die Verpflichtung, Erbbauzinsen zu zahlen, weiterhin nach § 15 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BewG zu bewerten.
§ 17 a Abs. 2 BewG lasse sich in das System des Bewertungsrechts zwar nur schwer einfügen. Das Bestreben des Gesetzgebers, steuerlich einschneidende Wertveränderungen des Gesamtvermögens oder des Betriebsvermögens zuungunsten des Erbbauverpflichteten und zugunsten des Erbbauberechtigten infolge der Umschichtung von Grundbesitz in das Recht auf den Erbbauzins einerseits und infolge der Verpflichtung zur Erbbauzinsleistung aus Gründen des Erbbaurechtserwerbs andererseits auszuschließen, sei jedoch nicht willkürlich. Die Bestimmung als solche könne daher „verfassungsrechtlich noch hingenommen werden”.
Der Gesetzgeber habe aber die für die Erbbauberechtigten einschneidende Gesetzesänderung nicht rückwirkend vornehmen dürfen. Das sei durch Art. 7 Satz 2 BewÄndG 1963 geschehen. Die Vorschrift ordne an, daß § 17 a Abs. 2 BewG erstmalig bei der Durchführung der Hauptfeststellung der Einheitswerte der gewerblichen Betriebe zum 1. Januar 1963 und der Vermögensteuerhauptveranlagung zum 1. Januar 1963 anzuwenden sei.
§ 17 a Abs. 2 BewG enthalte insoweit eine belastende Regelung, als die Vorschrift im Gegensatz zum früheren Rechtszustand den Abzug der Erbbauzinsverpflichtungen als Schuldposten auf den Betrag begrenze, der sich nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes als Wert für den Grund und Boden des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ergebe. Die Belastung trete rückwirkend ein; denn das Gesetz beziehe sich auf einen unter dem früheren, günstigeren Rechtszustand bereits abgeschlossenen Tatbestand.
Eine zulässige Ausnahme von dem Grundsatz, daß belastende Steuergesetze ihre Wirkung nicht auf abgeschlossene Tatbestände erstrecken dürfen, liege nicht vor. Weder sei mit der rückwirkenden Änderung zu rechnen gewesen, noch sei sie durch dem Gebot der Rechtssicherheit übergeordnete zwingende Gründe des gemeinen Wohls geboten gewesen.
III.
1. Der BdF, der sich namens der Bundesregierung geäußert hat, tritt der Auffassung des vorlegenden Gerichts, Art. 7 Satz 2 BewÄndG 1963 verstoße gegen das Rückwirkungsverbot, entgegen. Ziel des Gesetzgebers sei es vor allem gewesen, die Grundstückseigentümer als Empfänger des Erbbauzinsses zu begünstigen. Hinsichtlich der zur Zahlung des Erbbauzinses Verpflichteten sei unterstellt worden, daß die weitaus überwiegende Mehrheit gar nicht vermögensteuerpflichtig sei und deshalb von einer Rückwirkung keine Nachteile zu befürchten habe. Im übrigen sei nur ausgegangen, daß eine eventuelle Schreibstellung dieses Personenkreises als immanenter Bestandteil der in erster Linie begünstigenden Neuregelung mit in Kauf genommen werden könne.
Auch gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 17 a Abs. 2 BewG bestünden keine durchgreifenden Bedenken. Die Einfügung dieser Vorschrift sei durch das Urteil des BFH vom 26. Juni 1959 (BStBl III 1959 S. 364) veranlaßt worden. In dieser Entscheidung sei klargestellt worden, daß – entgegen dar bisherigen Verwaltungspraxis – das Recht auf den Erbbauzins beim Eigentümer des Grund und Bodens ohne Rücksicht auf die Bewertung des Grundstücks und des Erbbaurechts und mit seinem Kapitalwert anzusetzen sei. Das dadurch hervorgetretene Ungleichgewicht zwischen dem steuerlichen Wertansatz des Erbbaurechts und dem Wertansatz für die Erbbauzinsforderungen und Erbbauzinsschulden beruhe auf der Unstimmigkeit zwischen den Tür den Grundbesitz noch aussendenden alten Einheitswerten nach dem Wertniveau vom 1. Januar 1935 einerseits und den nach § 15 BewG für den Erbbauzins Anzusetzenden kapitalisierten Werten andererseits. Der Gesetzgeber habe ohne Verstoß gegen Verfassungssätze dieses Ungleichgewicht korrigieren können. Die Korrektur werde von sachgerechten Erwägungen getragen. Der Grundstückseigentümer, welcher die Grundstücksnutzung aufgebe, solle durch die Erbbaurechtsbestellung steuerlich nicht benachteiligt werden, indem ihm anstelle des niedereren Grundstückseinheitswerts der in der Regel höhere Wert der kapitalisierten Erbbauzinsforderung zugerechnet werde. Andererseits solle dem Erbbauberechtigten grundsätzlich nicht gestattet sein, in bezug auf das Erbbaurecht steuerlich eine Überschuldung auszuweisen, welche im Hinblick auf den realen Grundstückswert nicht bestehe. Dies bestätige auch die Entstehungsgeschichte.
