Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifvertragliche Pausenregelung
Orientierungssatz
Auslegung der § 3 Abs 1, Abs 2 und Abs 6 sowie § 15 Abs 1 und Abs 2 des Lohntarifvertrages für Arbeiter der Deutschen Bundesbahn vom 1. November 1960.
Normenkette
TVG § 1; BGB §§ 242, 611 Abs. 1; AZO § 12 Abs. 2 Sätze 1, 3; AZO 1938 § 12 Abs. 2 Sätze 1, 3
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 25.01.1989; Aktenzeichen 12 Sa 1357/88) |
ArbG Essen (Entscheidung vom 24.08.1988; Aktenzeichen 4 Ca 281/88) |
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur noch um Vergütung der arbeitstäglichen halbstündigen Pause für den Zeitraum August 1987 bis Januar 1988.
Der Kläger ist seit dem Jahre 1961 als Werkstättenarbeiter (Elektriker) im Betriebswerk D 2 der Beklagten in der Reisezugwageninstandhaltung beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Lohntarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn vom 1. November 1960 (LTV) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Dort heißt es u.a.:
"§ 3
Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige Arbeitszeit ausschließ-
lich der Pausen beträgt ....
(2) 3.a)Die Arbeitszeit ist durch eine Pause von
mindestens einer halben Stunde oder zwei
Pausen mit einer Mindestdauer von je
15 Minuten zu unterbrechen.
(6) Pausen sind Arbeitsunterbrechungen jeder
Art, in denen sich der Arbeiter von sei-
nem Arbeitsplatz entfernen darf. ...
§ 15
Lohnanspruch
(1) 1. Der Lohn wird nur für angeordnete und
geleistete Arbeit gezahlt.....
(2) 1.a)Mit dem Monatslohn (§ 10) wird die re-
gelmäßige Arbeitszeit (§ 3 Abs. 1) im
jeweiligen Kalendermonat abgegolten."
Im Betriebswerk wird in drei Wechselschichten gearbeitet. Die bei den Reisezügen anfallenden Reparaturarbeiten sind von den Schichtarbeitern während der Standzeit der Züge fertigzustellen. Seit dem Jahre 1945 gewährte die Beklagte den Arbeitern während der regelmäßig achtstündigen Arbeitszeit zwei bezahlte Arbeitsunterbrechungen von jeweils 15 Minuten Dauer. Die zeitliche Lage dieser Arbeitsunterbrechungen war nicht festgelegt, sondern wurde von den Arbeitern je nach Arbeitsanfall bestimmt. Einige der Arbeiter verblieben für die Dauer dieser Arbeitsunterbrechungen am Arbeitsplatz, während andere sich in den Aufenthaltsraum/Kantine begaben.
Am 12. Februar 1985 wurden diese bezahlten Arbeitsunterbrechungen im Wege einer Dienstanweisung der Beklagten ohne Zustimmung des Personalrats durch eine halbstündige unbezahlte Pause ersetzt. Die arbeitstägliche Anwesenheitszeit der Arbeitnehmer hat sich dadurch um diese halbe Stunde verlängert. Damit dringende Reparaturarbeiten innerhalb der Standzeit der Züge erledigt werden können und hierfür jederzeit Handwerker zur Verfügung stehen, wurde die Pause zeitlich versetzt so angeordnet, daß jeweils die Hälfte der Handwerker die Pause erhält.
Diese Pausenregelung ist auch im Dienstplan vom 24. August 1987 enthalten, der die Lage der Pausen für die jeweilige Schicht festgelegt. Der Dienstplan war am 3. August 1987 dem Personalrat vorgelegt worden, der die Zustimmung mit der Begründung verweigert, daß die im Dienstplan vorgesehene unbezahlte Pause nicht zulässig sei.
Der Kläger hat gemeint, er habe einen Anspruch auf Bezahlung der halbstündigen Pause für den Zeitraum von August 1987 bis Januar 1988 in unstreitiger Höhe von 766,05 DM brutto. Die Beklagte könne nicht die unbezahlte halbstündige Pause einführen. Es bestehe eine betriebliche Übung zur Gewährung bezahlter Kurzpausen. Sie ergebe sich auch aus § 12 Abs. 2 Satz 3 AZO, da die zu verrichteten Arbeiten einen ununterbrochenen Fortgang im Sinne dieser Vorschrift erforderten. Auch fehle es an der notwendigen Zustimmung des Personalrates zu dem neuen Dienstplan.
