Entscheidungsstichwort (Thema)
Auszubildende im Sinne des Manteltarifvertrages v. 6.12.74
Leitsatz (amtlich)
Auszubildende, die von einem Landkreis im Rahmen des Sonderprogramms der Bundesregierung zur Gewinnung von über- oder außerbetrieblich organisierten Ausbildungsplätzen vom 4. Oktober 1983 in einer dafür angemieteten Halle zum Maschinenschlosser ausgebildet werden, sind keine Auszubildenden iS des § 1 Abs 1 des Manteltarifvertrages für Auszubildende (im öffentlichen Dienst) vom 6. Dezember 1974.
Normenkette
Manteltarifvertrag für Auszubildende vom 6. Dezember 1974 i.d.F. des Änderungstarifvertrages Nr. 3 vom 20. November 1980 § 1 Abs. 1-2, §§ 4, 7, 22; TVG § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Urteil vom 08.07.1988; Aktenzeichen 3 Sa 1974/87) |
ArbG Verden (Aller) (Urteil vom 04.11.1987; Aktenzeichen 1 Ca 214/87) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 8. Juli 1988 – 3 Sa 1974/87 – wird kosten- pflichtig zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anwendung eines Manteltarifvertrages und infolgedessen über die Zahlung einer höheren Ausbildungsvergütung, eines Urlaubsgeldes und einer Zuwendung für das Jahr 1986.
Der beklagte Landkreis nahm im Jahre 1984 freiwillig an einem von der Bundesregierung im Oktober 1983 beschlossenen einmaligen Sonderprogramm teil, das Jugendlichen eine Berufsausbildung ermöglichen sollte, die zum Stichtag 30. September 1983 bei der Bundesanstalt für Arbeit als noch nicht vermittelte Ausbildungsplatzbewerber gemeldet waren und noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hatten. Die Bundesregierung förderte mit diesem Sonderprogramm durch Zuwendung von Geldmitteln nur eine über- oder außerbetrieblich organisierte Berufsausbildung (Richtlinien für die Durchführung eines einmaligen Sonderprogramms zur Gewinnung von über- oder außerbetrieblich organisierten Ausbildungsplätzen – Bundesanzeiger Nr. 206 vom 3. November 1983). Der Beklagte mietete zur Durchführung der Ausbildungsmaßnahme bei der Firma S… in O… ohne jeglichen Einsatz von Eigenmitteln eine Halle sowie die für die Ausbildung erforderlichen Materialien und Maschinen an. Im Rahmen von AP-Maßnahmen beschäftigte er befristet zwei Ausbilder, zwei sozialpädagogische Betreuungskräfte und eine Hausaufgabenhilfe.
Der 1967 geborene Kläger, der die Voraussetzungen der Richtlinien des Sonderprogramms erfüllte, wurde vom Beklagten in der Zeit vom 15. Februar 1984 bis zum 14. August 1987 im Rahmen dieses Programmes ausgebildet. Die Parteien schlossen am 1. Februar 1985 einen formularmäßigen Berufsausbildungsvertrag, der von der Industrie- und Handelskammer … in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen wurde. In diesem Vertrag heißt es im Abschnitt E:
“Der Ausbildende zahlt dem Auszubildenden eine angemessene Vergütung: sie beträgt z.Z. monatlich
DM 395,-- |
brutto im |
ersten |
Ausbildungsjahr |
DM 415,-- |
brutto im |
zweiten |
Ausbildungsjahr |
DM 436,-- |
brutto im |
dritten |
Ausbildungsjahr |
DM 458,-- |
brutto im |
vierten |
Ausbildungsjahr. |
Soweit Vergütungen tariflich geregelt sind, gelten mindestens die tariflichen Sätze.”
Im Bereich des Beklagten findet für Ausbildungsverhältnisse der Manteltarifvertrag für Auszubildende vom 6. Dezember 1974 im Bereich der VkA Anwendung. Darin heißt es in § 1 Abs. 1 und Abs. 2:
- “Dieser Tarifvertrag gilt für Personen, die
- in Verwaltungen und Betrieben, deren Angestellte unter den Geltungsbereich des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) fallen, als angestelltenversicherungspflichtige Auszubildende,
- in Verwaltungen und Betrieben, deren Arbeiter unter die Geltungsbereiche der Manteltarifverträge für Arbeiter des Bundes (MTB II), der Länder (MTL II) und der Gemeinden (BMT-G) fallen, als arbeiterrentenversicherungspflichtige Auszubildende
- in einem staatlich anerkannten oder als staatlich anerkannt geltenden Ausbildungsberuf ausgebildet werden.
