Entscheidungsstichwort (Thema)
Stufenfindung bei Höhergruppierung. Wegfall von Zulagen. Zulässigkeit einer Feststellungsklage trotz Bezifferbarkeit. Feststellungsstreit über die maßgebliche Vergütungsstufe einer unstreitigen Vergütungsgruppe. Berechnung des Garantiebetrags bei Höhergruppierung. Ermittlung der Grundvergütung in der Aufrückungsgruppe bei Wegfall und Verminderung von Zulagen
Orientierungssatz
1. Bei der Stufenfindung nach § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 BAT-VKA kommt es auch dann nicht darauf an, ob der Angestellte vor seiner Höhergruppierung Zulagen erhalten hat, wenn der Angestellte trotz der Höhergruppierung auf Grund des Wegfalls oder der Verminderung von Zulagen eine geringere Gesamtvergütung erhält als zuvor.
2. Soweit die Tarifvertragsparteien nicht für bestimmte Sachverhalte Sonderregelungen zur Wahrung des Besitzstandes getroffen haben, gewährleistet § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabs. 1 BAT-VKA nur, daß sich nach der Höhergruppierung die Grundvergütung des Angestellten mindestens um den Unterschiedsbetrag zwischen den Anfangsgrundvergütungen der bisherigen Vergütungsgruppe und der Aufrückungsgruppe (Garantiebetrag) erhöht.
3. Tarifliche Ausnahmeregelungen sind wortlautgerecht eng auszulegen, weil eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung die Regelungsabsicht der Tarifvertragsparteien in ihr Gegenteil verkehren würde.
Normenkette
BAT-VKA § 27 Absch. A Abs. 2 Unterabs. 1; BAT-VKA § 27 Absch. C; ZulTV 1982 VKA § 2 Abs. 2 Buchst. c, d, § 3 Abs. 1; TV Techn. Berufe § 2 Fußnote I S. 1zur Vergütungsgruppe II, S. 3 zur Vergütungsgruppe II
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 15. August 2001 – 3 Sa 23/01 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, nach welcher Lebensaltersstufe die Vergütung des Klägers nach seiner Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe I b zu berechnen ist.
Der am 27. Dezember 1949 geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur. Seit 1. Mai 1988 ist er bei der Beklagten als Angestellter beschäftigt. In § 2 Satz 1 des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien vom 1. März 1988 ist vereinbart, daß sich das Arbeitsverhältnis nach den Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen richtet.
Bis zum 31. Juli 2000 war der Kläger als Sachgebietsleiter im Stadtplanungsamt der Beklagten tätig und eingruppiert in die Vergütungsgruppe II (Fallgruppe 1) des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum BAT (Angestellte in technischen Berufen) vom 15. Juni 1972 (TV Techn. Berufe). Er bezog die Grundvergütung der Stufe 11 dieser Vergütungsgruppe und erhielt außerdem ua. die allgemeine Zulage (§ 2 Abs. 2 Buchst. c des Tarifvertrages über Zulagen an Angestellte vom 17. Mai 1982 (ZulTV 1982 VKA)) in Höhe von monatlich 205,45 DM brutto, die Technikerzulage (§ 3 Abs. 1 ZulTV 1982 VKA) von monatlich 45,00 DM brutto sowie die monatliche Vergütungsgruppenzulage in Höhe eines Betrages von 317,17 DM brutto (6,5 % der Grundvergütung der Stufe 4 der Vergütungsgruppe II nach Fußnote I Satz 1 zur Vergütungsgruppe II TV Techn. Berufe).
Mit Wirkung ab 1. August 2000 übertrug die Beklagte dem Kläger auf seine Bewerbung hin die Leitung der Verkehrsplanungsabteilung beim Stadtplanungsamt. Der Kläger wurde in die Vergütungsgruppe I b der Anlage 1a zum BAT höhergruppiert und von der Beklagten zunächst in die Stufe 9 und mit Wirkung ab 1. Dezember 2000 in die Stufe 10 dieser Vergütungsgruppe eingestuft.