In Anbetracht dessen bestehe für eine verfassungskonforme Auslegung dahin, daß § 17 a Abs. 2 BewG auf die Bewertung der Erbbauzinsverpflichtung keine Anwendung finde, kein Anlaß. Sie wäre im übrigen weder mit dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers noch mit dem systematischen Zusammenhang, in den § 17 a Abs. 2 BewG gestellt sei, vereinbar.
2. Der BFH, der gemäß § 82 Abs. 4 Satz 1 und 2 BVerfGG um eine Mitteilung und Äußerung ersucht worden ist, hält § 17 a Abs. 2 BewG, soweit er den Abzug der Erbbauzinsverpflichtung beim Erbbauberechtigten begrenze, wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG für verfassungswidrig. Bei dieser Sachlage komme es auf die von dem vorlegenden Gericht aufgeworfene Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des Art. 7 Satz 2 BewÄndG 1963 nicht an.
Für die Einfügung des § 17 a Abs. 2 BewG seien wohnungspolitische Gründe maßgebend gewesen. Die Vorschrift begrenze ihrem Wortsinn nach aber nicht nur den Ansatz des Anspruchs auf den Erbbauzins beim Grundstückseigentümer, sondern auch den Abzug der Erbbauzinsverpflichtung beim Erbbauberechtigten. Damit werde der mit der Einführung der Vorschrift erstrebte Zweck zu einem großen Teil wieder vereitelt. Denn entweder werde der Erbbauberechtigte wegen der hohen Vermögensteuerbelastung, die infolge der Begrenzung des Abzugs der Erbbauzinsverpflichtung entstehe, vom Erwerb des Erbbaurechts und von seinem Bauvorhaben überhaupt absehen oder aber seinerseits diese Belastung auf die zukünftigen Mieter des Gebäudes abwälzen. Der Erbbauzins stelle keine Nutzung an einem Dritten gehörenden Wirtschaftsgut dar. Er sei vielmehr das Entgelt für die Überlassung des Wirtschaftsgutes zur Nutzung an einen Dritten. Derartige Nutzungen würden in allen anderen Fällen nach § 15 Abs. 1 BewG bewertet. Wenn § 17 a Abs. 2 BewG bei der Erbbauzinsverpflichtung etwas anderes vorschreibe, so führe das zu einer ungleichen steuerlichen Behandlung des Erbbauberechtigten gegenüber anderen, zu seiner wiederhebenden Leistung in Geld verpflichteten Personen. Für eine solche ungleiche Behandlung der Erbbauberechtigten (gebe es keinen sachlichen Grund. § 17 a Abs. 2 BewG sei deshalb mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.
3. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens meint, aus der Entstehungsgeschichte des § 17 a Abs. 2 BewG ergebe sich, daß diese Vorschrift nur für die Bewertung des Erbbauzinses auf seiten des Grundstückseigentümers maßgebend sein solle. Für den Fall, daß § 17 a Abs. 2 BewG auch bei der Bewertung der Erbbauzinsverpflichtung Geltung beanspruche, hält sie diese Bestimmung aus den gleichen Erwägungen wie der BFH für verfassungswidrig. Art. 7 Satz 2 BewÄndG 1968 sei an jedem Fall wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot verfassungswidrig.
Entscheidungsgründe
B.