Der Kläger hat nach Rücknahme des Feststellungsantrags in der Revisionsinstanz beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 766,05 DM
nebst 4 % Zinsen seit dem 4. Februar 1988 zu zah-
len.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie hat die Auffassung vertreten, nach dem LTV sei die Gewährung bezahlter Kurzpausen unzulässig. Auch seien die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Satz 3 AZO nicht mehr gegeben, da die Arbeiten keinen ununterbrochenen Fortgang erforderten. Diese Vorschrift verbiete im übrigen nicht die Einführung einer unbezahlten halbstündigen Pause gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 AZO, weil diese Vorschrift der gesetzliche Regelfall sei. Eine betriebliche Übung habe entgegen der tariflichen Regelung nicht entstehen können. Eine dem Tarifvertrag widersprechende Handhabung könne nicht als eine unwiderruflich auf Dauer bindende Zusage gewertet werden, auch wenn sie über einen längeren Zeitraum praktiziert werde.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe der geltend gemachte Vergütungsanspruch nicht zu. Es gebe keinen Anhalt für eine betriebliche Übung, daß die Beklagte die bis Februar 1985 gewährten bezahlten Kurzpausen dauerhaft habe beibehalten wollen. Nach § 12 Abs. 2 Satz 3 AZO seien Kurzpausen nur bei Arbeiten erlaubt, die einen ununterbrochenen Fortgang erfordern. Dies sei im Betrieb der Beklagten nicht der Fall, weil aufgrund der neuen Pausenregelung keine ununterbrochene Arbeitsleistung oder Arbeitsbereitschaft aller Arbeitnehmer erforderlich sei. Bei dieser Sachlage habe die Beklagte den Arbeitszeitvorschriften des § 12 Abs. 2 Satz 1 AZO, § 3 Abs. 2 Nr. 3 a) LTV Rechnung tragend eine halbstündige unbezahlte Pause vorschreiben können. Ein Arbeitnehmer könne nicht damit rechnen, daß eine nach der AZO unzulässige und auch tariflich nicht vorgesehene Pausenregelung beibehalten werde. Die Einführung der halbstündigen unbezahlten Pause sei auch kollektivrechtlich nicht zu beanstanden. Die Einführung der gesetzlichen und tariflichen Pausenregelung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 AZO, § 3 Abs. 2 Nr. 3 a) LTV unterliege nicht der Mitbestimmung des Personalrats gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1, § 69 Abs. 1 BPersVG. Hinsichtlich der zeitlichen Lage der Pausen habe der Personalrat keine Einwendungen erhoben.
Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
II. Der Kläger hat weder einen tariflichen noch einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Vergütung der täglichen halbstündigen Pausen in der Zeit von August 1987 bis Januar 1988.
1.a) Ein tarifvertraglicher Lohnanspruch gemäß § 15 Abs. 1 und 2 Nr. 1 a) LTV besteht für die Pausenzeit nicht. Es liegt insoweit keine geleistete Arbeit im Sinne dieser Tarifnorm vor, weil mit dem Monatslohn die regelmäßige Arbeitszeit abgegolten wird, die gemäß § 3 Abs. 1 LTV jedoch ausschließlich der Pausen berechnet wird.