In der Vergütungsgruppe I b werden die Technikerzulage und die Vergütungsgruppenzulage nicht mehr gewährt. Die vom Kläger weiterhin bezogene allgemeine Zulage betrug in der Vergütungsgruppe I b monatlich nur noch 78,57 DM brutto (§ 2 Abs. 2 Buchst. d ZulTV 1982 VKA).
Trotz Höhergruppierung von Vergütungsgruppe II nach Vergütungsgruppe I b war im August 2000 die Gesamtbruttovergütung des Klägers durch den Wegfall der Techniker- und der Vergütungsgruppenzulage sowie wegen der geringeren allgemeinen Zulage um 71,42 DM niedriger als im Juli 2000.
Im August 2000 betrugen die monatlichen Grundvergütungen der Lebensaltersstufen 1 und 11 der Vergütungsgruppe II 4.025,15 DM und 6.472,93 DM, die monatlichen Grundvergütungen der Stufen 1, 9, 10 und 11 der Vergütungsgruppe I b 4.427,94 DM, 6.901,01 DM, 7171,45 DM sowie 7284,08 DM.
Bei der Höhergruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe I b hat die Beklagte die Lebensaltersstufe 9 ermittelt, indem sie zunächst zwischen den Anfangsgrundvergütungen der Vergütungsgruppen I b und II einen Unterschiedsbetrag von 402,79 DM errechnet und diesen Betrag und die bisherige Grundvergütung des Klägers in Höhe von 6.472,93 DM zusammengezählt hat. Die sich ergebende Summe in Höhe eines Betrages von 6.875,72 DM hat sie dann mit den Grundvergütungen der einzelnen Stufen der Vergütungsgruppe I b verglichen und festgestellt, daß diesem Betrag mindestens der Betrag der Grundvergütung der Stufe 9 mit 6.901,01 DM entspricht.
Der Kläger hat gemeint, die Tarifparteien hätten übersehen, daß der Angestellte trotz Höhergruppierung durch den Wegfall oder die Verminderung von Zulagen auf eine niedrigere Gesamtvergütung absinken kann. Mit der Vergütungsgruppenzulage solle verhindert werden, daß technische Angestellte in die Industrie abwandern. Die Regelung sei der des § 27 Abschnitt C BAT-VKA rechtsähnlich. Nach dieser könnten zur Deckung des erforderlichen Personalbedarfs Lebensaltersstufen vorweg gewährt werden. Zur Vermeidung finanzieller Nachteile für den Angestellten sei dort normiert, daß bei einer Höhergruppierung im Rahmen der Festsetzung der neuen Grundvergütung die Vorweggewährung der Lebensaltersstufe zwar unberücksichtigt bleibe, jedoch dann, wenn die Grundvergütung nach der Höhergruppierung den bisherigen Betrag unterschreite, als Vorweggewährung die Grundvergütung der Lebensaltersstufe zu gewähren sei, die mindestens den bisherigen Betrag erreiche, soweit nicht unter den Voraussetzungen von § 27 Abschnitt C Satz 1 BAT-VKA erneut über eine Vorweggewährung zu entscheiden sei (§ 27 Abschnitt C Satz 4 BAT-VKA). Dadurch hätten die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, daß bei Höhergruppierungen keine finanziellen Nachteile entstehen dürften. Vor diesem Hintergrund sei eine unbewußte Tariflücke anzunehmen, wenn bei der Höhergruppierung wegen Wegfalls einer Vergütungsgruppenzulage die Gesamtvergütung in der nach § 27 Abschnitt A Abs. 2 BAT-VKA bestimmten Höhe niedriger sei als die bisherige Gesamtvergütung. Diese Lücke sei dahingehend zu schließen, daß bei der Stufenfindung die vor der Höhergruppierung bezogene Vergütungsgruppenzulage zur bisherigen Grundvergütung hinzuzurechnen sei. Die Beklagte habe ihn deshalb ab 1. August 2000 nicht nach der Lebensaltersstufe 9 sondern bereits nach der Lebensaltersstufe 10 der Vergütungsgruppe I b vergüten müssen. Ab 1. Dezember 2000 habe er Anspruch auf die Grundvergütung der Stufe 11 der Vergütungsgruppe I b.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger restliche Vergütung für den Zeitraum 01. August 2000 bis einschließlich 31. Januar 2001 in Höhe von 1.307,02 DM brutto nebst Zinsen p.a. in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 1 DÜG hieraus seit 01. Februar 2001 zu zahlen;
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Grundvergütung gemäß Vergütungsgruppe I b BAT-VKA, Lebensaltersstufe 11, ab 01. Februar 2001 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die von ihr bei der Höhergruppierung des Klägers errechnete Grundvergütung der Lebensaltersstufe 9 habe den tariflichen Bestimmungen entsprochen. Es liege keine unbewußte Regelungslücke vor. Den Tarifvertragsparteien sei das Problem einer möglichen Verminderung der Vergütung des Angestellten bei Höhergruppierungen bewußt gewesen. Aus dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabs. 1 BAT-VKA ergebe sich, daß bei der Stufenermittlung ausschließlich von der bisherigen Grundvergütung und nicht von der bisherigen Grundvergütung zuzüglich Vergütungsgruppenzulage auszugehen sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage abgewiesen.