Die Vorlage ist zulässig.
1. Das FG nimmt an, daß § 17 Abs. 2 BewG nicht nur für die Bewertung des Erbbauzinsanspruchs beim Grundeigentümer, sondern auch für die Bewertung der Erbbauzinsverpflichtung des Erbbauberechtigten Geltung beansprucht. Bei dieser Auslegung § 17 a BewG für den Erbbauzinsverpflichtenden – im Vergleich zu dem früheren Rechtszustand – insofern eine belastende Regelung, als der Abzug der Erbbauzinsverpflichtung als Schuldposten nunmehr auf den Betrag beschränkt wird, der sich nach dem BewG als Wert für den Grund und Boden des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ergibt. Die Neuregelung ist – soweit sie erstmals bei der Hauptveranlagung zur Vermögensteuer zum 1. Januar 1963 und der Hauptfeststellung der Einheitswerte der gewerblichen Betriebe zum 1. Januar 1963 Anzuwenden war – durch Art. 7 Satz 2 BewÄndG 1963 rückwirkend in Kraft gesetzt worden. Diese Auffassung ist nicht offensichtlich unhaltbar.
2. Das vorlegende Gericht hat auch dargelegt, warum es bei Gültigkeit der zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellten Norm anders entscheiden würde als bei deren Ungültigkeit. Sei Art. 7 Satz 2 BewÄndG 1963 gültig, so müsse die Klage abgewiesen werden, sei die Bestimmung wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot nichtig, so müsse der Klage stattgegeben werden.
C.
Art. 7 BewÄndG 1963 ist, soweit diese Bestimmung anordnet, daß § 17 a Abs. 2 BewG erstmals bei der Durchführung der Hauptveranlagung zur Vermögensteuer zum 1. Januar 1963 und der Hauptfeststellung der Einheitswerte der gewerblichen Betriebe zum 1. Januar 1963 anzuwenden war, mit dem GG vereinbar.
I.
Die Auslegung des § 17 a Abs. 2 BewG ist streitig. Je nachdem, welcher Inhalt dem § 17 a Abs. 2 BewG beigelegt wird, sind die Erwägungen zur Verfassungsmäßigkeit des Art. 7 Satz 2 BewÄndG 1963 verschieden. Das BVerfG muß deshalb von sich aus die Rechtslage nach einfachem Recht prüfen; denn nur auf der Grundlage einer zutreffenden Auslegung aller in Betracht kommenden Vorschriften kann es beurteilen, ob eine Vorschrift des einfachen Rechts und gegebenenfalls welche mit dem GG vereinbar ist oder nicht (vgl. BVerfGE 22, 28 [33] mit weiteren Hinweisen; 25, 371 [390]).
II.
1. Die Frage, ob eine Rückwirkung auf verfassungsrechtliche Bedenken stößt, ist in aller Regel nur sinnvoll, wenn die Rückwirkung einer belastenden Norm in Frage steht (vgl. BVerfGE 23, 85 [93]). Das wäre der Fall, wenn – wie das FG meint – § 17 a Abs. 2 BewG auch für die Bewertung der Erbbauzinsverpflichtung auf seiten des Erbbauberechtigten gilt und damit den Abzug der Erbbauzinsverpflichtung als Schuldposten begrenzt. Der Grundstückseigentümer wird durch § 17 a Abs. 2 BewG in Verbindung mit Art. 7 Satz 2 BewÄndG 1963 lediglich begünstigt. Dagegen lassen sich unter dem Blickpunkt des Rückwirkungsverbotes verfassungsrechtliche Bedenken nicht erheben.
2. § 17 a Abs. 2 BewG (jetzt § 16 Abs. 2 BewG 1965) gilt nicht für die Bewertung der Erbbauzinsverpflichtung auf seiten des Erbbauberechtigten.
a) In der Literatur wird diese Bestimmung zwar dahin verstanden, daß sie sowohl für die Bewertung des Anspruchs auf den Erbbauzins als auch für die Bewertung der entsprechenden Verpflichtung gilt (Rössler-Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 8. Aufl., § 16 Anm. 1; 7. Aufl., § 17 a Anm. 7; Gürsching-Stenger, Komm. z. Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 1.–4. Aufl., § 17 a Anm. 20; Troll, BB 1963, 930 [932]; Diedenhofen, DB 1963, 973 [975]). Auch der BFH geht von dem Geltungsanspruch des § 17 a Abs. 2 BewG für die Erbbauzinsverpflichtung des Erbbauberechtigten aus, hält die Vorschrift jedoch insoweit für verfassungswidrig.
