Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung - Angestellte in der Außensicherung einer Strafvollzugsanstalt
Leitsatz (amtlich)
Der BAT/BL unterscheidet in der Anlage 1 a Teil II Abschn. T Unterabschn. II (Angestellte im allgemeinen Justizvollzugsdienst) lediglich zwischen Tätigkeiten im offenen und im geschlossenen Vollzug, nicht dagegen innerhalb des geschlossenen Vollzuges zwischen Tätigkeiten im Innen- und im Außenbereich.
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23; VergGr. V c, VI b Fallgruppe 1, VII des Teils II Abschn. T Unterabschn. II der Anlage 1 a zum BAT/BL (Angestellte im allgemeinen Justizvollzugsdienst)
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. November 1996 - 3 Sa 45/96 - aufgehoben.
2. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 28. September 1995 - 5 (1) Ca 486/95 - wird zurückgewiesen.
3. Das beklagte Land hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung der in der Außensicherung im Ringmauerdienst und in der Schleuse der Justizvollzugsanstalt R eingesetzten Kläger, insbesondere darüber, ob sich ihre Tätigkeit im Sinne der VergGr. V c der Anlage 1 a zum BAT/BL Teil II Abschn. T Unterabschn. II (Angestellte im allgemeinen Justizvollzugsdienst) dadurch aus der VergGr. VII heraushebt, daß sie besondere Erfahrung und Zuverlässigkeit erfordert.
Der Kläger K. ist seit dem 1. August 1964 als Angestellter auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom gleichen Tage in der Justizvollzugsanstalt R tätig. Seit dem 1. Februar 1968 erhielt er Vergütung nach der VergGr. VII BAT. Mit Änderungsvertrag vom 29. Juni 1977 wurde er mit Wirkung vom 1. Februar 1977 in die VergGr. VI b der Anlage 1 a zum BAT höhergruppiert. Insgesamt 17 Jahre, bis 1984, verrichtete er sogenannten Abteilungsdienst innerhalb der Anstalt, davon ab 1977 in der Abteilung 13, den sogenannten Beruhigungs- und Arrestzellen. Seit 1984 wird er in der Außensicherung auf der Ringmauer und in der Schleuse eingesetzt. Ab 15. August 1986 ist der Kläger K. als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. anerkannt. Der Kläger R. ist auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 1. April 1974 ebenfalls als Angestellter in der Justizvollzugsanstalt R tätig. Er war nach Auffassung des beklagten Landes zunächst in Vergütungsgruppe IX b BAT, ab 1. Oktober 1974 in VergGr. VIII, ab 1. Oktober 1977 in VergGr. VII Fallgruppe 13und ab 14. Januar 1984 in VergGr. VI b Fallgruppe 2 der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert. Der Kläger R. ist ab 23. August 1984 als Schwerbehinderter mit einem Grad der "MdE von 60 v.H." anerkannt.
Die Kläger sind als Posten in der sogenannten Außensicherung im Ringmauerdienst und in der sogenannten Schleuse eingesetzt. Der Ringmauerdienst der Justizvollzugsanstalt R erfolgt schichtweise und wird in dem Zwischenraum zwischen Hafthaus und äußerer Mauer verrichtet. Die Posten gehen Streife. Im Abstand von jeweils 40 Minuten erfolgt ein Postenwechsel im Uhrzeigersinn rund um die Anstalt. Aufgabe der wachhabenden Bediensteten ist es, das Hafthaus zu beobachten, Unregelmäßigkeiten festzustellen und zu verhindern, daß Gefangene ausbrechen oder jemand unbefugterweise von außen in die Anstalt eindringt. Zu diesem Zweck sind die in der Außensicherung tätigen Bediensteten im Gegensatz zu den innerhalb des Hafthauses eingesetzten Beamten und Angestellten bewaffnet. Die Ringmauer ist mit einer computergestützten Wächterschutz- und Kontrollanlage versehen, bei der jeder Posten nach einem bestimmten Schema einmal binnen 15 Minuten ein Signal betätigen muß. Kommt es dabei zu einer Zeitüberschreitung, löst sich automatisch ein sogenannter Voralarm aus, der von dem "Zentralbeamten" bearbeitet werden muß. Dies geschieht in der Weise, daß dieser Beamte über Funk von dem wachhabenden Bediensteten den Grund der Zeitüberschreitung erfragt und ggf. Anweisungen erteilt, welches Signal nunmehr zu betätigen ist. Darüber hinaus werden die Posten unvermutet von den Inspektoren für Sicherheit, vom Inspektor vom Dienst oder auch vom Anstaltsleiter kontrolliert. Die Häufigkeit dieser Kontrollen ist zwischen den Parteien streitig.