I. Die Klage ist zulässig.
Dem Feststellungsantrag steht nicht entgegen, daß der Kläger den Anspruch hätte beziffern können. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, daß auch Zahlungsansprüche gegen einen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes mit einer Feststellungsklage verfolgt werden können, weil davon ausgegangen werden kann, daß einem entsprechenden Feststellungsurteil Folge geleistet wird, so daß sich eine Zwangsvollstreckung erübrigt. Der Feststellungsantrag führt zu einem wirtschaftlich sinnvollen Ergebnis, weil sich die Höhe der Vergütung des Klägers in Zukunft ändern kann (vgl. BAG 15. Juni 1994 – 4 AZR 821/93 – AP BAT § 27 Nr. 4; 8. September 1994 – 6 AZR 272/94 – AP BAT § 27 Nr. 6).
II. Die Klage ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zahlung weiterer Vergütung für die Zeit vom 1. August 2000 bis zum 31. Januar 2001 in Höhe von 668,27 Euro brutto (1.307,02 DM brutto) und die Berechnung seiner Vergütung ab 1. Februar 2001 nach der Lebensaltersstufe 11 der Vergütungsgruppe I b BAT-VKA. Für das Begehren des Klägers, bereits mit dem Wirksamwerden der Höhergruppierung nach Stufe 10 der Vergütungsgruppe I b BAT-VKA vergütet zu werden, gibt es keine Anspruchsgrundlage.
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe bei der Höhergruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe I b als maßgebliche Lebensaltersstufe die Stufe 9 nach § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabs. 1 BAT-VKA zutreffend ermittelt. Bei der Ermittlung der neuen Stufe komme es nach dem Wortlaut der Tarifvorschrift auf die bisher vom Kläger bezogenen Zulagen nicht an. Die Tarifparteien unterschieden „streng” zwischen der Vergütung des Angestellten (§ 22 Abs. 1 Satz 2, § 26 BAT) und Zulagen (§ 33 BAT). Die zahlreichen Zulagen verfolgten eigenständige Regelungszwecke und hätten für die Höhe der Grundvergütung grundsätzlich keine Bedeutung. Die Tarifvertragsparteien seien deshalb gezwungen, einen solchen Einfluß im Einzelfall normativ zu bestimmen, wie dies bei der Bemessung des Sterbegeldes (§ 41 BAT) und des Übergangsgeldes (§ 63 BAT) geschehen sei (Fußnote I Satz 3 zur Vergütungsgruppe II TV Techn. Berufe). Der vom Kläger vorgenommene rechnerische Vergleich monatlicher Gesamtbezüge sei nicht statthaft. Eine unbewußte Regelungslücke liege nicht vor. Den Tarifvertragsparteien sei der Sachbereich „Grundvergütungen/Zulagen” auch im Zusammenhang mit Höhergruppierungen geläufig gewesen.
2. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Auslegung des § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabs. 1 BAT-VKA durch das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei.
a) Bei der Annahme des Landesarbeitsgerichts, eine tarifliche Regelungslücke bestehe nicht, handelt es sich nicht um eine den Senat bindende Tatsachenfeststellung (§ 559 ZPO). Das Landesarbeitsgericht hat nicht ausdrücklich festgestellt, daß die Tarifvertragsparteien gesehen haben und ihnen bewußt gewesen ist (vgl. BAG 5. Mai 1999 – 4 AZR 313/98 – BAGE 91, 292), daß sich die Gesamtvergütung des Angestellten trotz Höhergruppierung bei Wegfall oder Verminderung von Zulagen verringern kann. Die vom Landesarbeitsgericht aus § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabs. 3 BAT-VKA abgeleitete Annahme, den Tarifvertragsparteien sei der Sachbereich „Grundvergütung/Zulagen” auch im Zusammenhang mit Höhergruppierungen geläufig gewesen, stellt keine tatbestandliche Feststellung dar. Es handelt sich um eine rechtliche Würdigung bei der Auslegung einer tariflichen Norm. Ihr ist jedoch zu folgen.
b) Nach dem Wortlaut des § 27 Abschnitt A Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 1 BAT-VKA, auf den es für die Tarifauslegung zunächst ankommt (st. Rspr. des Bundesarbeitsgerichts, vgl. BAG 30. Januar 1997 – 6 AZR 784/95 – AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 22 = EzA TVG § 4 Personalabbau Nr. 8), erhält der Angestellte vom Beginn des Monats an, in dem die Höhergruppierung wirksam wird, in der Aufrückungsgruppe die Grundvergütung der Stufe, deren Satz mindestens um den Garantiebetrag höher ist als seine bisherige Grundvergütung, höchstens jedoch die Endgrundvergütung (letzte Stufe) der Aufrückungsgruppe. Garantiebetrag im Sinne des Satzes 1 ist der Unterschiedsbetrag zwischen den Anfangsgrundvergütungen (ersten Stufen) der bisherigen Vergütungsgruppe und der Aufrückungsgruppe (§ 27 Abschnitt A Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 BAT-VKA).
Die Tarifvertragsparteien haben nach dem eindeutigen Wortlaut der Tarifnorm nicht vereinbart, daß der Angestellte die in der verlassenen Vergütungsgruppe maßgebende Lebensaltersstufe auch in der höheren Vergütungsgruppe behält, wie dies für den Bereich Bund/Länder (BL) grundsätzlich der Fall ist (§ 27 Abschnitt A Abs. 3 Satz 1 BAT-BL). Ein Wille der Tarifvertragsparteien zur Berücksichtigung sonstiger Vergütungsbestandteile bei der Stufenfindung, insbesondere von Zulagen, die an die bisherige Vergütungsgruppe gekoppelt waren, hat in der Tarifnorm keinen Niederschlag gefunden. Nur für die Bemessung des Sterbegeldes (§ 41 BAT) und des Übergangsgeldes (§ 63 BAT) sieht eine Sonderregelung vor, daß die Vergütungsgruppenzulage als Bestandteil der Grundvergütung gilt (Fußnote I Satz 3 zur Vergütungsgruppe II TV Techn. Berufe). Dies belegt, daß die Tarifvertragsparteien zwischen dem technischen Fachausdruck „Vergütungsgruppenzulage” und dem der „Grundvergütung” streng unterscheiden (vgl. BAG 15. Juni 1994 – 4 AZR 821/93 – AP BAT § 27 Nr. 4).
c) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabs. 1 BAT-VKA dem höhergruppierten Angestellten keine gleich hohe oder höhere Gesamtvergütung garantiert sondern nur gewährleistet, daß sich seine Grundvergütung mindestens um den Garantiebetrag erhöht. Entgegen der Auffassung der Revision ist es nach der Vergütungsordnung zum Bundes-Angestelltentarifvertrag nicht systemwidrig, wenn sich der Angestellte trotz der Höhergruppierung auf Grund des Wegfalls oder der Verminderung von Zulagen vorübergehend finanziell schlechter stellt.