- Dieser Tarifvertrag gilt nicht für
- Schüler, Praktikanten, Volontäre sowie Personen, die für eine Ausbildung im Beamtenverhältnis vorbereitet werden (z. B. Verwaltungspraktikanten, Verwaltungslehrlinge),
- Auszubildende, die in Ausbildungsberufen der Landwirtschaft, des Weinbaues und der Forstwirtschaft ausgebildet werden,
- körperlich, geistig oder seelisen behinderte Personen, die aus fürsorgerischen Gründen in besonderen Ausbildungswerkstätten ausgebildet werden, sowie für Personen, die in Ausbildungs- oder Berufsförderungswerkstätten oder beschützenden Werkstätten von Heimen oder von Jugendstrafvollzugsanstalten ausgebildet werden.”
Der Beklagte zahlte dem Kläger die vertraglich vereinbarten Ausbildungsvergütungsbeträge. Nachdem der Kläger im Dezember 1985 Mitglied der Gewerkschaft ÖTV geworden war, machte er beim Beklagten mit Schreiben vom 16. Dezember 1985 erfolglos die Zahlung der nöheren tarifvertraglichen Ausbildungsvergütung, des tarifvertraglichen Urlaubsgeldes sowie der tarifvertraglichen Zuwendung für Auszubildende geltend.
Der Kläger hat gemeint, auf sein Ausbildungsverhältnis finde für das Jahr 1986 der Manteltarifvertrag für Auszubildende vom 6. Dezember 1974 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 3 vom 20. November 1980 (MTV-Azubi), der Ausbildungsvergütungstarifvertrag Nr. 11 für Auszubildende im Bereich der VkA vom 28. Februar 1986, der Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Auszubildende vom 16. März 1977 i.d.F. des Änderungstarifvertrages Nr. 4 vom 21. April 1986 sowie der Tarifvertrag über eine Zuwendung für Auszubildende vom 12. Oktober 1973 i.d.F. des Änderungstarifvertrages Nr. 1 vom 7. November 1974 Anwendung. Dementsprechend schulde ihm der Beklagte für 1986 die Differenz zwischen gezahlter und tarifvertraglicher Ausbildungsvergütung, das tarifliche Urlaubsgeld und die tarifliche Zuwendung in unstreitiger Höhe von insgesamt 4.297,-- DM. Der Anspruch folge auch aus dem Arbeitsvertrag Abschnitt E letzter Satz.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.297,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 22. Januar 1987 zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, der Anspruch auf tarifgemäße Vergütung lasse sich nicht aus Abschnitt E Satz 2 des Berufsausbildungsvertrages herleiten, weil der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien allein auf die Vereinbarung der in Abschnitt E Satz 1 betragsmäßig festgelegten Vergütung gerichtet gewesen sei. Der Kläger sei außerbetrieblich ausgebildet worden, so daß der MTV-Azubi keine Anwendung finde.
Die Unanwendbarkeit des Manteltarifvertrages ergebe sich auch aus der analogen Anwendung des § 1 Abs. 2c MTV-Azubi.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger weiter sein erstinstanzliches Klageziel, während der Beklagte Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, dem Kläger ständen die geltend gemachten Zahlungsansprüche nicht zu, weil die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes für Auszubildende weder im Wege einer Tarifbindung noch im Wege einer einzelvertraglichen Bezugnahme der Parteien Anwendung fänden. Das Ausbildungsverhältnis der Parteien werde vom Geltungsbereich des MTV-Azubi nicht erfaßt. Dabei könne dahingestellt bleiben. Ob der Kläger zum Personenkreis des § 1 Abs. 1b MTV-Azubi gehöre oder nicht. Jedenfalls finde der MTV-Azubi für Auszubildende keine Anwendung nach seinem § 1 Abs. 2c. Beim Kläger handele es sich um eine Person, die in einer Ausbildungsförderungswerkstatt im Sinne dieser Vorschrift ausgebildet werde. Auf eine Körperliche. Reistage oder seelische Behinderung komme es in dieser Tatbestandsalternative nicht an.
II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts vermag sich der Senat nur im Ergebnis anzuschließen. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, weil der MTV für Auszubildende und damit entsprechend die anderen vom Kläger angezogenen Tarifverträge, die auf diesen MTV verweisen, weder als Tarifrecht noch als Vertragsrecht Anwendung finden.