Diese Auslegung des § 17 a Abs. 2 BewG, die durch dessen Wortlaut gedeckt wird, ist jedoch nicht zwingend. Der Wortlaut der Bestimmung, der Sinnzusammenhang, in den sie eingeordnet ist, und die Funktion, die ihr ausweislich der Entstehungsgeschichte zugedacht ist, lassen auch den Schluß zu, daß § 17 a Abs. 2 BewG lediglich eine Vergünstigung für die Erbbauverpflichteten bewirken und mithin bei der Bewertung der Erbbauzinsverpflichtung nicht anwendbar sein soll.
b) Für eine einschränkende Auslegung spricht zunächst, daß der Einbeziehung der Bewertung der Erbbauzinsverpflichtung in den Geltungsbereich des § 17 a Abs. 2 BewG verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen, die der Gesetzgeber nicht übersehen haben kann.
Bereits vor Erlaß des § 46 Abs. 4 BewDV (jetzt gleichlautend § 92 Abs. 5 BewG 1965) hatte der RFH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß der Anspruch auf den Erbbauzins bei der Einheitsbewertung des belasteten Grund und Bodens nicht als werterhöhend zu berücksichtigen, sondern zum sonstigen Vermögen (ggf. zum Betriebsvermögen) des Eigentümers des belasteten Grundstücks zu rechnen und daß dementsprechend auch die Verpflichtung zur Zahlung des Erbbauzinses nicht bei der Einheitsbewertung des Erbbaurechts als wertmindernd zu berücksichtigen, sondern beim Gesamtvermögen (ggf. Betriebsvermögen) des Erbbauberechtigten als Schuld abzuziehen seien (RFH, RStBl 1933, S. 128). In Anlehnung an diese Rechtsprechung bestimmte § 46 Abs. 4 BewDV und bestimmt jetzt § 92 Abs. 5 BewG 1965, daß das Recht auf den Erbbauzins nicht als Bestandteil des Grundstücks zu berücksichtigen ist. Hieraus hat der BFH gefolgert, daß der Anspruch auf den Erbbauzins mit seinem Kapitalwert ohne Einschränkung und ohne Rücksicht auf die Bewertung des Grundstücks und des Erbbaurechts voll angesetzt werden müsse (§ 67 Abs. 1 Ziff. 4, § 15 Abs. 1 BewG). Umgekehrt könne auch der Erbbauberechtigte den kapitalisierten Erbbauzins voll als Verpflichtung abziehen (BFH, BStBl III, 1959 S. 364).
Der Ansatz des Anspruchs auf den Erbbauzins mit dem vollen nach § 15 Abs. 1 BewG ermittelten Kapitalwert des Erbbauzinses führte allerdings zu einer höheren steuerlichen Belastung des Erbbauzinsberechtigten. Den daraus sich ergebenden unerfreulichen Folgen wohnungspolitischer Art wollte der Gesetzgeber mit § 17 a Abs. 2 BewG begegnen.
Unterstellte man, daß § 17 a Abs. 2 BewG auch für die Bewertung der Erbbauzinsverpflichtung gilt, und faßt die Auswirkungen der Vorschrift auf den Erbbauzinsverpflichteten ins Auge, erweise sich § 17 a Abs. 2 BewG insoweit als eine „ganz ungewöhnliche steuerliche Regelung” (Gürsching-Stenger, a.a.O., Anm. 20). Die Erbbauzinsen sind das Entgelt für die Überlassung des Bodens zur Nutzung an den Erbbauberechtigten. Sie sind in Geldsummen ausgedrückte schuldrechtliche Zahlungsverpflichtungen, deren Bewertung an sich den Regeln des § 15 BewG zu folgen hätte.