Die von der Beklagten seit Februar 1985 eingeführte und mit dem Dienstplan vom 24. August 1987 fortgeführte Regelung über die Unterbrechung der Arbeitszeit durch eine unbezahlte Pause von einer halben Stunde ist gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 3 a) und Abs. 6 LTV rechtlich nicht zu beanstanden. Danach ist die Arbeitszeit durch eine Pause von mindestens einer halben Stunde zu unterbrechen. Pausen sind Arbeitsunterbrechungen jeder Art, in denen sich der Arbeiter von seinem Arbeitsplatz entfernen darf. Dieser tarifliche Pausenbegriff steht mit dem Begriff der Ruhepause gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 AZO in Übereinstimmung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Pausenbegriff der AZO (vgl. dazu die Urteile des Sechsten Senats vom 23. Juni 1988, BAGE 59, 73 = AP Nr. 33 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; vom 5. Mai 1988, BAGE 58, 243 = AP Nr. 1 zu § 3 AZO Kr sowie zuletzt Urteil des Ersten Senats vom 21. August 1990 - 1 AZR 567/89 -, zur Veröffentlichung bestimmt) handelt es sich um eine im voraus festliegende Unterbrechung der Arbeitszeit, in der der Arbeitnehmer von jeder Arbeitsverpflichtung und auch von jeder Verpflichtung zur Arbeitsbereitschaft freigestellt ist.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Die Lage der Arbeitsunterbrechungen steht von vornherein fest. Nach dem unstreitigen Vortrag der Beklagten können sich die Arbeiter während der Arbeitsunterbrechungen vom Arbeitsplatz entfernen und sind daher von jeglicher Arbeitsleistung einschließlich Arbeitsbereitschaft freigestellt.
Soweit die Revision gemäß § 286 ZPO rügt, das Landesarbeitsgericht habe den Beweisantritt übergangen, daß sich die in Pause befindlichen Arbeiter auch nach der neuen Regelung in Arbeitsbereitschaft befinden, ist diese Verfahrensrüge jedenfalls unbegründet. Der Kläger hat mit dem Beweisantritt in den Schriftsätzen vom 3. Mai und 25. November 1988 lediglich behauptet, daß die nunmehr praktizierte Pausenregelung versetzt gehandhabt wird und die im Betriebswerk 2 geleistete Arbeit einen ununterbrochenen Fortgang im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 3 AZO erfordert. Mit diesem Sachvortrag hat der Kläger jedoch nicht behauptet, daß sich die in Pause befindlichen Arbeiter in Arbeitsbereitschaft befinden. Eine Beweisaufnahme war daher entbehrlich. Das Vorliegen einer Arbeitsbereitschaft ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, daß immer ein Teil der Arbeiter einsatzbereit sei. Diese Einsatzbereitschaft folgt vielmehr aus der Tatsache, daß jeweils eine Hälfte der Arbeiter die halbstündige Pause erhält.
b) Entgegen der Auffassung der Revision mußte die Beklagte nicht die bis Februar 1985 geltende Regelung über die bezahlten Kurzpausen beibehalten. Nach § 12 Abs. 2 Satz 3 AZO sind den in Wechselschicht beschäftigten Arbeitnehmern bezahlte Kurzpausen von angemessener Dauer dann zu gewähren, wenn die Arbeiten einen ununterbrochenen Fortgang erfordern.
Das Landesarbeitsgericht hat rechtlich zutreffend angenommen, daß im vorliegenden Fall ein ununterbrochener Fortgang der Arbeiten nach Einführung der neuen Pausenregelung nicht erforderlich ist. Einen ununterbrochenen Fortgang erfordern solche Arbeiten, deren Ablauf nahezu die ganze Schicht des Arbeitnehmers oder eine noch längere Zeit in Anspruch nehmen und die entweder aus produktions- bzw. arbeitstechnischen Gründen nicht unterbrochen werden können oder bei denen eine Unterbrechung durch Ruhepausen zu einer erheblichen wirtschaftlich unvernünftigen Störung der Produktion führen würde. Ob die Arbeiten einen ununterbrochenen Fortgang erfordern, ist nach den jeweiligen konkreten technischen und organisatorischen Betriebsverhältnissen zu beurteilen (BAG Urteil vom 16. Mai 1962 - 4 AZR 277/61 - AP Nr. 7 zu § 611 BGB Mehrarbeitsvergütung). Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so kann selbst in einem kontinuierlich arbeitenden Betrieb die allgemeine Pausenregelung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 AZO, § 3 Abs. 2 Nr. 3 a) LTV eingeführt werden, weil es sich bei der Regelung über die Gewährung von bezahlten Kurzpausen gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 AZO um eine Ausnahmevorschrift handelt (BAG Urteil vom 28. September 1972 - 5 AZR 198/72 - AP Nr. 9 zu § 12 AZO).