Nach § 2 der Arbeitsverträge finden auf die Arbeitsverhältnisse der Kläger der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge Anwendung. Nachdem Teil II der Anlage 1 a zum BAT mit dem Tarifvertrag vom 14. Dezember 1993, gültig ab 1. Januar 1994, durch den Teil II Abschn. T Unterabschn. II (Angestellte im allgemeinen Justizvollzugsdienst) ergänzt worden war, haben die Kläger mit Schreiben vom 12. Januar 1994 gebeten, in die VergGr. V c im Wege des Bewährungsaufstieges höhergruppiert zu werden. Dies wurde von dem beklagten Land mit Schreiben vom 5. Mai 1994 mit der Begründung abgelehnt, die Kläger seien zutreffend in die VergGr. VI b Fallgruppe 3 des Tarifvertrages vom 14. Dezember 1993 eingruppiert, aus der ein Bewährungsaufstieg im Gegensatz zu der VergGr. VI b Fallgruppe 1 nicht vorgesehen sei.
Mit ihren dem beklagten Land am 2. März 1995 bzw. 16. März 1995 zugestellten Klagen verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.
Sie haben die Auffassung vertreten, es genüge für den von ihnen begehrten Bewährungsaufstieg, daß sie jeweils länger als sechs Jahre Vergütung nach der früheren VergGr. VI b erhalten hätten und in diese eingruppiert gewesen seien. Darüber hinaus erfüllten sie auch die Voraussetzungen der nunmehr geltenden VergGr. VI b Fallgruppe 1 BAT, da ihre Tätigkeit in der Außensicherung besondere Erfahrung und Zuverlässigkeit erfordere. Hierfür sei nach der Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien die Beschränkung der fachlichen Aufsicht auf ein Mindestmaß genügend. Gegenüber den Klägern erfolge aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung und Zuverlässigkeit de facto keinerlei Fachaufsicht. Eine regelmäßige Kontrolle durch den Inspektor vom Dienst solle zwar wöchentlich einmal gleichermaßen im Außen- wie im Innendienst durchgeführt werden; gegenüber den Klägern erfolge sie tatsächlich nur alle paar Monate einmal. Im übrigen könne der Ringmauerdienst, da es sich um einen bewaffneten Dienst handele, erst übernommen werden, wenn eine besondere Schießausbildung durchgeführt worden sei, die nur bei langjährigen Angestellten mit Erfahrung und Zuverlässigkeit durchgeführt werde. Schließlich verstoße das beklagte Land, wie die Kläger im einzelnen darlegen, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil es anderen Bediensteten, die ebenfalls in der Außensicherung tätig seien, Vergütung nach VergGr. V c gewähre.