Gegenüber sonstigen obligatorisch Verpflichteten, auf die diese Vorschrift zutrifft, würden Erbbauzinsverpflichtete also ungleich behandelt. Ein sachlich zureichender Grund dafür wäre nicht ersichtlich.
aa) Unzutreffend wäre die Annahme, § 17 a Abs. 2 BewG dehne eine Regelung, die nach § 17 a Abs. 1 BewG allgemeine Geltung beanspruche, auf den speziellen Fall des Erbbauzinses aus. § 17 a Abs. 1 BewG behandelt Nutzungsrechte an Wirtschaftsgütern, worunter auch der Nießbrauch an Grundstücken fällt. Hier war der Gedanke maßgebend, daß, da das Eigentum an einem Wirtschaftsgut sämtliche Nutzungen und Vorteile umfaßt, das Nutzungsrecht keinen größeren Wert haben kann als das genutzte Wirtschaftsgut (RFH, RStBl 1942, S. 542; BFH, BStBl 1954 III, S. 330 und BStBl 1955 III, S. 199). Das ist ein naheliegender Gesichtspunkt. Diese Vorschrift findet jedoch keine Anwendung, wenn es sich um die Bewertung eines Rechts auf Leistungen (etwa auf eine Rente oder auf monatliche Kaufpreisraten) handelt, zu denen der Leistende persönlich verpflichtet ist, ohne daß sie auf die Nutzungen und Früchte eines Wirtschaftsgutes beschränkt sind (Rössler-Troll, a.a.O., § 16 BewG, Anm. 4 S. 157; Gürsching-Stenger, a.a.O., § 17 a, Anm. 10). Das Recht auf Erbbauzins ist ein obligatorischer Anspruch, der zwar dinglich gesichert werden kann und sich dann als eine Reallast des Erbbaurechts darstellt, doch ist der Erbbauzins keine Nutzung an dem einem Dritten gehörigen Wirtschaftsgut (BFH, BStBl 1959 III, S. 364). Die beiden Absätze des § 17 a BewG regeln daher verschiedene, nicht vergleichbare Sachverhalte.
bb) Die Anwendbarkeit des § 17 a Abs. 2 BewG auf den Erbbauzinsverpflichteten ließe sich auch nicht – wie die Bundesregierung meint – mit der Absicht rechtfertigen, das Ungleichgewicht zwischen dem steuerlichen Wertansatz des Erbbaurechts und dem Wertansatz für die Erbbauzinsforderungen und -schulden zu korrigieren, das auf der Unstimmigkeit zwischen den für den Grundbesitz (einschließlich des Erbbaurechts) noch anzuwendenden Einheitswerten nach den Wertverhältnissen vom 1. Januar 1935 und den nach § 15 BewG für den Erbbauzins anzusetzenden kapitalisierten Werten beruht.
Das Ungleichgewicht aus dem Mißverhältnis der immer noch nach dem Stand vom 1. Januar 1935 berechneten Einheitswerte für den Grundbesitz und der Steuerwerte für das übrige Vermögen führt in allen Fällen zu Verzerrungen, wo eine Umschichtung zwischen Grundbesitz und anderen Vermögensarten, insbesondere Geldvermögen, stattfindet, also in allen Fällen des Erwerbs von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten (Erbbaurechten) gegen Entgelte, die dem heutigen Verkehrswert entsprechen, ebenso bei Neubauten, und zwar unabhängig davon, ob dabei Barzahlungen geleistet werden oder Verpflichtungen in Form von Restkaufpreisverpflichtungen, Erbbauzinsen, Leibrenten oder anderen Krediten übernommen werden. In allen diesen Fällen treten, solange das Mißverhältnis zwischen den. Einheitswerten des Grundbesitzes und den Verkehrswerten und sonstigen Steuerwerten nicht beseitigt ist, infolge dieses Mißverhältnisses beim Verkäufer des Grundstücks (oder Besteller des Erbbaurechts) Vermögenswerte steuerlich in Erscheinung, die als Grundbesitz steuerlich nicht erfaßt wurden, und verschwinden auf der anderen Seite beim Erwerber (Erbbauberechtigten) entsprechende Vermögenswerte steuerlich dadurch, daß sie in den steuerlich unterbewerteten Grundbesitz übergehen. § 17 a Abs. 2 BewG greift aus allen Fällen, in denen das gleiche Ungleichgewicht auftritt, nur den Fall heraus, in dem ein Erbbaurecht gegen Erbbauzinsen (§ 9 Erbbau VO) bestellt wird; bereits der wirtschaftlich nahestehende Fall, daß für das Erbbaurecht ein fester Gesamtbetrag, gezahlt wird, der etwa in jährlichen Raten zu zahlen ist, wird nicht erfaßt. Diese singuläre Regelung zur Korrektur von. Steuerfolgen, die in der gleichen Weise bei einer Vielzahl anderer Fälle auftreten, ohne daß für diese Fälle eine entsprechende Regelung getroffen wird, wäre mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar, da sich keine einleuchtenden Gründe dafür finden ließen, lediglich diese Fälle anders zu behandeln als alle sonstigen vergleichbaren Fälle.