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Kläger in Wechselschicht tätig, doch hat die Beklagte die Betriebsverhältnisse so geregelt, daß es nicht einer ununterbrochenen Arbeitsleistung aller Schichtarbeiter bedurfte. Zwar sind die von den Arbeitern vorzunehmenden Reparaturarbeiten innerhalb der Standzeit der Züge vorzunehmen. Den Erfordernissen des Arbeitsablaufs genügt es dabei jedoch, daß während der nunmehr tatsächlich gewährten halbstündigen Pause sich jeweils die Hälfte der Schichtarbeiter im Einsatz befindet. Entgegen der Auffassung der Revision spricht daher die zeitliche Versetzung der nunmehr gewährten halbstündigen Pause nicht für das Erfordernis eines ununterbrochenen Fortgangs der Arbeit.
c) Zu Unrecht meint die Revision, die bis Februar 1985 gewährten Arbeitsunterbrechungen stellten eine günstigere Regelung im Sinne des § 4 Abs. 3 TVG dar, weil der Kläger durch die neue Pausenregelung 15 freie Tage pro Jahr verliere. Eine Ruhepause ist arbeitsschutzrechtlich stets günstiger als eine Kurzpause (vgl. BAG Urteil vom 28. September 1972 - 5 AZR 198/72 - AP Nr. 9 zu § 12 AZO). Der Kläger verliert zwar durch die neue Pausenregelung und der damit einhergehenden längeren Anwesenheitszeit im Betrieb täglich eine halbe Stunde an arbeitsfreier Zeit zwischen den jeweiligen Schichten, mithin an "Ruhezeit" im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 AZO. Insoweit ist aber das Verhältnis von Ruhezeit und Ruhepause zu beachten. Je länger die Ruhepausen, um so kürzer sind die Ruhezeiten (vgl. Herschel, Anm. zu BAG Urteil vom 4. Juni 1969 - 3 AZR 180/68 - AP Nr. 1 zu § 16 BMT-G II). Die gesetzliche wie die tarifliche Ausgestaltung des Arbeitszeitschutzes lassen erkennen, daß beide Arten der arbeitsfreien Zeit in einem bestimmten Mindestmaß zwingend vorausgesetzt werden. Solange sich die Ruhepause, wie im vorliegenden Fall, im Rahmen der tariflichen Mindestdauer hält, kommt daher eine gegenseitige Verrechnung von Ruhepause mit Ruhezeit im Rahmen eines Günstigkeitsvergleiches nicht in Betracht.
Die frühere Pausenregelung war auch in vergütungsrechtlicher Hinsicht nicht günstiger. Der Kläger erhielt zwar eine Vergütung für die Kurzpause, mußte jedoch im Gegenzug eine erhöhte Arbeitsleistung in Form von Arbeitsbereitschaft erbringen, während er nach der nunmehr geltenden Pausenregelung von jeglicher Arbeitsleistung befreit ist.
d) Selbst wenn bei Einführung der unbezahlten halbstündigen Pause ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1, § 69 Abs. 1 BPersVG gegeben wäre, würde dessen Verletzung entgegen der Ansicht der Revision vergütungsrechtlich unbeachtlich sein. Der Lohnanspruch wird stets nach der tatsächlich geleisteten Arbeit abgerechnet, wenn die Parteien eine möglicherweise aus mitbestimmungsrechtlichen Gründen unwirksame Arbeitszeitregelung eingehalten haben (BAG Urteil vom 5. Juli 1976 - 5 AZR 264/75 - AP Nr. 10 zu § 12 AZO; BAG Urteil vom 4. Juni 1969 - 3 AZR 180/68 - AP Nr. 1 zu § 16 BMT-G II). Deshalb ist auch eine mitbestimmungswidrig angeordnete, jedoch tatsächlich genommene Pause lohnrechtlich als unbezahlte Pause zu behandeln (BAG Urteil vom 4. Juni 1969 - 3 AZR 180/68 - AP Nr. 1 zu § 16 BMT-G II). Eine Vergütungspflicht für die Pausen entsteht somit nicht.