aa) Der Anspruch auf eine Zulage setzt voraus, daß der Angestellte die Anspruchsvoraussetzungen für diese Leistung erfüllt. Es reicht nicht aus, daß die Voraussetzungen für die Zahlung der Zulage einmal vorgelegen haben. Der tarifliche Anspruch eines Angestellten auf die Vergütungsgruppenzulage einer bestimmten Vergütungsgruppe setzt zwingend voraus, daß der Angestellte nach genau dieser Vergütungsgruppe zu vergüten ist (BAG 24. Juni 1998 – 4 AZR 369/97 – BAGE 89, 187). Dies ergibt sich für die Vergütungsgruppenzulage schon aus ihrer Bezeichnung. Dasselbe gilt aber auch für andere Zulagen, wenn sie an bestimmte Vergütungsgruppen gekoppelt sind. Dies ist bei der Technikerzulage der Fall. Diese Zulage erhalten nur Angestellte der Vergütungsgruppen V b bis II mit technischer Ausbildung nach Nr. 2 der Bemerkung zu allen Vergütungsgruppen und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Angestellte, die auf Grund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben (§ 3 Abs. 1 TV Techn. Berufe). Angestellte der Vergütungsgruppe I b haben keinen Anspruch auf die Technikerzulage. Auch die Höhe der allgemeinen Zulage ist davon abhängig, nach welcher Vergütungsgruppe der Angestellte zu vergüten ist (§ 2 Abs. 2 ZulTV 1982 VKA). Angestellte der Vergütungsgruppe I b erhalten im Vergleich zu Angestellten der Vergütungsgruppe II eine niedrigere allgemeine Zulage (§ 2 Abs. 2 Buchst. c und d ZulTV 1982 VKA).
bb) Diese Grundsätze würden umgangen, wenn bei der Ermittlung der Vergütungsstufe in der Aufrückungsgruppe eine Vergütungsgruppenzulage, die der Angestellte bezieht, seiner bisherigen Grundvergütung hinzugerechnet würde. Im Ergebnis behielte der höhergruppierte Angestellte die Zulage, ohne daß die Anspruchsvoraussetzungen für ihre Zahlung weiter vorliegen. Ist der Steigerungsbetrag zwischen zwei Stufen der Aufrückungsgruppe höher als die bisher gezahlte Zulage, könnte der nicht mehr zulagenberechtigte Angestellte mittelbar sogar eine höhere „Zulage” erhalten.
d) Entgegen der Auffassung der Revision zwingt die Regelung über die Vorweggewährung von Lebensaltersstufen in § 27 Abschnitt C BAT-VKA nicht dazu, bei der Stufenfindung nach § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabs. 1 BAT-VKA die Vergütungsgruppenzulage der Grundvergütung hinzuzurechnen .
aa) Die vom Kläger behauptete Rechtsähnlichkeit liegt nicht vor. Die Voraussetzungen der Vorweggewährung von Lebensaltersstufen einerseits und des Anspruchs auf eine Vergütungsgruppenzulage andererseits sind unterschiedlich ausgestaltet. Während der technische Angestellte in der Vergütungsgruppe II nach zehnjähriger Bewährung in der Fallgruppe einen Rechtsanspruch auf Vergütungsgruppenzulage in der tariflich festgelegten Höhe hat (Fußnote I Satz 1 zur Vergütungsgruppe II TV Techn. Berufe), wird der Angestellte nach § 27 Abschnitt C BAT-VKA nur von einer tariflichen Bestimmungsnorm begünstigt (BAG 26. Mai 1994 – 6 AZR 955/93 – AP BAT § 27 Nr. 5). Die Höhe der Grundvergütung wird bei der Vorweggewährung von Lebensaltersstufen in dem tariflich vorgegebenen Rahmen durch den Arbeitgeber nach billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB) festgelegt. Anders als bei der Vergütungsgruppenzulage ist eine zehnjährige Bewährung in der Fallgruppe nicht erforderlich. Zur Deckung des Personalbedarfs können Lebensaltersstufen somit auch Angestellten ohne Bewährung vorweg gewährt werden. Die Vergütungsgruppenzulage hingegen darf ohne die erforderliche Bewährung nicht gewährt werden, auch nicht zur Deckung des Personalbedarfs.
