Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufenthaltsermittlung vor öffentlicher Zustellung
Leitsatz (NV)
Das FA hat in der Regel seiner Pflicht zur Prüfung, ob der Aufenthalt des Betroffenen allgemein ,,unbekannt" ist, genügt, wenn es vor Verfügung der öffentlichen Zustellung versucht hat, seine Anschrift durch die Polizei oder das Einwohnermeldeamt zu ermitteln (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteil vom 26. Juni 1986 IV R 202/84, BFH/NV 1987, 98).
Normenkette
FGO § 142 Abs. 1; VwZG § 15 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
. . .Das FG ist mit Recht davon ausgegangen, daß sich der Beklagte (das Finanzamt - FA -), bevor er die öffentliche Zustellung verfügte, durch nach der Sachlage gebotene Ermittlungen Gewißheit darüber verschaffen mußte, daß der Aufenthaltsort des Antragstellers nicht nur der Finanzbehörde, sondern allgemein ,,unbekannt" (§ 15 Abs. 1 Buchst. a des Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG -) war. Seiner entsprechenden Prüfungspflicht genügte das FA allerdings, wenn es versucht hat, die Anschrift des Antragstellers durch die Polizei oder das Einwohnermeldeamt zu ermitteln. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung in der Regel ausreichend (vgl. die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15. Januar 1991 VII R 86/89, BFH/NV 1992, 81, 84; vom 17. Mai 1990 X S 2/90, BFH/NV 1991, 13; vom 26. Juni 1986 IV R 202/84, BFH/NV 1987, 98, und vom 17. Oktober 1985 IV B 67/85, BFH/ NV 1986, 576, m.w.N.).
Im Beschwerdefall ist eine Sachverhaltsgestaltung nicht erkennbar, die es nahegelegt hätte, anderweitige Nachforschungen anzustellen (vgl. hierzu Senatsurteil in BFH/ NV 1992, 81). Ausweislich der Akten des FA ist dem Antragsteller an die Adresse A-Straße in B ein Bescheid über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zugegangen; denn er hat diesbezüglich Einspruch eingelegt. Ferner hat der Antragsteller auf die ihm unter derselben Adresse zugegangene Begründungsaufforderung um Verlängerung für eine Begründung nachgesucht und Aussetzung der Vollziehung des Bescheids beantragt. Auch das die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung enthaltende und zugleich die Fristverlängerung gewährende Schreiben . . . an den Antragsteller unter der Adresse A-Straße in B ist nicht zurückgekommen.
Am . . . gab das FA den (hier streitigen) Haftungsbescheid, zunächst datiert auf den . . ., unter derselben Adresse zur Post. Der Postzustellungsauftrag kam jedoch am . . . zurück. Auf Anfrage vom . . . teilte das Einwohnermeldeamt unter dem . . . mit, die neue Adresse des Antragstellers laute X-Straße in Y; er sei am . . . abgemeldet worden. Daraufhin gab das FA den Haftungsbescheid unter dem (geänderten) Datum . . . Juli 1987 an diesem Tag mit der angegebenen Adresse in Y (erneut) zur Post. Dieser Postzustellungsauftrag kam am . . . mit dem postalischen Vermerk vom . . . zurück: ,,Empfänger unbekannt verzogen". Unter dem . . . richtete das FA ein Ermittlungsersuchen an das Einwohnermeldeamt der Gemeinde Y, das unter dem . . . mit der Auskunft aus dem Melderegister beantwortet wurde: (Der Antragsteller) ,,war gemeldet" für die angegebene Adresse, ,,letzter bek. Verzug: nach unbekannt". Daraufhin bat das FA am . . . das Postamt Y um Anschriftenprüfung, die unter dem . . . Juli zum Ergebnis hatte: ,,Empfänger unbekannt verzogen". Erst im Anschluß an diese (erfolglosen) Ermittlungen des Aufenthaltsorts des Antragstellers verfügte das FA die öffentliche Zustellung des Haftungsbescheids gemäß § 15 VwZG.
Angesichts dieses Geschehensablaufs hat das FG zu Recht entschieden, daß der Antragsteller im Juli 1987 nicht nur für das FA, sondern allgemein unbekannt verzogen war und damit die Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung vorlagen. Die vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren vorgelegte Meldebescheinigung steht dem nicht entgegen. Sie läßt lediglich erkennen, daß der Antragsteller seit dem 1. Juli 1986 in Y angemeldet war. Zu der entscheidenden Frage, ob der Antragsteller im Juli und August 1987 unbekannt verzogen war, gibt sie keinen Hinweis.
Fundstellen
Haufe-Index 418655 |
BFH/NV 1993, 701 |