Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Unternehmer sind grundsätzlich berechtigt, Vorsteuerbeträge abzuziehen, wenn sie Leistungen als Unternehmer für ihr Unternehmen beziehen. Ob die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug dem Grunde und auch der Höhe nach vorliegen, ist jeweils nach der Verwendungsabsicht zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu beurteilen. Bei der Ermittlung der Höhe des Vorsteuerabzugs muss berücksichtigt werden, ob evtl. eine Beschränkung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1a, Abs. 1b oder Abs. 2 UStG vorliegt.
Grundsätzlich muss zwischen der Eingangsleistung und einer oder mehreren Ausgangsleistungen ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Der Vorsteuerabzug beurteilt sich dann nach der Verwendungsabsicht des geplanten Ausgangsumsatzes oder der verschiedenen Ausgangsumsätze. Verwendet der Unternehmer die bezogene Leistung dann aber später tatsächlich anders für Ausgangsleistungen, als dies zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs geplant war, kann eine Korrektur des Vorsteuerabzugs nur über die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG erfolgen.
Ein Problem ergibt sich dann, wenn eine Eingangsleistung nicht in direktem Zusammenhang mit einer oder mehreren Ausgangsleistungen steht. In diesem Fall kann ein Vorsteuerabzug trotzdem in Betracht kommen, wenn die Eingangsleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit gehören. Nach der Rechtsprechung des BFH ist dabei auf die Verhältnisse der gesamten Umsätze im Besteuerungszeitraum abzustellen.
Besteuerungszeitraum ist das Kalenderjahr. Es kommt damit entscheidend auf die Leistungen des Unternehmers im gesamten Besteuerungszeitraum an.
Führt der Unternehmer im Besteuerungszeitraum nur den Vorsteuerabzug ausschließende oder zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistungen aus, steht ihm der Vorsteuerabzug gar nicht oder vollständig zu. Führt der Unternehmer sowohl den Vorsteuerabzug zulassende wie auch nicht zulassende Ausgangsleistungen aus, müssen die nicht direkt zuordenbaren Vorsteuerbeträge aufgeteilt werden.
Die Finanzverwaltung stellt jetzt klar, dass ein Aufteilungsschlüssel, der im Voranmeldungsverfahren angewendet worden war, z. B. auf der Grundlage der Umsätze des vorangegangenen Jahres, in der Jahressteuererklärung zu einer Änderung des Vorsteuerabzugs führt, wenn das Verhältnis der Ausgangsumsätze im laufenden Besteuerungszeitraum zu einem anderen Aufteilungsverhältnis führt.
Konsequenzen für die Praxis
Die zutreffende Beurteilung des Vorsteuerabzugs wird für den Anwender immer unübersichtlicher. Nachdem der BFH an den nationalen Regelungen des § 15 Abs. 4 UStG grundsätzliche gemeinschaftsrechtliche Zweifel geäußert hatte, setzt die Finanzverwaltung jetzt ein früheres Urteil des BFH um.
Steht ein Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit einer oder mehreren Ausgangsumsätzen, beurteilt sich der Vorsteuerabzug nach den geplanten Ausgangsleistungen – Veränderungen bei der tatsächlichen Nutzung können (zumindest nach dem heutigen Erkenntnisstand) dann nur über die Vorsteuerberichtigung korrigiert werden. Stehen die Eingangsleistungen nicht mit bestimmten Ausgangsleistungen in unmittelbarem Zusammenhang (z. B. allgemeine Aufwendungen des Unternehmens), beurteilt sich der Vorsteuerabzug bei gemischten Umsätzen endgültig nach dem Verhältnis der vorsteuerabzugsberechtigenden zu den nicht vorsteuerabzugsberechtigenden Ausgangsumsätzen des gesamten Kalenderjahrs. Soweit in den Voranmeldungen ein anderer Aufteilungsmaßstab nach geschätzten Verhältnissen oder aufgrund von Erfahrungswerten vorgenommen worden ist, muss in der Jahressteuererklärung eine Anpassung erfolgen.
Eine solche Anpassung in der Jahressteuererklärung erfolgt nach § 15 UStG. In diesem Fall kommt es – anders als bei der Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG – unabhängig von bestimmten Mindestabweichungen zu einer Korrektur des Vorsteuerabzugs.
Die neuen Grundsätze für den Vorsteuerabzug sind in allen noch offenen Fällen anzuwenden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 10.4.2014, IV D 2 – S 7306/13/10001, BStBl 2014 I S. 802