cc) Nicht überzeugend ist auch das von der Bundesregierung vorgebrachte Argument, die Schlechterstellung der vermögensteuerpflichtigen Erbbauberechtigten müsse als immanenter Bestandteil der in erster Linie begünstigenden Neuregelung in Kauf genommen werden. Davon könnte nur gesprochen werden, wenn sich die Neuregelung nicht anders als unter Inkaufnahme der für die Erbbauberechtigten ungünstigen Auswirkung hätte erreichen lassen. Das ist aber nicht der Fall. Es ist nicht möglich, eine Schlechterstellung als „immanenten Bestandteil einer in erster Linie begünstigenden Neuregelung” anzusehen, wenn die keineswegs unbeabsichtigte und unwesentliche Schlechterstellung stets nur die Erbbauberechtigten träfe und diese insoweit anders behandelt würden als vergleichbare sonstige obligatorisch Verpflichtete, während die begünstigende Neuregelung sich allein auf einen anderen Personenkreis, nämlich auf die Grundstückseigentümer und Erbbauverpflichteten, bezöge.
dd) Nach alledem würde § 17 a Abs. 2 BewG – wollte man ihn auch auf die Bewertung der Erbbauzinsverpflichtung des Erbbauberechtigten für anwendbar halten – eine sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung gegenüber sonstigen obligatorisch zu einer Leistung verpflichteten Personen bewirken. Die Vorschrift verstieße dann insoweit gegen Art. 3 Abs. 1 GG und wäre nichtig.
c) Daß § 17 a Abs. 2 BewG lediglich für die Bewertung des Anspruchs auf den Erbbauzins Geltung beansprucht, bestätigt auch die Entstehungsgeschichte.
aa) In dem Schriftlichen Bericht des Finanzausschusses (BTDrucks. IV/1365) wird § 17 a BewG zweimal erwähnt. Es heißt dort wörtlich:
„Im einzelnen schlägt der Ausschuß mehrere Änderungen der Regierungsvorlage vor, die der Klarstellung und der Gesetzesvereinfachung dienen sollen. Darüber hinaus empfiehlt er, die Vorlage zu erweitern – Einfügung eines § 17 a, Ergänzung des § 74 Abs. 2 –, wodurch den Steuerpflichtigen zusätzliche Verbesserungen zuteil werden.
…
In dem neu einzufügenden § 17 a soll zur Förderung des Wohnungsbaues durch die Begebung von Erbbaurechten der Jahreswert von Erbbauzinsen begrenzt werden. Das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück wird in aller Regel denk Erbbauberechtigten in vollem Umfang zugerechnet. Es wird so verfahren, als ob dieser auch der Eigentümer dies Grund und Bodens wäre. Beim Grundstückseigentümer wird statt dessen der Anspruch auf den Erbbauzins erfaßt Nach einer neueren Rechtsprechung muß dieser Anspruch mit dem vollen Kapitalwert des Erbbauzinses angesetzt werden. Dies bedeutet in den meisten Fällen, daß der jährliche Erbbauzins im Ergebnis außer mit den Ertragsteuern auch noch mit Vermögensteuer auf den 18fachen Jahresertrag belastet ist. Wie die Erfahrung gezeigt hat, ergibt sich hieraus als Folge, daß vielfach Grundstückseigentümer entweder nicht bereit sind, Erbbaurechte zu bestellen, oder daß sie versuchen, die zusätzliche Vermögensteuerbelastung auf den Erbbauzins umzulegen. Die Neuregelung soll daher die Bewertung des Erbbauzinses nach oben begrenzen.
