Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegungsfähigkeit einer Klageschrift

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Klageschrift, die ausdrücklich die Aufhebung eines Einkommensbescheides zum Inhalt hat, kann nicht als Klage gegen einen Umsatzsteuerbescheid umgedeutet werden.

 

Normenkette

FGO § 47 Abs. 1, § 54 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.12.2003; Aktenzeichen V B 256/02)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger wegen Versäumnis der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann.

Aufgrund einer beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung erließ das Finanzamt am 08.05.2000 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide über Einkommensteuer für die Jahre 1992 und 1993 sowie Umsatzsteuer 1993 und Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 1993. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils aufgehoben.

Mit Einspruchsentscheidung vom 29.08.2001 wurden die Einsprüche des Klägers wegen Einkommensteuerbescheid 1992 und 1993 mangels Beschwer als unzulässig verworfen. In einer weiteren Einspruchsentscheidung - ebenfalls unter dem Datum 29.08.2001 - hat das Finanzamt die Einsprüche des Klägers: wegen Umsatzsteuerbescheid 1993 und Gewerbesteuermessbescheid 1993 als unbegründet zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidungen vom 29.08.2001 verwiesen.

Mit Schreiben vom 22.09.2001, eingegangen per Telefax am 28.09.2001, hat der Kläger Klage erhoben und

„1. Die Aufhebung des

Einkommensteuerbescheides 1992 vom 08.05.2000

Einkommensteuerbescheid 1993 vom 08.05.2000

Einkommensteuerbescheid 1993 vom 08.05.2000

Gewerbesteuermessbescheid 1993. vom 08.05.2000“

beantragt. Gleichlautend war der Betreff am Anfang des Schreibens. Umsatzsteuer bzw. ein Umsatzsteuerbescheidwaren in dem Schreiben nicht genannt:

Das Schreiben vom 22.09.2001 ging nochmals per Telefax am 30.09.2001 bei Gericht ein. Die Klage wegen Einkommensteuer 1992 und 1993 sowie Gewerbesteuermessbescheid 1993 wurde beim hierfür zuständigen IV. Senat des Finanzgerichts Nürnberg unter dem Az. IV 394/2001 erfasst. Der Klägervertreter wurde mit Schreiben des Gerichts vom 02.10.2001, das ihm wegen eines Übertragungsfehlers am Telefaxgerät tatsächlich erst am 14.12.2001 per Fax übersendet wurde, aufgefordert, eine schriftliche Vollmacht im Original sowie eine Klagebegründung einzureichen. Im Betreff des Schreibens waren nur die Einkommensteuer 1992, 1993 und der Gewerbesteuermessbescheid 1993 genannt. Mit einem weiteren Schreiben des Gerichts vom 27.11.2001 wurde der Klägervertreter unabhängig hiervon zur Klagebegründung wegen Einkommensteuer 1992 und 1993 und Gewerbesteuermessbescheid 1993 aufgefordert. Am 17.12.2001 (Posteingang) übersandte er eine Originalvollmacht und bat gleichzeitig wegen der Klagebegründung um Fristverlängerung bis 01.02.2002.

Im Betreff des Schreibens - nach wie vor unter Az. IV 394/2001 - war wiederum die Umsatzsteuer nicht erwähnt. Im weiteren Schriftverkehr zwischen dem Finanzgericht und dem Klägervertreter, der jeweils Anträge wegen Fristverlängerung zur Klagebegründung zum Inhalt hatte, war im Betreff immer nur die Klage wegen Einkommensteuer 1992, 1993 und Gewerbesteuermessbescheid 1993 genannt (vgl. Schreiben vom 18.12.2001, 15.01.2002, 30.01.2002, 07.02.2002 und 13.02.2002).

In einem der Schreiben vom 08.03.2002 - eingegangen bei Gericht am 11.03.2002 - beantragte der Kläger erstmals auch die Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 29.08.2001 wegen Umsatzsteuerbescheid 1993 vom 08.05.2000. Nachdem er darauf hingewiesen wurde, dass eine Klage wegen Umsatzsteuerbescheid 1993 nicht anhängig ist, teilte er mit Fax-Schreiben vom 22.03.2002 am 26.03.2002 mit, dass - wie erst jetzt bemerkt - der Klageantrag einen Schreibfehler enthalten habe, indem statt Umsatzsteuerbescheid 1993 vom 08.05.2000 zweimal Einkommensteuerbescheid 1993 geschrieben worden war. Es werde gebeten, das Versehen zu entschuldigen und der Klage stattzugeben. Am 20.06.2002 führte er weiter aus, dass das Finanzamt mit Schreiben vom 22.02.2002 ... mitgeteilt habe, gegen den Umsatzsteuerbescheid 1993 sei keine Klage anhängig. Im Schreiben vom 08.03.2002 seien aber sowohl der Umsatzsteuerbescheid 1993 vom 08.05.2000 als auch der Einkommensteuerbescheid 1993 und der Gewerbesteuermessbescheid 1993 begründet worden. Damit sei der Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 56 Abs. 2 FGO gestellt worden.

Das Finanzamt beantragt, die Klage als unzulässig zu verwerfen. Es ist der Auffassung, dass die Klage wegen Umsatzsteuerbescheid 1993 vom 08.05.2000 verspätet eingelegt worden sei und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Klagefrist nicht vorlägen.

Mit Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter (§ 79a Abs. 3, Abs. 4 FGO, § 90 Abs. 2 FGO).

 

Entscheidungsgründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg. Die Klage wegen Umsatzsteuerbescheid 1993 vom 08.05.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.08.2001 ist wegen Versäumnis der Klagefrist unzulässig; die Voraussetzungen für ei...

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