1. Der Kläger hat keinen tarifrechtlichen Anspruch. Zwar sind beide Parteien seit Dezember 1985 tarifgebunden. Jedoch fällt das Ausbildungsverhältnis der Parteien nicht unter den Geltungsbereich des MTV-Azubi, so daß seine unmittelbare und zwingende Geltung entfällt, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG.
a) Der MTV-Azubi gilt allerdings entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht, weil ein Fall des § 1 Abs. 2c vorliegt. Der Senat hat bereits Zweifel, ob die vom Beklagten angemietete Halle eine Ausbildungswerkstatt im Sinne dieser Bestimmung ist. In keinem Fall kann aber § 1 Abs. 2c 2. Halbsatz MTV-Azubi so ausgelegt werden, daß jede Ausbildungs- oder Berufsförderungswerkstatt vom Ausnahmetatbestand erfaßt wird. Vielmehr sind davon lediglich Ausbildungs- und Berufsförderungswerkstätten von Heimen oder Jugendstrafvollzugsanstalten betroffen. Das folgt weniger aus dem Wortlaut der Regelung, der auch eine Zuordnung nur der beschützenden Werkstatt zu den adverbialen Bestimmungen Heim und Jugendstrafvollzugsanstalt erlaubt. Die Auslegung ist aber aus dem Gesamtzusammenhang des § 1 Abs. 2 MTV-Azubi zu folgern.
b) Der Kläger ist aber nicht Auszubildender im Sinne des § 1 Abs. 1 MTV-Azubi. Das folgt aus der Auslegung dieser Tarifnorm.
Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Es ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages, gegebenenfalls auch eine praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteile vom 24. März 1988 – 6 AZR 787/85 – AP Nr. 1 zu § 27 MTL II; vom 24. März 1988 – 6 AZR 525/84 – AP Nr. 10 zu § 47 BAT; vom 17. März 1988 – 6 AZR 634/86 – BAGE 58, 31 = AP Nr. 1 zu § 2 TV RatAng = EzA § 111 BetrVG 1972 Nr. 22; vom 4. Februar 1988 – 6 AZR 203/85 – AP Nr. 17 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk; vom 21. Januar 1988 – 6 AZR 560/87 – AP Nr. 7 zu § 29 BAT).
Allein nach dem Wortlaut des MTV-Azubi fällt der Kläger unter den persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages. Dieser verwendet zunächst den Begriff des Auszubildenden im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann, BAT, Stand August 1990, Anhang C Nr. 7a Rz 3). Der Kläger ist Auszubildender im Sinne des § 3 Abs. 1 BBiG. Denn ihm werden in einem geordneten Ausbildungsgang eine breit angelegte berufliche Grundbildung und fachliche Fertigkeiten und Kenntnisse zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit vermittelt, § 1 Abs. 2 BBiG. Die Ausbildung findet im dualen System der praktischen und schulischen Ausbildung statt, wobei dahingestellt bleiben kann, ob die vom Beklagten angemietete Halle eine mit den Betrieben der Wirtschaft vergleichbare Einrichtung oder eine sonstige Berufsbildungseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 5 BBiG darstellt. Sie ist jedenfalls keine rein schulische Ausbildung, wie sie in der Entscheidung des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Oktober 1974 (– 5 AZR 575/73 – AP Nr. 1 zu § 1 BBiG) zu beurteilen war.
Dennoch unterscheidet sich die Ausbildung des Klägers von der herkömmlichen dualen Ausbildung. Er wird nicht in einem Produktions- oder Dienstleistungsbetrieb des Beklagten ausgebildet, sondern in einer Ausbildungsstätte, die nur für diese Ausbildung geschaffen worden ist. Im öffentlich-rechtlichen Sprachgebrauch der Richtlinien der Bundesregierung wird diese Art der Ausbildung als über- oder außerbetrieblich organisierte Berufsausbildung bezeichnet (§ 2 Abs. 1 der Richtlinien). Nach § 2 Abs. 4 der Richtlinien sind die betrieblichen Berufsausbildungsverhältnisse von der Förderung ausgenommen. Aus dieser Vorgabe kann jedoch nicht gefolgert werden, daß der Kläger überhaupt nicht in einem Betrieb oder in einer Verwaltung im Sinne des § 1 Abs. 1 MTV-Azubi ausgebildet werden konnte. Die öffentlich-rechtlichen und tarifvertraglichen Begriffe müssen nicht identisch sein. So kann ein Auszubildender durchaus in einer Verwaltung oder in einem Betrieb im Sinne des Tarifvertrages beschäftigt werden, den das öffentliche Recht als außerbetriebliche Ausbildungsstätte bezeichnet.