Bisher wird das Nutzungsrecht an einem Wirtschaftsgut höchstens mit dem Betrag angesetzt, der dem steuerlichen Wert des damit Belasteten Wirtschaftsguts entspricht. Es muß damit gerechnet werden, daß diese Regelung infolge einer geänderten Rechtsprechung nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Die Nutzungsrechte müßten dann ebenfalls mit dem vollen Kapitalwert zur Vermögensteuer herangezogen werden. Um zu vermeiden, daß sich hier die gleichen Schwierigkeiten wie bei der Erfassung des Erbbauzinses ergeben, soll nun auch bei den Nutzungsrechten die Höhe des anzuhaltenden (richtig: anzusetzenden) Jahreswerts begrenzt werden. Aus Zweckmäßigkeitsgründen werden die Nutzungsrechte in Absatz 1 und die Erbbauzinsen in Absatz 2 behandelt.”
Das Kurzprotokoll der 41. Sitzung des Finanzausschusses vom 22. Mai 1963 bemerkt auf den Seiten 12 bis 13:
„Vermögensteuerliche Behandlung des Erbbauzinses
Der Vorsitzende greift eine Eingabe von Wohnungsbaugenossenschaften auf, wonach bei der Ermittlung des Kapitalwerts eines Erbbauzinses der Jahreswert nicht höher als mit einem Achtzehntel des Einheitswerts angesetzt werden solle. Zur Zeit werde beim Erbbauberechtigten, dem das Grundstück wirtschaftlich – wenn auch nicht juristisch zuzurechnen sei – der Einheitswert auf der Basis von 1935 ermittelt und angesetzt. Der zu zahlende Erbbauzins, der sich nicht nach dem niedrigen Einheitswert, sondern nach dem Verkehrswert richte, werde kapitalisiert und könne als Schuld abgesetzt werden, so daß beim Erbbauberechtigten in aller Regel ein Minusvermögen entstehe.
Beim Erbbauverpflichteten werde der Erbbauzins kapitalisiert. Da er auf dem Verkehrswert fuße, führe dies zu einem wesentlich höheren Vermögenswert als dem Einheitswert. Ein Grundstückseigentümer, der ein Erbbaurecht einräume, sei daher steuerlich stärker belastet, als wenn er das Grundstück behielte.
Der Vorschlag der Wohnungsbaugenossenschaften würde vermeiden, daß die Kapitalisierung des auf dem Verkehrswert beruhenden Erbbauzinses eine über dem Einheitswert liegende Höhe erreiche.
Die Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen erheben keine Bedenken gegen diesen Vorschlag, der in den § 17 eingebaut werden könnte. In demselben Zusammenhang sollte dann aber auch die Bewertung des Nießbrauchrechts neu geregelt werden. Das Bundesministerium der Finanzen wird um Formulierungshilfe gebeten.
Diese Gesetzesmaterialien stützen die Ansicht, daß § 17 a Abs. 2 BewG lediglich für die Bewertung des Erbbauzinsanspruchs, nicht dagegen für die Bewertung der Erbbauzinsverpflichtung gelten sollte. Offenbar hatten weder die Wohnungsbaugenossenschaften, auf deren Wunsch der Finanzausschuß die Einfügung der Vorschrift vorschlug, noch der Finanzausschuß eine Verschlechterung der Rechtsstellung der Erbbauberechtigten im Auge. Im Schriftlichen Bericht des Finanzausschusses kommt das sehr deutlich in den Worten zum Ausdruck: „Einfügung eines § 17 a …, wodurch den Steuerpflichtigen zusätzliche Verbesserungen zuteil werden”. Davon hätte kaum gesprochen werden können, wenn als die gar nicht zu übersehende Wirkung auf seiten der Erbbauberechtigten, soweit sie vermögensteuerpflichtig sind, eine Schlechterstellung gewollt gewesen wäre. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, daß die Rechtslage reformbedürftig gewesen sei, weil die Erbbauberechtigten wegen der niedrigen Einheitswerte der Grundstücke und wegen der Abzugsfähigkeit der nach dem Verkehrswert des Grundstücks bemessenen Erbbauzinsverpflichtung ungerechtfertigt erscheinende Vorteile genossen, kann schwerlich angenommen werden, daß durch § 17 a Abs. 2 BewG dieser Zustand beseitigt werden sollte. Mit dem erklärten Zweck der Vorschrift, den Wohnungsbau durch die Begebung von Erbbaurechten zu fördern, stünde es nicht in Einklang, wenn dieser Zweck zumindest teilweise dadurch wieder in Frage gestellt worden wäre, daß auf seiten der Bauwilligen die Möglichkeit, sich ein Erbbaurecht bestellen zu lassen, durch die steuerlichen Auswirkungen der Vorschrift erschwert würde.