Die Kläger haben beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, ihnen mit Wirkung vom 1. Januar 1994 Vergütung gemäß VergGr. V c BAT zu gewähren.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klagen abzuweisen. Es hat die Auffassung vertreten, die Tätigkeit der Kläger setze nicht die in der VergGr. VI b Fallgruppe 1 der Anlage 1 a zum BAT geforderte besondere Erfahrung und Zuverlässigkeit voraus. Die fachliche Aufsicht gegenüber den Klägern werde durch wöchentliche Kontrollen durch die drei Bereichsleiter und den Anstaltsleiter ausgeübt. Darüber hinaus bedeute Tätigkeit im allgemeinen Justizvollzugsdienst regelmäßig nicht nur ständigen Kontakt mit den Inhaftierten; vielmehr sei der Justizvollzugsbedienstete darüber hinaus in die Behandlung der Inhaftierten im Rahmen der Anstaltsaufgaben eingebunden. Er sei dabei im Sinne des modernen Strafvollzugs tätig, indem er ein Ansprechpartner für die Inhaftierten sei. Er helfe den Inhaftierten bei Problemen und fördere damit aktiv die Resozialisierung. Liege nach der tariflichen Definition besondere Erfahrung und Zuverlässigkeit vor, wenn die fachliche Aufsicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden könne, so sei das in dem Sinne zu verstehen, daß der Bedienstete im Umgang mit den Gefangenen selbständig ad hoc Entscheidungen treffen könne, ohne sich mit dem Bereichsleiter in Verbindung setzen zu müssen. Die Kläger hätten sich demgegenüber auf einen Tätigkeitsbereich zurückgezogen, welcher zwar noch von dem allgemeinen Vollzugsdienst erledigt werde, aber das einfachste sei, was im Rahmen des allgemeinen Vollzugsdienstes geleistet werde. Die Außensicherung im Ringmauerdienst und in der Schleuse erfordere keine ständige Fachaufsicht. Die Aufsicht werde zuverlässig durch die vorhandenen Wächterschutz- und Kontrollanlagen ausgeübt und sei nicht etwa entbehrlich aufgrund besonderer Erfahrung und Zuverlässigkeit der Kläger.
Das Arbeitsgericht hat den Klageanträgen entsprochen. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klagen abgewiesen. Es hat Beweis erhoben über die Behauptung der Kläger, ihnen gegenüber finde im Hinblick auf ihre Erfahrung und Zuverlässigkeit die regelmäßige Kontrolle durch den Inspektor vom Dienst nicht wöchentlich, sondern nur alle paar Monate statt.
Mit der zugelassenen Revision erstreben die Kläger weiterhin die von ihnen begehrte Eingruppierung. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Kläger haben Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V c der Anlage 1 a zum BAT Teil II Abschn. T Unterabschn. II (Angestellte im allgemeinen Justizvollzugsdienst) ab 1. Januar 1994.
I. Die zulässige Klage ist begründet.
1. Auf die Arbeitsverhältnisse der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) sowie die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung, wobei die Parteien übereinstimmend davon ausgehen, die für den Bund/Länder-Bereich geltende Fassung (BAT/BL) sei maßgebend.
2. Der Klageanspruch setzt voraus, daß mindestens die Hälfte der die gesamte Arbeitszeit der Kläger ausfüllenden Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihnen in Anspruch genommenen VergGr. V c der Anlage 1 a zum BAT/BL Teil II Abschn. T Unterabschn. II i.d.F. des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT vom 14. Dezember 1993 entspricht (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT).
3. Für die Eingruppierung der Kläger sind die speziellen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im allgemeinen Justizvollzugsdienst der Anlage 1 a zum BAT/BL maßgebend, da sie als Angestellte im geschlossenen Vollzugsdienst tätig sind.
a) Diese Merkmale hatten bis zum 31. Dezember 1993 i.d.F. vom 24. Juni 1975 in der Anlage 1 a zum BAT Teil I den folgenden Wortlaut:
Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 15
Aufseher mit selbständiger Tätigkeit im Justizvollzugsdienst (Strafvollzugsdienst).*
Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 13
Aufseher mit selbständiger Tätigkeit im Justizvollzugsdienst (Strafvollzugsdienst) nach mindestens dreijähriger Tätigkeit in der VergGr. VIII Fallgruppe 15, wenn sie sich durch besondere Erfahrung und Zuverlässigkeit aus dieser Vergütungsgruppe herausheben (besondere Erfahrung und Zuverlässigkeit liegen vor, wenn die fachliche Aufsicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden kann).*
Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 2
Angestellte, die nach mit dem Hinweiszeichen* gekennzeichneten Tätigkeitsmerkmalen in der VergGr. VII eingruppiert sind, nach neunjähriger Bewährung in einer Tätigkeit der VergGr. VII.