Die Frage kann aber letztlich dahingestellt bleiben. Jedenfalls hat die öffentlich-rechtliche Förderung und ihre Handhabung durch den Beklagten Bedeutung bei der Ermittlung des Willens der Tarifvertragsparteien, ob sie auch diese besondere, z.Z. der Abfassung des Tarifvertrages unbekannte Form der Ausbildung von den Normen des Tarifvertrages erfassen wollten. Diese Frage ist zu verneinen. Die Tarifvertragsparteien haben nämlich nicht umfassend alle Auszubildenden in den Geltungsbereich eines Tarifvertrages einbezogen, die irgendwo bei einem öffentlichen Arbeitgeber tätig sind. Sie haben vielmehr weitere Voraussetzungen aufgestellt, die in den Nebensätzen des § 1 Abs. 1a und b MTV-Azubi genannt sind. Bereits daraus wird deutlich, daß ein nicht näher beschriebenes Maß an Integration des Auszubildenden in den regelmäßigen Produktions- und Dienstleistungsprozeß von Verwaltung und Betrieb verlangt wird, wie es der betriebliche Teil der dualen Ausbildung üblicherweise aufweist.
Der Gesamtzusammenhang der weiteren Regeln des Manteltarifvertrages für Auszubildende bestätigt, daß unter den in § 1 Abs. 1 verwendeten Begriff des “Auszubildenden” nur solche Auszubildende fallen, die vom Ausbilder im Rahmen der von ihm verfolgten arbeitstechnischen Zwecke ausgebildet werden. Beispiele für einen so begrenzten Willen der Tarifvertragsparteien gibt der § 4 MTV-Azubi, der dem Auszubildenden dort näher ausgeführte Schweigepflichten auferlegt, die ihrerseits Kenntnisse aus Verwaltung und Betrieb voraussetzen. Der Kläger konnte solche Kenntnisse in seiner Ausbildungsstätte überhaupt nicht erfahren. Ähnliches gilt für Mehrarbeit und Akkord, wie sie § 7 MTV-Azubi ausdrücklich verbietet. Solche fallen in der isolierten Ausbildungsstätte des Klägers nicht an. Besonders bedeutsam ist in diesem Zusammenhang der § 22 Abs. 1 MTV-Azubi. Er beschreibt Obliegenheiten des Ausbilders am Ende der Ausbildungszeit im Zusammenhang der Übernahme in ein Arbeitsverhältnis. Er setzt damit gedanklich voraus, daß ein Ausbildungsverhältnis besteht, bei dem die Übernahme des/der Auszubildenden in Verwaltung oder Betrieb des öffentlichen Arbeitgebers überhaupt möglich ist. Diese Möglichkeit ist im Streitfall aber unstreitig nicht gegeben. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die zudem in der mündlichen Verhandlung von der Revision bestätigt wurden, hat der Beklagte, eine kommunale Gebietskörperschaft, keinerlei Bedarf an Maschinenschlossern. Er kann weder den Kläger noch einen von dessen Kollegen nach Ende der Ausbildung im Sonderprogramm in ein Arbeitsverhältnis übernehmen. Der beklagte Landkreis hat daher nicht über seine arbeitstechnischen Zwecke hinaus ausgebildet, sondern nur neben den von ihm verfolgten Zielen. Das unterscheidet den Streitfall nicht nur von dem Sachverhalt, wie er der Entscheidung des Senats zum Arbeitnehmerbegriff des § 5 BetrVG (Senatsbeschluß vom 26. November 1987 – 6 ABR 8/83 – BAGE 56, 366 = AP Nr. 36 zu § 5 BetrVG 1972) zugrunde gelegen hat. Diese Art der Ausbildung, die nicht zum öffentlichen Dienst in dem Sinn gehört, wie er den Tarifvertragswerken zugrunde gelegt ist, sollte nach dem Willen der Tarifvertragsparteien auch nicht von den zwingenden Normen des MTV-Azubi erfaßt werden.
2. Der Kläger hat auch keinen vertraglichen Anspruch auf die tariflichen Zahlungsansprüche. Der Schlußsatz des Abschn. E im Ausbildungsvertrag enthält zwar eine tarifliche Bezugnahmeklausel. Diese ist jedoch allgemein gehalten und enthält keine Bezeichnung eines oder mehrerer bestimmter Tarifverträge. In diesen Fällen ist im Zweifel davon auszugehen, daß die Klausel die fehlende Tarifbindung einer oder beider Arbeitsvertragsparteien, nicht jedoch eine fehlende betriebliche oder persönliche Geltung ersetzen soll (Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 3 Rz 96; Hagemeier/Kempen/Zachert/Zilius, TVG, 2. Aufl., § 3 Rz 58). In diesem Fall bedarf es einer genaueren Bezeichnung des Tarifvertrages oder einer bestimmten Angabe des Ersetzungsumfangs.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Jobs, Dr. Freitag, Dörner, Ostkamp, Kamm
Fundstellen
Haufe-Index 839229 |
RdA 1991, 61 |