2. Der Kläger hat entgegen der Auffassung der Revision auch keinen arbeitsvertraglichen Anspruch aus betrieblicher Übung auf Bezahlung der halbstündigen Pause.
a) Das Landesarbeitsgericht hat rechtlich zutreffend angenommen, daß unter einer betrieblichen Übung die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden wird, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aufgrund einer Willenserklärung, die von den Arbeitnehmern stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Vergünstigungen (ständige Rechtsprechung, vgl. BAGE 40, 126, 133 = AP Nr. 1 zu § 3 TV Arb Bundespost; BAGE 49, 299 = AP Nr. 1 zu § 1 BUrlG Treueurlaub; BAGE 49, 290 = AP Nr. 22 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; BAGE 51, 113 = AP Nr. 21 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; BAG Urteil vom 13. November 1986 - 6 AZR 567/83 - AP Nr. 27 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; Senatsurteil vom 12. November 1987 - 6 AZR 173/85 -, nicht veröffentlicht; BAGE 59, 73 = AP Nr. 33 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; Senatsurteil vom 9. Februar 1989 - 6 AZR 11/87 -, nicht veröffentlicht). In Arbeitsverhältnissen des öffentlichen Dienstes gelten diese Grundsätze allerdings nicht uneingeschränkt. Denn die an Weisungen vorgesetzter Dienststellen, Verwaltungsrichtlinien, Verordnungen und tarifliche sowie gesetzliche Regelungen gebundenen öffentlichen Arbeitgeber sind viel stärker als private Arbeitgeber gehalten, insbesondere die Mindestbedingungen des Tarifrechts bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen zu beachten. Im Zweifel gilt Normvollzug (BAG Urteil vom 16. Januar 1985 - 7 AZR 270/82 - AP Nr. 9 zu § 44 BAT; BAGE 49, 31 = AP Nr. 19 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; Senatsurteile vom 13. November 1986 - 6 AZR 567/83 - AP, aaO, und vom 12. November 1987 - 6 AZR 173/85 -, nicht veröffentlicht; BAGE 59, 73, 85 = AP Nr. 33 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; BAGE 59, 177, 187 f. = AP Nr. 1 zu § 5 TV Arb Bundespost; Senatsurteile vom 9. Februar 1989 - 6 AZR 11/87 - und vom 30. März 1989 - 6 AZR 326/86 -, beide nicht veröffentlicht). Unter diesen Umständen kann ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes daher selbst bei langjährigen Leistungen nicht ohne zusätzliche konkrete Anhaltspunkte annehmen, ein gezahltes übertarifliches Entgelt oder die Gewährung sonstiger Vergünstigungen seien Vertragsbestandteil geworden und würden auf Dauer weitergewährt. Eine derartige Willenserklärung des Arbeitgebers liegt insbesondere dann nicht vor, wenn die Leistung aufgrund einer sonstigen Anspruchsgrundlage gewährt wird (vgl. BAGE 49, 151 = AP Nr. 14 zu § 77 BetrVG 1972 und BAGE 52, 340 = AP Nr. 1 zu § 13 TV Ang Bundespost). Dies ist vorliegend der Fall.
b) Die Beklagte hat die bis zum Februar 1985 gewährten Arbeitsunterbrechungen zu Recht gemäß § 15 Abs. 1 und 2 Nr. 1 a) LTV in Verb. mit § 12 Abs. 2 Satz 3 AZO gezahlt, weil die in Wechselschicht tätigen Arbeiter nach der damaligen betrieblichen Organisation ununterbrochen arbeiten mußten. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts waren diese Arbeitsunterbrechungen von Arbeitsbereitschaft begleitet und stellten daher keine Pause im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 1 AZO und § 3 Abs. 6 LTV dar. Bei dieser Sach- und Rechtslage hat die Beklagte bis Februar 1985 auf tarifvertraglicher Anspruchsgrundlage die Kurzpausen vergütet. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung auf Bezahlung der halbstündigen Pause ist damit nicht entstanden.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, §§ 566, 515 Abs. 3 ZPO.
Dr. Jobs Dörner
zugleich für den wegen
Pensionierung an der
Unterschrift verhinderten
Dr. Röhsler
Dr. Gehrunger Schwarck
Fundstellen
Haufe-Index 440658 |
ZTR 1991, 510-511 (ST1-2) |