Entscheidungsstichwort (Thema)
Postdoktorale Tätigkeit ist keine Berufsausbildung i. S. v. Art. 20 DBA-Kanada. Forschungsstipendium einer Kanadischen Einrichtung für postdoktorale Tätigkeit in Deutschland als in Deutschland steuerbare Einkünfte aus selbstständiger wissenschaftlicher Tätigkeit. gewöhnlicher Aufenthalt
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine postdoktorale Tätigkeit ist nicht als Berufsausbildung i. S. v. Art. 20 DBA-Kanada bzw. Art. 20 OECD-MustAbk zu werten.
2. Das einem in Deutschland Ansässigen zugeflossene Forschungsstipendium einer Kanadischen Einrichtung für seine postdoktarale Tätigkeit in Deutschland ist ungeachtet seiner steuerlichen Behandlung in Kanada nicht aufgrund Art. 20 DBA-Kanada in Deutschland steuerfrei. Vielmehr handelt es sich um Einkünfte aus selbstständiger wissenschaftlicher Tätigkeit i. S. d. Art. 14 Abs. 1 DBA-Kanada, für die das Besteuerungsrecht Deutschland zusteht.
3. Der gewöhnliche Aufenthalt i. S. v. Art. 4 Abs. 2 DBA-Kanada liegt in dem Vertragsstaat, in dem der Steuerpflichtige normalerweise und überwiegend lebt.
Normenkette
EStG § 32b Abs. 1 Nr. 2, § 1 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 4; AO §§ 8-9; DBA CND Art. 4 Abs. 2 Buchst. a, b, Art. 14 Abs. 1, Art. 20, 23 Abs. 2 Buchst. a; OECD-MustAbk Art. 20
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 2009 vom 15.02.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.07.2013 wird dahingehend geändert, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von 3.476 Euro steuermindernd berücksichtigt werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Das Gericht überträgt die Steuerfestsetzung gem. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO auf den Beklagten.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu 70 v.H. und der Beklagte zu 30 v.H. zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Steuerfreiheit eines Stipendiums, insbesondere ob eine durch den Kläger ausgeübte post-doctorale Tätigkeit als Berufsausbildung nach Art. 20 DBA Kanada zu werten ist.
Die Familie des Klägers zog im Mai 2009 von Kanada nach Deutschland. Nach den dem Beklagten vorliegenden Informationen meldete der Kläger seinen Wohnsitz zum 04.05.2009 zunächst in … (Hessen) und zum 14.08.2009 in … an. Dasselbe erfolgte mit gleichen Daten für die Klägerin und die drei gemeinsamen minderjährigen Kinder. Der Ehemann erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und bezog im Streitjahr 2009 ein Stipendium für ein postdoctorales Praktikum in Höhe von 40.000 kanadischen Dollar (CAD), umgerechnet also in Höhe von 25.512 Euro, von der „…”. Es handelt sich dabei um eine kanadische Regierungsbehörde, welche als Aufgabe die finanzielle Unterstützung von Forschungen in der Naturwissenschaft hat.
Diesen Stipendiumsbetrag gab der Kläger in einer kanadischen Steuererklärung an, auf deren Grundlage in Kanada ein Steuerbescheid erging.
Die Klägerin war Hausfrau. Die Kläger wurden durch Angehörige der steuerberatenden Berufe steuerlich vertreten.
Der Kläger reichte für das Jahr 2009 zunächst keine Einkommensteuererklärung in Deutschland ein. Auf Grund einer Kontrollmitteilung des Bundeszentralamtes für Steuern über ausländische Einkünfte in Kanada, für welche ggf. das Besteuerungsrecht Deutschland zustehe (vgl. Bl. 4 ff. der FA-Akte), forderte der Beklagte den Kläger auf, eine Einkommensteuerjahreserklärung für 2009 einzureichen.
In der eingereichten Erklärung erklärten die Kläger nur den Bezug von Arbeitslohn ab November 2009, jedoch nicht die ausländischen Einkünfte. Da die Kläger keine Angaben zu etwaigen ausländischen Einkünften machten, schätzte der Beklagte diese an Hand des Kontrollmaterials. Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 15.02.2012 die Einkommensteuer des Streitjahres unter voller Besteuerung des Stipendiums fest.
Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch machten die Kläger geltend, dass das kanadische Stipendium in Deutschland nicht steuerbar sei, weil es bereits in Kanada versteuert worden sei. Zum Nachweis reichten sie einen in französischer Sprache verfassten nicht übersetzten Bescheid ein.
Nach erfolglosem Einspruch verfolgen die Kläger ihr Begehren mit der Klage weiter und machen geltend:
In rechtlich unzutreffender Weise habe der Beklagte das kanadische Stipendium in voller Höhe der Besteuerung unterworfen. Eine Anrechnung der kanadischen Steuern sei trotz Vorlage des Nachweises der Besteuerung nicht erfolgt.
a.) Die Schlussfolgerung des Beklagten, dass ein nach Deutschland zurückkehrender Deutscher offensichtlich auch seinen Lebensmittelpunkt mit dem Umzug wechsle, werde bestritten (siehe Dokumente der kanadischen Steuerbehörde). Hierzu müsse berücksichtigt werden, dass die Kläger nicht nur die deutsche, sondern auch die kanadi...