b) Durch das Besoldungsstrukturgesetz 1993 wurde das Eingangsamt des mittleren Vollzugsdienstes von der Besoldungsgruppe A 5 nach A 7 angehoben. Diese Entwicklung im Beamtenbereich wurde für die Angestellten im BAT-Bereich durch § 1 Nr. 3 des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1 a zum BAT vom 14. Dezember 1993 mit Wirkung ab 1. Januar 1994 nachgeholt und die Vergütung der Angestellten im wesentlichen unter Beibehaltung der alten Tarifmerkmale ebenfalls angehoben. Danach haben die hier entscheidungserheblichen Tarifvorschriften ab 1. Januar 1994 folgenden Wortlaut:
II. Angestellte im allgemeinen Justizvollzugsdienst
Vergütungsgruppe V c
Angestellte im geschlossenen Vollzugsdienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VII heraushebt, daß sie besondere Erfahrungen und Zuverlässigkeit erfordert,
nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1.
Vergütungsgruppe VI b
1. Angestellte im geschlossenen Vollzugsdienst nach mindestens dreijähriger Tätigkeit in der Vergütungsgruppe VII, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VII heraushebt, daß sie besondere Erfahrung und Zuverlässigkeit erfordert. (Besondere Erfahrung und Zuverlässigkeit liegen vor, wenn die fachliche Aufsicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden kann.)
2. Angestellte im offenen Vollzugsdienst nach mindestens dreijähriger Tätigkeit in der Vergütungsgruppe VII, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VII heraushebt, daß sie besondere Erfahrung und Zuverlässigkeit erfordert. (Besondere Erfahrung und Zuverlässigkeit liegen vor, wenn die fachliche Aufsicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden kann.)
3. Angestellte im offenen oder geschlossenen Vollzugsdienst mit selbständiger Tätigkeit
nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VII.
Vergütungsgruppe VII
Angestellte im offenen oder geschlossenen Vollzugsdienst mit selbständiger Tätigkeit.
Vergütungsgruppe VIII
Angestellte im offenen oder geschlossenen Vollzugsdienst, soweit nicht anderweitig eingruppiert.
Vergütungsgruppe IX b
Angestellte im offenen oder geschlossenen Vollzugsdienst während einer Einarbeitungszeit von höchstens sechs Monaten.
In § 2 Nr. 2 des Tarifvertrages vom 14. Dezember 1993 findet sich die übliche Übergangsvorschrift für die Angestellten, die am 31. Dezember 1993 in einem Arbeitsverhältnis stehen, das am 1. Januar 1994 zu demselben Arbeitgeber fortbesteht.
4. Die von den Klägern für sich in Anspruch genommene VergGr. V c baut auf der VergGr. VI b Fallgruppe 1 auf, die ihrerseits auf der VergGr. VII aufbaut. Deshalb sind zunächst die Voraussetzungen der Ausgangsfallgruppe zu prüfen und im Anschluß daran die weiteren Merkmale der darauf aufbauenden höheren Vergütungsgruppen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG Urteil vom 4. September 1996 - 4 AZR 177/95 - AP Nr. 30 zu §§ 22, 23 BAT Sozialarbeiter).
a) Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Diesen hat der Senat verstanden als eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (vgl. BAGE 51, 59; 51, 282; 51, 356 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dabei ist es zwar rechtlich möglich, daß die gesamte Tätigkeit des Angestellten nur einen einheitlichen Arbeitsvorgang bildet, wenn der Aufgabenkreis nicht weiter aufteilbar und nur einer einheitlichen rechtlichen Bewertung zugänglich ist (vgl. BAGE 42, 29 = AP Nr. 70 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Tatsächlich trennbare Tätigkeiten mit unterschiedlicher Wertigkeit können jedoch nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefaßt werden (Senatsurteil vom 20. März 1991 - 4 AZR 471/90 - AP Nr. 156 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
b) Weder das Arbeitsgericht noch das Landesarbeitsgericht haben solche Arbeitsvorgänge gebildet. Das ist jedoch unschädlich, da der Senat die Arbeitsvorgänge selbst bilden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt Senatsurteil vom 23. Oktober 1996 - 4 AZR 270/95 - AP Nr. 220 zu §§ 22, 23 BAT 1975 zu III 2.2 der Gründe, m.w.N.). Die dazu erforderlichen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen liegen vor. Danach besteht die gesamte Tätigkeit der Kläger in der Außensicherung der Haftanstalt R im Ringmauerdienst und in der Schleuse. Die dabei zu verrichtenden einzelnen Tätigkeiten dienen einem einheitlichen Arbeitsergebnis, nämlich der Sicherung der Anstalt vor Ausbruchsversuchen der dort untergebrachten Häftlinge, sei es mit, sei es ohne Unterstützung von außen und der Verhinderung des Eindringens Unbefugter. Diese Sicherungsaufgabe üben die Kläger während ihrer gesamten Arbeitszeit aus, unabhängig davon, ob sie nun auf der Ringmauer oder zwischen dieser und der Anstalt, oder in der Schleuse Dienst tun. Die Tätigkeit der Kläger bildet daher einen einzigen großen Arbeitsvorgang.
5. Das Landesarbeitsgericht hat nicht ausgeführt, ob die Voraussetzungen der VergGr. VII BAT/BL (allgemeiner Justizvollzugsdienst) vorliegen. Das ist jedoch unschädlich. Denn der Senat kann dies aufgrund der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen ohne weiteres nachholen. Die Voraussetzungen liegen hier vor.
a) Entgegen der von dem beklagten Land insbesondere in den Vorinstanzen vorgetragenen Rechtsauffassung unterscheiden die tariflichen Tätigkeitsmerkmale innerhalb des geschlossenen Vollzugsdienstes nicht zwischen den Tätigkeiten im sog. Innendienst, d.h. innerhalb der Anstaltsgebäude und Tätigkeiten im sog. Außendienst, d.h. zwischen den Gebäuden und der Ringmauer bzw. an der Schleuse, sondern lediglich zwischen Tätigkeiten von Aufsehern im geschlossenen Vollzugsdienst einerseits und solchen im offenen Vollzug andererseits.
b) Die Parteien sind sich darüber einig, daß die Kläger mit ihrer Tätigkeit in der Außensicherung die Voraussetzungen der Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VII "selbständige Tätigkeit" erfüllen. Da die Tätigkeit der Kläger zwischen den Parteien mithin unstreitig ist und das beklagte Land selbst dieses Tätigkeitsmerkmal als erfüllt betrachtet, reicht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine summarische Überprüfung aus (vgl. z.B. Urteil vom 5. März 1997 - 4 AZR 511/95 - AP Nr. 222 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Danach ist eine selbständige Tätigkeit zu bejahen, da die Kläger nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag beider Parteien ihre Aufgaben weitgehend ohne Einzelanweisungen ausüben (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/ Wiese, BAT, VergO BL Teil II Anm. 139 b). Dies reicht im Rahmen der hier einschlägigen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im allgemeinen Justizvollzugsdienst im Gegensatz zu den gleichlautenden Tätigkeitsmerkmalen in anderen Berufsgruppen aus.
6. Die Kläger erfüllen auch die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VI b Fallgruppe 1, denn ihre Tätigkeit hebt sich dadurch aus der VergGr. VII heraus, daß sie besondere Zuverlässigkeit und Erfahrung erfordert. Nach dem Klammerzusatz in VergGr. VI b Fallgruppe 1 des Änderungstarifvertrages vom 14. Dezember 1993 liegen die hier geforderte "besondere Erfahrung und Zuverlässigkeit" vor, wenn die fachliche Aufsicht - wie hier - auf ein Mindestmaß beschränkt werden kann.
a) Zu Unrecht meint das Landesarbeitsgericht, das Merkmal der besonderen Erfahrung und Zuverlässigkeit liege bei den Klägern deshalb nicht vor, weil es an einem kausalen Zusammenhang zwischen der besonderen Erfahrung und Zuverlässigkeit, die die Kläger besäßen, und dem festgestellten geringen Maß der Fachaufsicht fehle.