bb) Es kommt hinzu, daß bei der Höhergruppierung eines Angestellten, dem Lebensaltersstufen vorweg gewährt worden sind, für die Festsetzung der Grundvergütung die Vorweggewährung von Lebensaltersstufen grundsätzlich unberücksichtigt zu lassen ist (§ 27 Abschnitt C Satz 3 BAT-VKA). Lediglich dann, wenn die Grundvergütung nach der Höhergruppierung den bisherigen Betrag unterschreitet, was nach der Höhergruppierung des Klägers nicht der Fall war, ist als Vorweggewährung die Grundvergütung der Lebensaltersstufe zu gewähren, die mindestens den bisherigen Betrag erreicht, soweit nicht unter den Voraussetzungen des Satzes 1 erneut über eine Vorweggewährung entschieden wird (§ 27 Abschnitt C Satz 4 BAT-VKA). Auf diese Ausnahmeregelung kann nicht verwiesen werden bei der Kritik daran, daß nach der Höhergruppierung der bisherige Gesamtbetrag der Vergütung wegen des Wegfalls oder der Verminderung von Zulagen nicht erreicht wird. Es würde das Regel-Ausnahmeverhältnis, das die Tarifvertragsparteien offenbar vor Augen hatten, verschieben, die besitzstandswahrende Regelung des § 27 Abschnitt C Satz 4 BAT-VKA auf einen anderen Sachverhalt anzuwenden als denjenigen, für den sie vereinbart wurde. Durch eine erweiternde Auslegung einer Ausnahmeregelung oder deren analoge Anwendung würde die Regelungsabsicht in ihr Gegenteil verkehrt (BAG 25. Oktober 1995 – 4 AZR 478/94 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 57 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 116). Hätten die Tarifvertragsparteien in Bezug auf Zulagen, die bei einer Höhergruppierung wegfallen oder sich vermindern, die Wahrung des Besitzstandes gewollt, hätte § 27 Abschnitt A Abs. 1 Unterabs. 2 BAT-VKA anders gestaltet werden müssen. Die Tarifvertragsparteien haben keine allgemeine, umfassende Regelung zur Besitzstandswahrung getroffen und diese lediglich für bestimmte Sachverhalte durch spezielle Vorschriften gewährleistet (§ 27 Abschnitt C Satz 4 BAT-VKA, § 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabs. 3 BAT-VKA). Dies spricht entgegen der Auffassung der Revision nicht dafür, daß die Tarifvertragsparteien übersehen haben, daß sich trotz Höhergruppierung die Gesamtvergütung des Angestellten auf Grund des Wegfalls oder der Verminderung von Zulagen vermindern kann. Vielmehr belegen die Ausnahmevorschriften für diese Sachverhalte, daß die Tarifvertragsparteien diesen Unterschied gesehen und in den von den Sonderregelungen nicht erfaßten Fällen eine niedrigere Gesamtvergütung des Angestellten bewußt und gewollt in Kauf genommen haben. Eine unbewußte Tariflücke scheidet somit aus.
e) Der Senat hat nicht zu beurteilen, ob die Nichtberücksichtigung einer bisher gezahlten Vergütungsgruppenzulage bei der Bestimmung der Stufe in der Aufrückungsgruppe (§ 27 Abschnitt A Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 BAT-VKA) zweckmäßig ist. Die Tarifvertragsparteien haben eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Sache der Gerichte für Arbeitssachen ist es nicht, zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien jeweils die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen haben. Sie haben lediglich zu kontrollieren, ob die bestehende Regelung die Grenzen des Gestaltungsspielraums der Tarifvertragsparteien und damit die Grenzen der Tarifautonomie überschreitet (BAG 5. Mai 1990 – 4 AZR 313/98 – BAGE 91, 292). Ein solcher Verstoß liegt nicht vor. Der Kläger hat ihn auch nicht behauptet.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Gräfl, Brühler, Dr. Pühler, P. Stahlheber
Fundstellen
Haufe-Index 744877 |
NZA 2002, 872 |
ZTR 2002, 435 |
PersR 2002, 449 |
NJOZ 2002, 1951 |