Schon all das legt die Annahme nahe, daß an eine Verschlechterung der Rechtsstellung der Erbbauberechtigten durch die Einfügung des § 17 a Abs. 2 BewG gar nicht gedacht war und daß diese Vorschrift daher bei der Bewertung der Erbbauzinsverpflichtung der Erbbauberechtigten nicht zur Anwendung gelangen sollte.
bb) Diese Annahme wird durch den Umstand erhärtet, daß es der Gesetzgeber im übrigen bei Erlaß des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes sorgfältig vermieden hat, nachteilige Änderungen rückwirkend eintreten zu lassen. So wurde bestimmt, daß § 67 Abs. 1 Nr. 4 BewG wegen der für die Forderungsberechtigten nachteiligen Wirkung nicht rückwirkend am 1. Januar 1963, sondern erst ab 1. Januar 1964 in Kraft trat (Rössler, DStZ A 1963, 309 [314]; Diedenhofen, DB 1963, 973 [977]). Auch daraus kann geschlossen werden, daß der Gesetzgeber § 17 a Abs. 2 BewG nicht als ein belastendes Gesetz angesehen hat. Er hätte sonst kaum die rückwirkende Geltung dieser Bestimmung angeordnet.
3. Der Annahme, daß der Erbbauzins beim Verpflichteten anders zu bewerten sei als beim Berechtigten, könnte allerdings – worauf das FG zu Recht hingewiesen hat – entgegengehalten werden, daß § 17 a Abs. 2 BewG unter die „Allgemeinen Bewertungsvorschriften” im Ersten Teil des Gesetzes eingereiht worden ist. Auch dieses Argument ist jedoch nicht zwingend. Die Einfügung der Vorschrift gerade an dieser Stelle braucht nicht notwendig auf systematischen Überlegungen zu beruhen, sondern kann ihren Grund – wie die Entstehungsgeschichte nahelegt – auch in der äußerlichen Ähnlichkeit der Regelung des § 17 a Abs. 2 BewG mit der des § 17 a Abs. 1 BewG haben, die ihrerseits im Zusammenhang mit § 17 BewG stand.
4. Es ergibt sich, daß § 17 a Abs. 2 BewG auch dahin verstanden werden kann, daß er im Interesse einer Förderung des Wohnungsbaues durch die Bestellung von Erbbaurechten lediglich eine Vergünstigung für die Erbbauverpflichteten schaffen wollte und mithin für die Bewertung der Erbbauzinsverpflichtung auf seiten des Erbbauberechtigten nicht anwendbar sein soll. Bei dieser Auslegung sind verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 17 a Abs. 2 BewG nicht zu erheben. Läßt aber eine Norm mehrere Auslegungen zu, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen, so ist die Norm verfassungsmäßig und muß verfassungskonform ausgelegt werden (BVerfGE 19 1 [5] mit weiteren Nachweisen).
III.
Ist § 17 a Abs. 2 BewG mit dem GG vereinbar, weil er lediglich eine begünstigende Regelung für die Erbbauverpflichteten enthält, so sind auch gegen Art. 7 Satz 2 BewÄndG 1963 verfassungsrechtliche Bedenken nicht zu erheben, da durch diese Norm ein rückwirkendes Inkrafttreten einer belastenden Regelung nicht angeordnet wird.
Fundstellen
BStBl II 1971, 359 |
BVerfGE 30, 129 |
BVerfGE, 129 |
NJW 1971, 932 |