b) Dies ist rechtsfehlerhaft. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts beschränkt sich die fachliche Aufsicht über die Tätigkeit der Kläger auf eine einmalige Kontrolle je Halbjahr. Dies stellt zumindest bei einer geschlossenen Justizvollzugsanstalt, in der auch lebenslange Freiheitsstrafe vollstreckt wird, ein Mindestmaß an Aufsicht dar. Die installierte Überwachungsanlage dient, wie bereits deren Bezeichnung "Wächterschutz- und Kontrollanlage" nahelegt, der Sicherung des Wachpersonals, nicht dessen Überwachung. Dabei darf nicht übersehen werden, daß die beiden Kläger bei Ausübung ihrer Tätigkeit im Gegensatz zu den innerhalb des Gebäudes eingesetzten Bediensteten bewaffnet sind. Wenn das beklagte Land auch bei anderen Angestellten einen derart geringen Grad der Aufsicht ausübt, dann folgt daraus nicht, daß die Tätigkeit der Kläger nicht besondere Erfahrung und Zuverlässigkeit erfordert, sondern daß auch die Tätigkeit der anderen Angestellten dieses Tarifmerkmal erfüllt.
c) Dieselben Merkmale wie in VergGr. VI Fallgruppe 1 BAT n.F. hatten die Tarifvertragsparteien im übrigen auch in der früheren Fassung der Anlage 1 a für die VergGr. VII Fallgruppe 13 vereinbart, in die der Kläger K. seit dem 1. Februar 1968, der Kläger R. seit dem 1. Oktober 1977 von dem beklagten Land eingruppiert worden ist.
Zwar stellt die frühere Eingruppierung eines Angestellten nach einem früheren Tarifvertrag für sich genommen noch keine Rechtsgrundlage für die Eingruppierung nach dem gleichen Tarifmerkmal in einer höheren Vergütungsgruppe in einem neueren Tarifvertrag dar. Im Zusammenhang mit dem Zweck des Änderungstarifvertrages, die im Beamtenbereich erfolgte Besoldungsverbesserung für die im Justizvollzugsdienst tätigen Angestellten nachzuvollziehen, erwächst daraus jedoch ein erhebliches Indiz dafür, daß die Tarifvertragsparteien lediglich eine Anhebung der Vergütung für die im übrigen gleichbleibende Tätigkeit erreichen wollten.
7. Die Kläger erfüllen auch die Voraussetzungen der VergGr. V c, da sie sich sechs Jahre in der VergGr. VI b Fallgruppe 1 BAT bewährt haben.
§ 2 Nr. 2 des Änderungstarifvertrages vom 14. Dezember 1993 hat folgenden Wortlaut:
"Hängt die Eingruppierung oder der Anspruch auf eine Vergütungsgruppenzulage (Fußnotenzulage) nach diesem Tarifvertrag von der Zeit einer Bewährung in einer bestimmten Vergütungs- und Fallgruppe ab, wird die vor dem 1. Januar 1994 zurückgelegte Zeit so berücksichtigt, wie sie zu berücksichtigen wäre, wenn dieser Tarifvertrag bereits seit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses gegolten hätte."
Nachdem beide Kläger aber zumindest seit 1. Januar 1988, also sechs Jahre vor dem 1. Januar 1994, eine Tätigkeit ausgeübt haben, die nach dem nunmehr geltenden Tarifvertrag nach VergGr. VI b Fallgruppe 1 BAT zu vergüten gewesen wäre, haben sie Anspruch auf Vergütung aus der VergGr. V c ab 1. Januar 1994 im Wege des Bewährungsaufstieges.
II. Auf die von den Klägern geltend gemachte Anspruchsgrundlage der Gleichbehandlung kommt es daher nicht mehr an.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schliemann Friedrich Schneider Seifner Wolf
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 22.07.1998 durch Bartel, Reg.-Hauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 436426 |
BB 1999, 324 |
RdA 1999, 227 |
ZTR 1999, 76 |
AP, 0 |